StartStreitkräfteUkrainische Kursk-Offensive: Leichte Geländegewinne für die Ukraine

Ukrainische Kursk-Offensive: Leichte Geländegewinne für die Ukraine

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Bei der ukrainischen Kursk-Offensive ist es der Ukraine gelungen, den in den ersten Tagen von russischen Truppen zurückeroberten Ort Snagost im Westen des Kampfgebiets erneut zu besetzen und auch Gelände westlich davon zu sichern. Die Lage südlich von Snagost, wo beide Seiten die Kontrolle über verschiedene Ortschaften für sich reklamieren, bleibt unklar. Im Osten konnten sich Teile russischer Einheiten durch Rückzug einer Einkesselung bei Martinowka entziehen. Auch nördlich und südlich davon rückten ukrainische Kräfte bei Russkoje Porechnoje und Russkaja Konopelka vor.

Im Norden bedrohen russische Truppen die Flanke der Straße Richtung Lgow, entlang der ukrainische Einheiten ihre bislang tiefsten Vorstöße unternehmen. Bislang ist es der Ukraine auch nicht gelungen, diese russische Kräfte abzuschneiden. Laut ukrainischen Angaben vom Anfang der Woche umfasste das besetzte russische Gebiet 1.165 Quadratkilometer und 93 Orte. Nach der Zerstörung aller Brücken über den Fluss Seim westlich der Kampfzone haben die russischen Streitkräfte Pontonbrücken eingerichtet, die jedoch ebenfalls ukrainischen Luft- und Artillerieangriffen unterliegen.

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Lagebild am 22. August um 13:00 Uhr MESZ. Im Westen des Kampfgebiets haben ukrainische Streitkräfte erneut den Ort Snagost eingenommen. Südlich davon ist die Kontrolle über mehrere Ortschaften unklar. Auch entlang der Straßen nach Rylsk, Lgow und Kursk sowie südöstlich der Stadt Sudscha sind zahlreiche Orte umkämpft. (Bild: Google Maps/Boes)

Insgesamt gleicht sich das Tempo der Offensive dem des russischen Vorrückens im Donbass mit vertauschten Rollen an. Nachdem die Ukraine die schwache Grenzsicherung und das Ignorieren ihres Aufmarschs durch höhere russische Kommandoebenen für ihren Angriff Richtung Kursk nutzen konnte, scheint nunmehr das „gläserne Gefechtsfeld“ mit seiner beidseitigen Omnipräsenz von Drohnen und anderen Aufklärungs- und Wirkmitteln wiederhergestellt zu werden. Sofern keine Seite signifikante weitere Kräfte zuführt oder Versorgungsprobleme bekommt, dürfte sich das Kampfgeschehen weiter verlangsamen.

In russischen Medien herrscht jedoch weiterhin die Sorge, dass sich zusätzliche ukrainische Kräfte der Aufklärung entziehen und zum Einsatz für neue Angriffe entweder entlang der Grenze zu den Oblasten Brjansk, Kurs und Belgorod, oder gegen die besetzten Gebiete im Süden der Ukraine gebracht werden könnten. Angesichts der vieldiskutierten Personal- und Materialprobleme der Ukraine scheint dies zweifelhaft. Es zeigt jedoch die Unsicherheit in der russischen Öffentlichkeit über die eigene Stärke ohne eine umfassende Mobilisierung, die mit den bekannten innenpolitischen Problemen verbunden wäre.

Stefan Axel Boes