StartBewaffnungZweikampf um das zukünftige Artilleriesystem der Schweizer Armee

Zweikampf um das zukünftige Artilleriesystem der Schweizer Armee

Gerhard Heiming

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Für die Erneuerung der indirekten Feuerunterstützung der Schweizer Armee hat die Schweizer Beschaffungsbehörde armasuisse im Projekt „Artillerie Wirkplattform und Wirkmittel 2026“ zwei Kandidaten ausgewählt, die in nächster Zeit erprobt und bewertet werden. Nach Angaben von armasuisse erreicht die vor 50 Jahren beschaffte Panzerhaubitze M109 zu Beginn der 2030er Jahre ihr Lebensdauerende und soll ersetzt werden.

Auf Grundlage der militärischen Anforderungen habe armasuisse mehrere Hersteller eingeladen, ihre Unterlagen einzureichen, schreibt die Behörde in einer Medienmitteilung. Nach Analyse und Bewertung der erhaltenen Informationen seien die Systeme zweier Hersteller für die weitere Evaluation bestimmt worden:

  • Archer 8×8 mobile howitzer von BAE Systems Bofors AB, Schweden
  • RCH 155 AGM Artillery Gun von Krauss-Maffei Wegmann GmbH & Co. KG (KMW), Deutschland, mit zwei möglichen Trägerplattformen (Boxer 8×8 / Piranha 8×8)

Während der Evaluationsphase sollen die Bereiche Technik, Einsatz und Logistik anhand funktionsfähiger Prototypen vertieft erprobt und analysiert werden. Diese Abklärungen und Versuche seien für die Jahre 2023 und 2024 im In- und Ausland geplant, beschreibt armasuisse das weitere Vorgehen. Die Beschaffung eines der Systeme solle mit dem Rüstungsprogramm der Armeebotschaft 2026 beantragt werden.

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Das in Schweden genutzte 155-mm-Artilleriesystem Archer wird auf einem 6×6 Volvo-Lkw mit geschützter Kabine beweglich gemacht. Das vollautomatische Geschütz nutzt eine 155 mm/L52-Kanone und erreicht je nach verwendeter Munition und Treibladung Schussentfernungen zwischen 30 km und 60 km. Im Geschütz wird ein Munitionsvorrat von 21 Schuss mitgeführt. Für die Bedienung ist eine Besatzung von mindestens drei Soldaten erforderlich. Zum Selbstschutz ist auf dem Fahrzeug eine fernbedienbare Waffenstation des Typs Protector montiert. Einziger Nutzer ist das schwedische Heer, das 48 Archer in seinem Bestand hat und weitere 24 zur Auslieferung ab Ende 2022 bestellt hat.

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Das fernbedienbare Artillerie-Geschütz-Modul RCH 155 (Remote Controlled Howitzer) auf dem Trägerfahrzeug Boxer hat KMW im August 2021 im scharfen Schuss öffentlich demonstriert, S&T berichtete. Zum Leistungsspektrum gehörte das Schießen während der 155 mm/L52-Kanone aus der Fahrt. KMW nennt als Kampfentfernung derzeit 54 km. Der im AGM mitgeführte Munitionsvorrat beträgt 30 bezünderte Geschosse und 144 modulare Treibladungen. Für den Selbstschutz steht eine fernbedienbare Waffenstation zur Verfügung. Direktes Richten kann mit optionaler Optronik (oder über die Waffenstation) ermöglicht werden. Für die Bedienung sind zwei Soldaten erforderlich.

Als Trägerfahrzeug will armasuisse neben dem Boxer 8×8 auch den Piranha IV 8×8 von GDELS untersuchen. Während für den Boxer eine neue Logistikkette eingerichtet werden müsste, könnten die Piranhas aus der vorhandenen Kette versorgt werden.

Die Rüstungsbehörde armasuisse steht vor der Entscheidung zwischen dem eingeführten Artilleriesystem Archer und der Neuentwicklung RCH 155. Derzeit hat die Schweizer Armee 133 Panzerhaubitzen M109 KAWEST im Bestand, die ersetzt werden müssen.

Gerhard Heiming