StartMobilitätShoot & Scoot 2.0 – NEMO zum Feuern in der Bewegung qualifiziert

Shoot & Scoot 2.0 – NEMO zum Feuern in der Bewegung qualifiziert

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Der finnische Rüstungskonzern Patria hat sein landgestütztes Mörser-Systems NEMO für die Fähigkeit „Fire-on-the-move“, auf Deutsch Feuern in der Bewegung, qualifiziert. Wie das das Unternehmen heute mitteilte, steht die Fähigkeit sowohl beim Schießen im direkten als auch beim indirekten Richten zur Verfügung.

Diese für Mörsersysteme einzigartige Fähigkeit erlaubt es der Truppe, während des Feuerkampfes ständig in der Bewegung zu bleiben und sich somit dem feindlichen Gegenfeuer wirkungsvoll zu entziehen. Das Unternehmen gibt an, die Fähigkeit bereits vor Jahren für die maritime Version des NEMO – die Abkürzung steht für New Mortar – entwickelt und nun aufgrund von Kundenanforderungen auf die Landversion des Mörsersystems übertragen zu haben.

Die Fähigkeit des NEMO, den Mörserfeuerkampf auch aus der Bewegung führen zu können, hat das Potenzial die Feuerunterstützung der Streitkräfte zu revolutionieren und die Shoot-and-Scoot-Befähigung (Schießen und schnell wieder Ausweichen) auf ein neues Niveau zu heben.

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Welche Kunden genau diese Forderungen aufgestellt haben, wurde nicht mitgeteilt. Es ist jedoch bekannt, dass die U.S. Army den NEMO seit Mitte 2020 als potenziellen Nachfolger für ihr derzeitiges Mörsersystem evaluiert. Die U.S. Army prüft derzeit, ob sie Mörserträger wie ihr gepanzertes Mehrzweckfahrzeug (Armored Multi-Purpose Vehicle, AMPV) mit dem 120 mm NEMO-Turm von Patria ausrüsten kann. Im Rahmen der Evaluierung soll überdies geprüft werden, ob es mit ausgewählten Armeefahrzeugen und Feuerleitsystemen kompatibel ist und ob derzeit im Einsatz befindliche Mörsergeschosse verwendet werden könnten.

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Shoot & Scoot 2.0

Steilfeuersysteme wie Mörser und Artillerie gelten insbesondere in der Phase des Feuerkampfes als besonders verwundbar. Feindliche Schallmess- und Radarsysteme sind in der Lage, die Abschussstellungen zu orten und das Feuer innerhalb von kürzester Zeit zu erwidern. Derzeit geht man davon aus, dass das eigene Feuer, spätestens drei Minuten nach dem ersten Schuss erwidert werden kann. Mittels des Shoot-and-Scoot-Einsatzprinzips soll dieser Bedrohung entgegengewirkt werden. Mobilität trägt somit maßgeblich zur Überlebensfähigkeit der Mörser- und Artillerietruppe bei. Die derzeitigen Einsatzgrundsätze mobiler Artillerie- und Mörsersysteme sehen dagegen noch den Feuerkampf aus Feuerstellungsräumen vor. Die Systeme befinden sich in gedeckter Aufstellung und beziehen nur für den kurzen Zeitraum des Feuerkampfes eine Feuerstellung. Unmittelbar nach dem Verschuss der letzten Patrone/Granate wird eine Ausweichfeuerstellung oder die gedeckte Aufstellung in sicherer Entfernung bezogen.

Mit einem NEMO-Turm ausgestatte Systeme sind aufgrund der neuartigen Fähigkeit nicht mehr an diese Restriktionen gebunden. Die Fähigkeit des Schießens in der Bewegung ermöglicht es den Mörsern, der Kampftruppe jederzeit Steilfeuerunterstützung, unabhängig vom Ort und vom gegenwärtigen Auftrag des Mörsers, bereitzustellen, ohne sich selbst zu gefährden. Außerdem kann die Feuerunterstützung auch schneller bereitgestellt werden. Denn der Mörser muss nicht erst in Stellung fahren, sondern kann unmittelbar nach Eingang des Feuerkommandos den Feuerkampf aufnehmen. Die  Unterstützung der Kampftruppe wird auch dadurch verbessert, dass die Feuerunterstützung häufiger erfolgen kann. Die Verfügbarkeit feindlicher Artillerie, die in der Lage ist, die eigenen Steilfeuersysteme im Gegenschlag zu bekämpfen, wird dadurch unbedeutend. Alleine die zur Verfügung stehende Munitionsmenge entscheidet, ob und wie viel Feuerunterstützung gewährt werden kann.

Patria NEMO

NEMO wurde erstmals 2006 präsentiert. Anfang 2010 wurde das Mörsersystem von der Nationalgarde Saudi-Arabiens (SANG) bestellt, die 36 Systeme auf dem 8×8 LAV-Fahrzeug von GDLS montieren ließ. Parallel wurde auch an einer maritimen Version für Boote gearbeitet. Diese wurde unter anderem im Marine-Boot Watercat M12 von Alutech Oy integriert und von der Marine der Vereinigten Arabischen Emirate bestellt –  dort allerdings auf einem 25-Meter-Ghannatha-Boot. Mittlerweile wurde auch eine Container-Lösung des NEMO entwickelt.

Der NEMO-Turm kann nach Angaben von Patria auf unterschiedliche Landfahrzeuge montiert werden. Der Turm, der sowohl direkt als auch indirekt feuern kann, hat ein Gesamtgewicht von 1,9 Tonnen. Ein einziger NEMO-Mörser ist laut Patria in der Lage, bis zu sechs Patronen gleichzeitig in Ziel zu bringen. Das Verfahren wird als Multiple Round Simultaneous Impact (MRSI) bezeichnet. Diese Fähigkeit bleibt dem Hersteller zufolge auch beim Feuern in der Bewegung erhalten. Der NEMO-Turm verfügt über einen Schwenkbereich von 360 Grad und eine Waffenneigung von -3 bis 85 Grad. Je nach Größe können Fahrzeuge, die mit NEMO-Turm ausgerüstet sind, 50 bis 60 Patronen 120-mm-Mörsermunition mitführen.

Waldemar Geiger