Der Russland-Ukraine-Krieg hat die Bedeutung der Open Source Intelligence – also die Nachrichtengewinnung aus frei zugänglichen Quellen – erheblich gestärkt. Zwar gehört OSINT – so die einschlägige Abkürzung – zu den gängigen Werkzeugen in der Intelligence-Toolbox, aber der Ukraine-Krieg zeigt, dass erhebliches Potential zumindest bei einigen westlichen Streitkräften und Nachrichtendiensten noch ungenutzt bleibt – und dass sich dies insbesondere im Hinblick auf die Landes- und Bündnisverteidigung ändern müsse.
„Ich denke, dass das Pareto-Prinzip auch für Open Source gilt“, so der britische General Sir Jim Hockenhull, Befehlshaber des Strategic Command, in einem Vortrag im Rahmen eines RUSI-Webinars. „Im Moment liegt der Anteil von Open Source an unseren aktuellen Prozessen vielleicht bei 20 Prozent, aber aufgrund der Verfügbarkeit und der Möglichkeiten lässt sich folgern, dass wir diese Metrik umkehren müssen. Wir müssen davon wegkommen, dass Open Source uns nur Farbe und Geschmack verleiht, und wir müssen das Modell umkehren, so dass wir unser situations- und kontextbezogenes Verständnis durch Open Source gewinnen und dies mit unseren geheimen Informationen kombinieren.“
Hockenhull ist von der Pike auf gelernter Offizier im Militärischen Nachrichtenwesen. Der studierte Politikwissenschaftler trat 1986 in das Intelligence Corps ein und war ab Dezember 2018 Chief of Defence Intelligence, bevor er im Mai 2022 Befehlshaber der Strategic Command wurde.
In seiner lesenswerten Analyse sieht Hockenhull auch einen Zusammenhang zwischen der steigenden Bedeutung der Open Source Intelligence und der zunehmenden Nutzung anderer kommerziell verfügbarer Technologien: „Der Konflikt in der Ukraine kann in gewisser Weise als der erste digitale Krieg betrachtet werden, und ein Großteil dieser digitalen Fähigkeiten stammt von kommerziell verfügbaren Diensten und nicht unbedingt von traditionellen militärischen Fähigkeiten.“
So habe die Verfügbarkeit kommerzieller Satelliten das Lagebewusstsein des ukrainischen Militärs und seine Fähigkeit zur Überwachung und Aufklärung erweitert. Künstliche Intelligenz werde zusammen mit kommerziellen Softwareanwendungen eingesetzt, um die Geschwindigkeit der Maßnahmen zu erhöhen. Und auf ausreichende Geschwindigkeit kommt es in allen vier Phasen des Führungsprozesses – Lageanalyse, Entscheidungsfindung/Koordination, Ausführung und schließlich Auswertung/Anpassung – an, denn derjenige, der am schnellsten lernt, wird gewinnen.
Auswirkungen der OSINT auf die Nachrichtengewinnung und Aufklärung
Hockenhull teilt die Auswirkungen der Open Source Intelligence auf die Nachrichtengewinnung und Aufklärung (NG&A) in sechs Kategorien ein.
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