StartStreitkräfteKombattanten im Ukraine-Krieg: Entgrenzungen des Operationsgebiets und Statusfragen für die Kriegsbeteiligten

Kombattanten im Ukraine-Krieg: Entgrenzungen des Operationsgebiets und Statusfragen für die Kriegsbeteiligten

Waldemar Geiger

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Technologischer Fortschritt und Verbreitung zum Teil einfacher Informationstechnologie machen nicht nur die Gefechtsführung komplexer, sie verdeutlichen auch eine Entwicklung, die schon länger zu beobachten ist: Die Grenzen zwischen Kämpfer und Zivilist werden verwischt, wie man derzeit in der Ukraine deutlich sehen kann, wo zunehmend auch zivile Akteure als „Effektoren“ auftreten.

Bereits Konflikte in Afghanistan und im Irak haben gezeigt, dass moderne IT-Technologien, wie beispielsweise das Internet und Mobilfunk, großen Einfluss auf die Operationsführung der Streitkräfte aber auch die Entscheidungen der Politik haben können. Beispielhaft dafür ist der in Folge dieser Entwicklung geprägte Begriff des „Strategic Corporal“, auf Deutsch des strategischen Hauptgefreiten.

Im Wesentlichen beschreibt die Begrifflichkeit die Bedeutung und – die strategische Implikation – einzelner „einfacher“ Soldaten auf den Kriegs- bzw. Konfliktverlauf. Einzelne Verfehlungen, Fehlentscheidungen oder aus dem Zusammenhang herausgerissene Ereignisse, die vor wenigen Jahrzehnten nicht mal einen lokalen Effekt erzielt hätten, können dank moderner IT dokumentiert und in Windeseile um den Globus geschickt werden. Heute sind einzelne (militärische) Handlungen dagegen dazu geeignet, die Wahrnehmungen und Meinungsbilder sowohl im Einsatzraum, als auch der Weltöffentlichkeit zu beeinflussen.

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Zudem eröffnen moderne Kommunikationsmittel auch dem Gegner – unabhängig davon, ob es sich um eine gegnerische Streitmacht oder einen Insurgenten handelt – die Möglichkeit, seine Operationsführung zu unterstützen. Truppenbewegungen, wie beispielsweise der Start oder der Wegverlauf einer Patrouille, können so von überall an ein breites Netzwerk übermittelt werden. Gleichzeitig können die Technologien dazu missbraucht werden, um Anschläge nicht nur zu koordinieren, sondern verlegte Sprengfallen zu zünden. Ähnlich bedeutend ist die Entgrenzung des Konflikts durch Einflussnahme über IT in den Heimatländern der westlichen Nationen, was beispielsweise mittels Desinformation oder Cyber-Angriffe in (sozialen) Netzwerken geschehen kann. Die auf die NATO-Truppen im Baltikum zielenden Desinformationskampagnen Russlands liefern hier mehr als genug Anschauungsmaterial.

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Bisherige Erkenntnisse zum Krieg in der Ukraine lassen den Schluss zu, dass das seit jeher dynamische und komplexe Einsatzumfeld durch das Hinzukommen der Cyber-Dimension an Komplexität gewonnen hat. Die Ausweitung des Operationsgebiets um die Cyber-Dimension ermöglicht es zudem nicht direkt am Krieg beteiligten Akteuren, direkteren und auch offensiveren Einfluss auf den Kriegsverlauf und dessen Wahrnehmung im In- und Ausland zu nehmen.

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