StartMobilitätSeit 2022: Regelmäßige Militärkonvois kehren auf deutsche Straßen zurück

Seit 2022: Regelmäßige Militärkonvois kehren auf deutsche Straßen zurück

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Wer noch die Zeiten des Kalten Krieges in Deutschland erlebt hat, kennt das: lange Militärkonvois deutscher und verbündeter Streitkräfte auf Straßen und Autobahnen. Besonders zu den jährlichen REFORGER-Übungen (Return of Forces to Germany), mit denen die USA üblicherweise im Herbst im großen Stil Truppen zu gemeinsamen NATO-Manövern in die Bundesrepublik verlegten, beherrschten Kolonnen in olivgrün und Tarnfarben den Verkehr.

Mit dem Ende des Ost-West-Konflikts, dem Abzug des Großteils der Verbündeten sowie der Reduzierung der Bundeswehr und ihrer Übungstätigkeit für die Landes- und Bündnisverteidigung schwand die militärische Präsenz auf den Straßen. Deutsche und NATO-Truppen waren im öffentlichen Raum kaum noch sichtbar. Das ändert sich seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, der Rückbesinnung der NATO auf Landes- und Bündnisverteidigung und der deutschen „Zeitenwende“.

Bundeswehrfahrzeuge im Straßenmarsch.
Bundeswehrfahrzeuge im Straßenmarsch. (Foto: Bundeswehr/Marco Dorow)

Drehscheibe Deutschland

Regelmäßig weist die Bundeswehr nun wieder auf Militärkonvois hin. Durch die Verlagerung der NATO-Grenzen nach Osteuropa wechselt Deutschlands Rolle dabei vom potenziellen Frontstaat zur unverzichtbaren logistischen Drehscheibe für Truppen und Nachschub, die im Fall des Falles die neuen Bündnismitglieder verteidigen sollen. Entsprechend rollt der militärische Transitverkehr nicht nur innerhalb der Bundesrepublik, sondern auf eigens eingerichteten Korridoren und auf dem Weg von und zu Seehäfen auch durch sie hindurch.

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So verlegten Einheiten der Panzerbrigade 21 in diesem Jahr im Rahmen der Übungsserie Quadriga 2024 zum Manöver Grand Eagle nach Litauen. Vom 6. bis 14. September kehrten sie nach Ankunft mit der Fähre in Kiel in mehreren Militärkonvois von bis zu zwei Kilometern Länge durch Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hamburg und Nordrhein-Westfalen zu ihren Heimatkasernen in Rotenburg (Wümme), Holzminden sowie Ahlen und Augustdorf zurück. Die 200 bis über 400 Kilometer langen Fahrstrecken führen dabei überwiegend über Autobahnen und Bundesstraßen.

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Übungen im In- und Ausland

Am 20. September schloss das Multinationale Kommando Operative Führung der Bundeswehr in Ulm eine Überprüfung des ersten europäischen Musterkorridors der NATO für Militärverkehr erfolgreich ab. Dieser Korridor schließt die drei europäischen Staaten Niederlande, Deutschland und Polen ein. Die multinationale Übung DeployEx 2024 diente insbesondere der Kontrolle neu eingeführter grenzüberschreitender Verfahren und Prozesse. Hierzu fuhr seit dem 18. September eine Marschkolonne von Bundeswehrfahrzeugen über 1.000 Kilometer von den Niederlanden durch Deutschland bis nach Polen.

Hinzu kommen Übungen innerhalb Deutschlands. Am 26. und 27. September schloss das Gebirgsjägerbataillon 231 aus Bad Reichenhall in Oberbayern die Übung „European Falcon 2024“ auf dem Truppenübungsplatz Altmark mit der Rückverlegung durch Teile Sachsen-Anhalts, Sachsens, Thüringens und Bayerns ab. Der gesamte Konvoi bestand aus rund 150 Radfahrzeugen und teilte sich in mehrere, zeitversetzt fahrende Gruppen von je über drei Kilometer Länge auf. Die Fahrtstrecke betrug über 700 Kilometer.

Tankstop eines Militärkonvois bei der Verlegeübung DeployEx 2024.
Tankstop eines Militärkonvois bei der Verlegeübung DeployEx 2024. (Foto: Bundeswehr/Christian Prinzler)

Augen auf bei Militärkonvois

Ein Militärkonvoi mit über 100 Radfahrzeugen fährt am am morgigen Sonntag, 3. November, vom Standort des Fallschirmjägerregiments 31 in Seedorf durch Niedersachsen, Hessen und Bayern. Mit der Fahrt beginnt eine Übung. Zielort nach rund 450 Kilometern ist Wildflecken in Bayern.

Ebenfalls am 3. und 4. November fahren mehrere Militärkonvois der Bundeswehr durch Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen. Mit den Fahrten beginnt ein Manöver im Raum Nienburg (Weser). Abfahrtsort ist Stadum in Schleswig-Holstein, Standort des Bataillons für Elektronische Kampfführung 911, Zielort ist Luttmersen in Niedersachsen. Insgesamt werden es über 100 Fahrzeuge sein, die bis zu 400 Kilometer zurücklegen. Übungsende und Rückfahrt nach Stadum sind für den 9. November geplant.

Für andere Verkehrsteilnehmer gilt dann erhöhte Aufmerksamkeit. Es sollten möglichst große Abstände zu den Fahrzeuggruppen eingehalten werden. Zudem sollte aus Sicherheitsgründen nicht zwischen die einzelnen Fahrzeuge der relativ langsamen Militärkonvois gefahren werden.

Stefan Axel Boes