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25 Jahre Kommando Spezialkräfte

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First in – last out: Als die Bundeswehr Ende August wie viele andere Streitkräfte auch westliche Staatsbürger und afghanische Ortskräfte vom Flughafen Kabul aus evakuierte, waren Soldaten des Kommandos Spezialkräfte mit an vorderster Front. Für die Soldaten des Verbandes der Bundeswehr, der in den Monaten zuvor eine seiner schwersten Krisen durchlaufen hatte, schloss sich damit ein Kreis. Denn die Soldaten aus Calw gehörten zu den ersten deutschen Kräften, die an der Seite der USA an dem 20 Jahre zuvor begonnenen Global War on Terror teilnahmen, namentlich an der Operation Enduring Freedom (OEF).

Am 20. September 2021 jährt sich die Aufstellung des KSK zum 25sten Male. Die überwiegende Zeit davon – 20 Jahre – bildete sicherlich der Afghanistan-Einsatz ein prägendes Element. Allerdings beschränkten sich die Einsätze des Verbandes keineswegs nur auf den Hindukusch. Ein weiteres prägendes Element war darüber hinaus, dass das Kommando von Anfang an im Blickpunkt vieler Kritiker stand. So galt der Verband vor allem bei jenen, die die Bundeswehr generell und erst recht die beginnende Phase der Auslandseinsätze ablehnten, geradezu als Symbol für eine neue „Interventionsarmee“.

Die Geschichte des KSK begann offiziell am 20. September 1996. Spezialkräfte im engeren Sinne gab es seinerzeit in der Bundeswehr lediglich in Gestalt der Kampfschwimmerkompanie der Deutschen Marine, der drei Fernspähkompanien sowie der erst zu Beginn der 1990er Jahre in der Fallschirmjägertruppe gebildeten drei Kommandokompanien B1. Als während der Ruanda-Krise 1994 Mitarbeiter der Deutschen Welle nicht mit eigenen Mitteln durch die Bundeswehr evakuiert werden konnten, fiel die Entscheidung, entsprechende Kapazitäten zu schaffen. Am Standort der ehemaligen Luftlandebrigade 25 in Calw sollte der neue Verband aufwachsen. Am 20. September 1996 wurde er in Dienst gestellt.

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Es sei an dieser Stelle anzumerken, dass die „Retten-und Befreien“-Einsätze natürlich als zentrale Aufgabe des neuen Verbandes herausgestellt wurden. Wahrscheinlich auch, weil die damalige politische Führung hoffte, der aus ihrer Sicht eher skeptischen Öffentlichkeit die Notwendigkeit eines solchen militärischen Spezialkräfteverbandes besser vermitteln zu können. Von Anfang angehörten jedoch auch weitere klassische Aufträge militärischer Spezialkräfte zum Aufgabenspektrum des KSK. Dieses umfasst:

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  • Direct Action (DA; Kampfeinsätze gegen Ziele strategischer und/oder operativer Bedeutung);
  • Special Reconnaissance (SR; Spezialaufklärung = Gewinnen von Schlüsselinformationen für die strategische und operative Führungsebene);
  • Military Assistance (MA, Zusammenarbeit und Ausbildungsunterstützung bei Sicherheitskräften in Partnerstaaten);
  • Schutz eigener Kräfte auf Distanz und von Personen in besonderer Lage;
  • Hostage Rescue & Recovery (HRR, auch HRO = Hostage Rescue Operations; Retten und Befreien von Personen aus Gefangenschaft, Geiselnahme oder terroristischer Bedrohung);
  • Counterterrorism (CT; offensive Maßnahmen zur Abwehr terroristischer Bedrohung und Kampf gegen subversive Kräfte);
  • Unconventional Warfare (UW; unkonventionelle Kriegführung);
  • Covert Operations (verdeckte Operationen im Aufgabenspektrum der Streitkräfte).

Die Einsatzaufgaben sind weltweit und in allen Klimazonen zu erfüllen – oftmals in schwer zugänglichem und/oder vom Gegner kontrollierten Gebiet bzw. in feindlicher Umgebung. Wesentliche Erfolgsfaktoren für Spezialkräfteeinsätze sind Geheimhaltung, gute Aufklärung und Einsatzplanung sowie Entschlossenheit, Schnelligkeit und Präzision.

