Amphibische Angriffe gehören zu den verlustreichsten Kampfszenarien in modernen Konflikten. Man denke nur an den historischen Sturm auf die Strände der Normandie während des D-Days im 2. Weltkrieg. Angreifer, die Verteidigungsbefestigungen gegenüberstehen, sind ohnehin im Nachteil. Wenn der Zugang zu diesen Verteidigungsanlagen zusätzlich durch natürliche Hindernisse wie Flüsse oder gar Meere erschwert ist, sind die zu erwartende Verluste auf Seiten der Angreifer hoch.
Chinas Taiwanproblematik
In näherer Zukunft als bisher vermutet könnte sich ein weiterer Küstenangriff historischen Ausmaßes anbahnen, wie unsere Kollegen der Europäischen Sicherheit & Technik analysieren. China droht schon lange mit der Invasion des Inselstaates Taiwan. Von der chinesischen Regierung in Peking wird Taiwan als abtrünniges Gebiet gesehen, mit dem auf kurz oder lang eine Wiedervereinigung angestrebt werden muss. Notfalls auch durch eine militärische Invasion. Denn der Großteil der internationalen Staatengemeinschaft und Taiwan selbst sieht sich als demokratisch und unabhängig.

China macht kein Geheimnis aus den Invasionsplänen. Regelmäßig dringen Schiffe und Flugzeuge der chinesischen „Peoples Liberation Army“ (PLA) in taiwanesisches Hoheitsgebiet ein. Politisch wird der Ton schärfer. China baut seine militärischen Kapazitäten immer weiter aus. Doch Taiwan bereitet sich genauso auf die Verteidigung vor. Mit ebenfalls gesteigerten Militärausgaben und neuerlichen Rüstungshilfen aus den USA hat sich die Insel sinnbildlich zu einem riesigen Flugzeugträger hochgerüstet.
Chinas mutmaßliche Entwicklungen für amphibische Angriffe
Eine Analyse von GEOINT vom 8. Januar 2025 weist auf mutmaßlich neue chinesische Anstrengungen hin, um eine amphibische Invasion umzusetzen. Ausgewertete Satellitenbilder zeigen neue mögliche amphibische Unterstützungsschiffe in der Werft von Guangzhou in China.

Diese Schiffe verfügen über eine ausfahrbare Rampe, die etwa 133 Meter lang ist. Sie kann wie ein Pier als Verbindung zwischen einem Schiff und Landungskopf eingesetzt werden. Das Heck ist so konzipiert, dass es das Laden von Fahrzeugen über die Rampe ermöglicht. Hebebeine ermöglichen den Unterstützungsschiffen Anpassungen der Rumpfhöhe, wodurch sie sich an verschiedenste See und -Landungsbedingungen anpassen können. Laut GEOINT legen diese Eigenschaften nahe, dass die Schiffe aus der Guangzhou Werft eine strategische Rolle als „Landungsstege“ bei amphibischen Operationen spielen sollen.
Das Medium „Naval News“ berichtete über mindestens fünf dieser Landungsstege in der Werft von Guangzhou. Da wenige Strände in Taiwan für Landungen geeignet sind, könnten diese Unterstützungsschiffe mit ihren Landungsstegen der PLA mehr Optionen bieten, um beispielsweise gepanzerte Fahrzeuge auf unzugänglichen Küstenabschnitten anzulanden.

Bei allen militärischen Indizien könnte es sich natürlich auch um zivile Infrastruktur handeln. Beispielsweise für Bauvorhaben mit hohen Logistikanforderungen oder für den Katastrophenschutz. China steigert nämlich nicht nur im militärischen Bereich seine Fähigkeiten, auch in der zivilen Technik macht das „Reich der Mitte“ Fortschritte. Experten zweifeln jedoch aufgrund der auf Satellitenbildern erkennbaren Ausmaße der Landungsstege an einer zivilen Verwendung. Das OSINT-Medium „Alcon Intelligence“ fand zudem Hinweise auf bereits stattgefundene Übungen mit den Landungsstegen. Es konnte jedoch nicht belegt werden, das dabei chinesische Streitkräfte involviert waren.
Rüstungstrend Chinas
Die Anschaffung von militärischen Landungsstegen würde auch in das Muster der chinesischen Aufrüstung im Indopazifik passen. China versucht dort seit Jahren, seine militärische Präsenz auszubauen, durch erhöhte Produktion von Rüstungsgütern, künstlich aufgeschütteten Inseln oder den Ausbau von Stützpunkten wie dem ehemaligen amerikanischen Flottenstützpunkt Ream in Kambodscha.

Und das mit Erfolg, denn China verfügt mittlerweile über die größte Marine der Welt. Die Europäische Sicherheit & Technik berichtete Anfang des Jahres bereits über die neuste Verstärkung dieser Marine, das größte amphibische Angriffsschiff der Welt, das China im Dezember einweihte.
Janis Düngemann