StartMobilitätFuchs-Nachfolge: Deutschland tritt offiziell dem CAVS-Programm bei

Fuchs-Nachfolge: Deutschland tritt offiziell dem CAVS-Programm bei

Waldemar Geiger

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Nachdem das Verteidigungsministerium bereits im Juni 2022 eine Absichtserklärung zum Beitritt zum finnisch geführten CAVS-Programm (Common Armoured Vehicle System) für ein neues 6X6-Transportfahrzeug unterzeichnet hatte, ist Deutschland dem Programm nun offiziell beigetreten. Einer Pressemitteilung des finnischen Rüstungskonzerns Patria zufolge hat Deutschland heute das sogenannte Technical Arrangement (TA) des multinationalen CAVS-Programms unterschrieben. „Mit der Unterzeichnung der Technischen Vereinbarung ist Deutschland nun offiziell dem Programm beigetreten“, schreibt das Unternehmen in seiner Mitteilung. Zudem hat Schweden – das dem Programm 2022 offiziell beigetreten ist – heute 20 CAVS-Fahrzeuge geordert, von denen die ersten noch 2023 nach Schweden geliefert werden sollen.

Zweck des deutschen Programmbeitritts ist offenbar eine Prüfung, inwieweit die in die Jahre gekommene Flotte des Bundeswehr-Transportpanzers Fuchs durch ein marktverfügbares Fahrzeug ersetzt werden könnte. Derzeit sind in der Bundeswehr noch rund 900 Transportpanzer Fuchs in etwa 30 unterschiedlichen Varianten in Nutzung.

Dem bloßen Programm-Beitritt Deutschlands folgt kein Automatismus bezüglich der Auswahlentscheidung für eine mögliche Fuchsnachfolge auf Basis des CAVS-Fahrzeuges. Der Beitritt ist aber eine Notwendigkeit, um die Fahrzeuge in den deutschen Streitkräften Testen und somit eine zukünftige Auswahlentscheidung vorzubereiten. Das Bundesverteidigungsministerium hat bereits am 1. November 2022 angekündigt, Patria Fahrzeuge für bundeswehrinterne Tests beschaffen zu wollen. Als Voraussetzung für den Projekteinstieg zur Fuchs-Nachfolge „wird in 2023 ein durch das Heer identifiziertes, marktverfügbares potentielles Nachfolgesystem für den TPz Fuchs, das finnische System Patria, getestet“, hieß es dazu in einem Schreiben der Parlamentarischen Staatssekretärin Siemtje Möller an Abgeordnete des Bundestags-Haushaltsausschusses. Dem Vernehmen nach ist für die zweite Jahreshälfte 2023 eine entsprechende 25-Mio-Vorlage geplant, mit der die Testfahrzeuge gekauft werden sollen.

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CAVS

CAVS ist ein multinationales Programm für ein 6×6-Transportfahrzeug, welches unter finnischer Führung läuft. Finnland, Lettland und Estland nehmen seit 2019 an dem Programm teil, Schweden seit 2021. Deutschland ist nun die fünfte Nation, die sich an CAVS beteiligt. Patria ist als Anbieter der 6×6-Fahrzeugplattform für die Systementwicklung im Rahmen von CAVS verantwortlich.

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Schweden hat am 17. April 2023 20 CAVS-Fahrzeuge bei Patria geordert, die als „Pansarterrängbil 300“ in die schwedischen Streitkräfte eingeführt werden sollen. Bei der Pressemitteilung des Auftrages wurde ein Foto einer Variante des CAVS-Patria mit einer unbemannten Waffenstation des belgischen Herstellers Cockerill verbreitet. Die Cockerill Light Weapon Station (CLWS) ist in der Lage Maschinenkanonen im Kaliber 25 mm x 137 bzw. 30 mm x 113 aufzunehmen. (Foto: Patria)

Der Patria 6×6 basiert auf einem Fahrzeug mit gleicher Antriebsformel, dass seinerzeit noch von Sisu für die finnischen Streitkräfte gebaut wurde – auch als Patria XA bezeichnet. Dabei handelte es sich um etwa die gleiche Generation von Radpanzern wie der Fuchs. Ein wesentlicher Unterschied des neuen Patria 6×6 zum Sisu-Fahrzeug ist laut Hersteller die Einzelradaufhängung, ein leistungsstärkerer Scania LKW-Motor – 294 kW Leistung und einem Drehmoment von 1.870 Nm – sowie moderne Elektrik.

Die einzige größere Komponente aus Deutschland ist das Getriebe von ZF. Das Maximalgewicht wird mit 24 Tonnen angegeben, wovon 8,5 Tonnen auf die Nutzlast entfallen. Der Schutz erreicht STANAG 4569 Level 2 (ballistisch und Minenschutz). Optional ist Herstellerangaben zufolge auch Level 4 (ballistisch und Minenschutz) realisierbar.

Sollte sich die Bundeswehr für den finnischen Transportpanzer entscheiden, ist auch eine Lizenzproduktion in Deutschland denkbar, wie Patria-Vorstandschef Esa Rautalinko in einem mit dem Handelsblatt geführten Interview Anfang Januar 2023 erläuterte. Gut informierten Kreisen zufolge führt das Unternehmen derzeit mit mehreren deutschen Panzerbauern Gespräche, wie eine Lizenzfertigung in Deutschland aussehen könnte. Dem Vernehmen nach wurden bzw. werden sowohl mit der FFG Flensburger Fahrzeugbau Gesellschaft mbH, Krauss-Maffei Wegmann und Rheinmetall Gespräche geführt, eine Entscheidung ist aber gut informierten Kreisen zufolge noch nicht gefallen.

Waldemar Geiger