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Schwerpunktverschiebung bei den Spezialkräften – Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Landes-und Bündnisverteidigung sowie Terrorismusbekämpfung

Andrew White

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Der plötzliche Abzug der NATO aus Afghanistan im Sommer 2021 und der jüngste Einmarsch Russlands in der Ukraine im Februar 2022 haben die internationale Spezialkräfte-Gemeinschaft vor die Herausforderung gestellt, die Prioritäten künftiger Aufgaben neu festlegen zu müssen. Zwei Jahrzehnte standen Counter Terrorism (CT, Terrorismusbekämpfung) sowie Counter Insurgency (COIN, Aufstandsbekämpfung bzw. Operationen gegen Irreguläre Kräfte) im Fokus, die Einsätze konzentrierten sich in erster Linie auf Süd- und Zentralasien und den Nahen Osten. Jetzt sind die Special Operation Forces (SOF) plötzlich gefordert, sich auf eine konventionellere Kriegführung gegen Near Peer-Gegner, also gleichwertig ausgestattete und operierende Gegner einzustellen. Das soll nicht heißen, dass sich die SOF-Organisationen der NATO nicht schon vor vielen Jahren auf derartige Einsätze vorbereitet hätten. Tatsächlich haben insbesondere nord- und osteuropäische Mitglieder des Bündnisses bereits 2014 nach der rechtswidrigen Annexion der Krim Operationskonzepte (CONOPS) und Technologien zur Bekämpfung der russischen Streitkräfte entwickelt. Viele Mitglieder der mittel- und osteuropäischen SOF-Community der NATO trafen sich vom 4. bis 6. Oktober 2022 in Budapest zum Global SOF-Symposium, um viele dieser neuen Anforderungen zu erörtern.

SOF – Schlüsselrolle für die Abschreckung

Einer der Hauptredner der Veranstaltung war der Befehlshaber des NATO-Spezialkräftekommandos (NSHQ), Generalleutnant Antonio „Tony“ Fletcher. Er beschrieb, wie die Welt immer mehr vom strategischen Wettbewerb gekennzeichnet werde und wie SOF bereits in komplexen geopolitischen Situationen eingesetzt werden. Fletcher warb dafür, dass die SOF der NATO gemeinsam vorankommen sollten, um gegnerischen Bedrohungen, die in den letzten Jahren immer stärker in den Vordergrund getreten sind, wirksamer begegnen zu können.

„Die Aufgabe des NATO SOF HQ besteht darin, die Kampfkraft zu stärken, um so einen Beitrag zu den Verteidigungszielen des Bündnisses zu leisten“, sagte er den Delegierten auf der Veranstaltung. „Unser Team vertritt das Ethos, dass SOF auch weiterhin unkonventionell, flexibel, anpassungsfähig und vollständig integriert sein müssen, um Bedrohungen abzuwehren und die Herausforderungen zu meistern, denen wir alle gegenüberstehen“, fügte er hinzu. Fletcher erläuterte auch, dass das NSHQ weiterhin bestrebt ist, „durch unsere Politik, Doktrinen, Ausbildung und Fähigkeitsentwicklung zur Einsatzbereitschaft der SOF beizutragen.“ Ebenso räumte er ein, dass sein Kommando sich darüber im Klaren sei, dass „Kapazität, Fähigkeit und Kooperationsbereitschaft das Vertrauen untermauern, das die Nationen in ihre SOF setzen.“ „Wir werden auch weiterhin die Effektivität der SOF herausstellen und den Gegner dazu bringen, seine Erfolgsaussichten zu hinterfragen; wir werden eine Bedrohung für kritische gegnerische Fähigkeiten darstellen und wir werden unsere Gegner in strategische Dilemmata bringen – und das alles zur Unterstützung unserer Streitkräfte.“

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„Um diese Wirkungen zu erzielen, müssen die SOF vor allem Military Assistance, Direct Action und Special Reconaissance durchführen – und das mit dem Fokus auf die sensibelsten Ziele und die größten Bedrohungen, denen sich unsere Nationen gegenübersehen. Während diese Aktivitäten variieren, müssen die SOF-Kernaufgaben stetig angepasst werden, um aktuelle und zukünftige Technologien nutzen zu können“, erklärte er.

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Fletcher verwies auch auf den sich rasch entwickelnden Lehrplan der NATO-Special Operations School des NSHQ hin: „Wir schwenken von vielen der herausragenden Fertigkeiten, die wir im Hinblick auf den Einsatzerfolg in Afghanistan lehrten, jetzt zu dem hin, was es für Abschreckung, Verteidigung und Bündnisunterstützung gegen einen Near-Peer-Gegner braucht.“

Materielle Anforderungen: groß angelegte Kampfeinsätze

Das Umschwenken von CT- und COIN-Operationen hin zu Einsätzen in Near-Peer-Konflikten erfordert einen grundlegenden Wandel bei den Anforderungen an das Material, ganz zu schweigen von den Taktiken, Techniken und Verfahren, die darauf ausgelegt sind, einen ganz anderen Gegner zu bezwingen.

Der Kommandeur der ukrainischen Spezialkräfte (UASOF), Brigadegeneral Viktor Khorenko, beschrieb eindrücklich, welche wichtige Rolle solcher Ausstattung zufällt, die den modernen, schnell wechselnden Bedrohungen im heutigen Einsatzumfeld gewachsen ist. Mehr als acht Monate nach Beginn des Krieges mit Russland sind die UASOF nun die am besten ausgebildeten Spezialkräfte, wenn es darum geht, erfolgreich gegen einen Near-Peer-Gegner vorzugehen. Aus Verteidigungskreisen verlautete gegenüber Soldat & Technik, dass derzeit die gesamte SOF-Gemeinschaft der NATO von den UASOF hinsichtlich des Umgangs mit hochkompetenten SOF-Gegnern auf dem modernen Gefechtsfeld lernen könne.

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