Das KSK wurde mithilfe von GSG9, britischem Special Air Service und später der us-amerikanischen Delta Force ausgebildet. Einsätze erfolgten seither unter anderem auf dem Balkan, am Hindukusch und in Nordafrika. So nahm der Verband gesuchte Kriegsverbrecher fest, hielt sich zur Befreiung deutscher Geiseln bereit, führte Direct Action-Einsätze gegen Taliban-Netzwerke durch, begleitete als Mentoring Partner afghanische Spezialkräfte oder evakuierte deutsche Staatsangehörige aus Gefahrenzonen. Bei einem der Military Assistance-Einsätze in Afghanistan fiel am 4. Mai 2013 Hauptfeldwebel Daniel W.

Eine große Krise

Im vergangenen Jahr stand das KSK vor großen Umbrüchen. Ausgangspunkt bildeten das Fehlverhalten Einzelner und daraus resultierend Vorwürfe bezüglich ungesunden Korpsgeistes, Führungsschwäche, Unterschlagung von Munition und Sprengstoff bis hin zu rechtsextremistischen Umtrieben. In den stetig medial befeuerten Skandalen beklagten viele KSK-Angehörige, unter ehrenrührigen Generalverdacht gestellt zu werden. Sogar die Auflösung des Verbandes stand im Raum. De facto blieb die Hochwertressource mehrere Monate lang gelähmt.

Erste Entlastung

Dass die Bundeswehr nicht auf Spezialkräfte verzichten kann, war unterdessen schnell klar. Ebenso gab es unbestreitbar an einigen Stellen Handlungsbedarf. Im Oktober 2020 legte der Generalinspekteur der Bundeswehr den ersten Zwischenbericht zur Reform des KSK vor. Der sorgte bereits in Teilen für Entlastung. So ließ sich das Fehlen von Sprengstoff und Munition beispielsweise größtenteils auf Buchungsfehler zurückführen.

Ansonsten listete das Dokument den Stand der beschlossenen Maßnahmen zum Umbau des KSK auf. Eine der einschneidendsten Aktionen war bereits umgesetzt worden, nämlich die Auflösung der 2. Kommandokompanie, welche besonders skandalträchtig im Fokus der Berichterstattung stand. Andere Maßnahmen waren langfristiger angelegt. So erfolgte die Ausgliederung großer Teile der Ausbildung an das Ausbildungszentrum Infanterie. Zudem sollte es neben mehr Logistikpersonal auch mehr Innere Führung – ein Ansatz der Bundeswehr zur besseren gesellschaftlichen Integration der Streitkräfte – geben. Ein Rotationsverfahren bei der Besetzung von Dienstposten sollte den Austausch des Kommandos mit der Linientruppe gewährleisten. Weiterhin begleiten mehr Psychologen die Anwärter beim neuen, zwei Wochen längeren Potenzialfeststellungsverfahren. Weiterhin soll ein neues Sicherheitsüberprüfungsverfahren dafür sorgen, dass Extremisten nicht dorthin kommen, wo sie absolut nichts zu suchen haben – und hierzu zählen Spezialkräfte natürlich.

Die Feststellung der Ministerin, dass die absolut überwiegende Anzahl der Soldatinnen und Soldaten auf dem Boden des Grundgesetzes stünde und dass dies auch für das KSK gelte, galt als ein gutes Signal. Denn eine Voraussetzung für den Einsatzerfolg von Spezialkräften als strategischem Hochwertinstrument bleibt das Vertrauen von Politik und Gesellschaft in ihre Kommandos.

Blick nach vorn

Am 15. Juni 2021 entschied die Ministerin, dass das KSK erhalten bleibt. Zuvor hatte der Generalinspekteur der Bundeswehr den Abschlussbericht zur Umsetzung des Maßnahmenkatalogs der Arbeitsgruppe Kommando Spezialkräfte vorgelegt. „Klar ist, dass wir die einzigartigen militärischen Fähigkeiten brauchen, die im KSK vorhanden sind“, macht Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer deutlich. „Geht der Verband den eingeschlagenen Weg konsequent weiter, wird er auch künftig ein strategisches Instrument der Sicherheitsvorsorge im nationalen Rahmen und im Verbund mit unseren Partnern sein“, so Kramp-Karrenbauer.

Das Advisory Board bleibt bestehen und wird unter Leitung des Generalinspekteurs die Reform des KSK auch weiterhin eng begleiten. Zusätzlich wird zum 1. Oktober ein Direktor Spezialkräfte im Einsatzführungskommando der Bundeswehr etabliert. Truppendienstliche und fachliche Führungsstränge werden in dieser Position gebündelt und die Beratungsfähigkeit, Kohärenz und internationale Kooperation der Spezialkräfte gestärkt.

Jan-Phillipp Weisswange