StartAusrüstung & BekleidungNordic Combat Uniform: Skandinavische Länder beschaffen gemeinsames Kampfbekleidungssystem

Nordic Combat Uniform: Skandinavische Länder beschaffen gemeinsames Kampfbekleidungssystem

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Ein viel beachtetes militärisches Bekleidungsprojekt steht vor der Beschaffung. Im norwegischen Oslo unterzeichneten die Streitkräfte Norwegens, Schwedens, Dänemarks und Finnlands den Rahmenvertrag zu Beschaffung der Nordic Combat Uniform (NCU). Dabei handelt es sich um ein komplettes modernes Bekleidungssystem. Es umfasst grundsätzlich Unterwäsche, Kampfhose, Kampfhemd, Feldbluse, Überzieh- Nässeschutz und Überzieh-Kälteschutz. Die NCU soll die Kampfkraft der Soldaten erheblich steigern. Besonderer Wert wurde auch auf den Tragekomfort der Monturen bei Männern und Frauen gelegt – Schweden und Norwegen haben nämlich Wehrpflicht für alle Geschlechter.

Als Generalunternehmer fungiert die norwegische Firma Oskar Pedersen AS. Dem Konsortium gehören weiterhin Layers AS als Projektmanager an. Kampfbekleidung, Kälte- und Nässeschutz kommt von Siamidis SA, als Technologiepartner fungiert dabei W.L. Gore & Associates GmbH. Die wollene Unterwäsche liefern Aclima AS und Woolpower AB. Der Rahmenvertrag hat ein Gesamtvolumen von 425 Millionen Euro und läuft über sieben Jahre. Die Auslieferung der NCU soll ab Ende 2022 beginnen.

Hintergrund: Die Nordic Defence Cooperation

Die skandinavischen Länder haben nicht nur ähnlich gestaltete Landesflaggen, sondern teilen etliche verteidigungspolitische Gemeinsamkeiten: Alle Länder haben noch die Wehrpflicht – Schweden und Norwegen in einem beispielgebenden Gleichstellungsverständnis sogar für alle Geschlechter – und alle Länder unterhalten Heimwehrverbände als Teil der regulären Streitkräfte. Bei so viel Überschneidungen erscheint es logisch, dass die Skandinavier auch eng bei ihrer Verteidigung kooperieren. Hierzu gründeten sie die Nordic Defence Cooperation, kurz NORDEFCO. Als eines deren Leuchtturmprojekte gilt das Vorhaben Nordic Combat Uniform (NCU). So soll ein komplettes modulares und flexibles Bekleidungssystem eingeführt werden, welches sich für die vielfältigen Herausforderungen heutiger Gefechtsfelder eignet.

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Das NCU-Bekleidungssystem umfasst verschiedene Schichten von der Unterwäsche bis zum Nässeschutz. Neben Bekleidung für skandinavische und mitteleuropäische Einsatzgebiete sollen auch Anzüge für Wüsten- und Dschungelregionen sowie arktische Bedingungen beschafft werden. Der Schnitt und das Design sollen in allen Streitkräften gleich sein. Allerdings sollen die äußeren Uniformschichten in den jeweiligen nationalen Tarnmustern ausgeliefert werden. Kopfbedeckungen, Schutz- und Trageausstattung, Schuhwerk und Handschuhe gehören nicht zu dem Vorhaben NCU.

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Trotz Verzögerungen schnell realisiertes Rüstungsvorhaben

Die nach der Vorauswahl verbliebenen vier Systeme wurden ab Herbst 2019 Truppenversuchen unterzogen. Diese Versuchsuniformen waren in steingrau-oliv gehalten. Insgesamt nahmen 480 Soldaten an dieser Feldversuchsphase teil, die bis zum Frühjahr 2020 dauerte. Die Tester setzten sich aus allen Teilen der Streitkräfte zusammen. Zu ihnen gehören Wehrpflichtige ebenso wie Kommandosoldaten. Zudem lassen alle Streitkräfte ihre Einsatzerfahrungen einfließen.

Die Feldversuche für die europäischen Einsatzregionen erfolgen durch alle Streitkräfte. Die dänische Armee – und hier vor allem deren Spezialkräfte – erprobte die NCU zusätzlich in Wüsten- und Dschungelregionen. Die Funktionalität in den arktischen Regionen wurde durch die finnischen Streitkräfte getestet. Die Auswertung der Ergebnisse erfolgte durch das Schwedische Verteidigungsforschungsinstitut.

Neben der Funktionalität bilden technische Leistungsfähigkeit und natürlich die Wirtschaftlichkeit weitere Entscheidungskriterien. Auf dieser Grundlage sollen dann die abschließenden Verhandlungen mit den verbliebenen Wettbewerbern geführt werden. Das beste Angebot entschied dann über die Vergabe des NCU-Rahmenvertrags.

Wie bei vielen Bekleidungsprojekten auch, gab es bei der NCU Verzögerungen. Branchenkenner führen dies einerseits auf die Komplexität solcher Großvorhaben zurück. Zudem würde bei solchen über lange Zeiträume laufenden Großaufträgen mit harten Bandagen gerungen, da unterlegene Bieter über längere Zeit keine Lieferaufträge erhalten würden. Aufgrund des Auftragsvolumens von 425 Millionen Euro erlangte die Ausschreibung weltweit Aufmerksamkeit. Davon versprachen sich die Skandinavier ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Am Ende entschied man sich für einen technologieorientierten Ansatz und europäische Hersteller. Dabei spielten nicht nur Überlegungen hinsichtlich der Wertschöpfungskette, sondern auch Aspekte der Ethik, der Menschenrechte und des Umweltschutzes eine Rolle.

Das Vorhaben gilt als wichtiger Meilenstein der Nordischen Verteidigungskooperation NORDEFCO. Die Erfahrungen aus dem Vorhaben sollen auch für die Prozesse bei künftigen Beschaffungsprojekten berücksichtigt werden.

Jan-Phillipp Weisswange