StartStreitkräfteSchwarz, Rot, Grün: Wehrdienstmodelle in der Diskussion

Schwarz, Rot, Grün: Wehrdienstmodelle in der Diskussion

Die designierten künftigen Regierungsparteien CDU/CSU und SPD haben offenbar weiter keine Einigung über die Form eines neuen Wehrdienstes erzielt. In der vergangenen Woche waren die Ergebnisse der einzelnen Arbeitsgruppen bei den Koalitionsverhandlungen bekannt geworden. Seit Montag dieser Woche sprechen nun die Führungsebenen der Parteien über die widersprüchlichen Vorstellungen im Verteidigungs- und anderen Bereichen. Dafür sollen letzten Berichten zufolge wiederum kleinere Gruppen gebildet werden.

Über die künftige Form des Wehrdienstes herrscht weiterhin Uneinigkeit.
Über die künftige Form des Wehrdienstes herrscht weiterhin Uneinigkeit. (Foto: Bundeswehr/Marco Dorow)

In der Endfassung der Verhandlungsergebnisse für die Arbeitsgruppe 1 (Verteidigung, Außen, Entwicklung, Menschenrechte) erklären CDU/CSU, dass die massive Bedrohungslage eine glaubwürdige Abschreckung gebiete. „Dazu ist ein konsequenter und rascher Aufwuchs unserer Streitkräfte notwendig“, so der Textvorschlag der Unionsseite: „Deswegen wird die Aussetzung der Wehrpflicht beendet.“ Dagegen scheint die SPD weiter auf dem Modell ihres amtierenden Verteidigungsministers Boris Pistorius aufbauen zu wollen, das zwar die Pflicht zum Ausfüllen eines Fragebogens für alle 18-jährigen Männer vorsieht, sonst aber auf Freiwilligkeit setzt.

SPD will erneut „breite gesellschaftliche Diskussion“ über Wehrdienst

„Die geopolitische Lage und die aktuellen Bedrohungen erfordern ein gesellschaftlich resilientes und wehrhaftes Deutschland als Beitrag für eine glaubhafte Abschreckung und erfolgreiche Verteidigung“, beginnt der sozialdemokratische Vorschlag. „Der neue Wehrdienst soll auf Freiwilligkeit basieren. Wir werden dazu noch in diesem Jahr die Voraussetzungen für eine Wehrerfassung und Wehrüberwachung schaffen. Wir wollen eine breite gesamtgesellschaftliche Diskussion zur Einführung eines neuen attraktiven Dienstes für alle Bürgerinnen und Bürger, der diesen Herausforderungen gerecht wird.“

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Die Forderung nach einer „breiten gesellschaftlichen Diskussion“ erinnert dabei prekär an die Warteschleifen in der Debatte um die Bewaffnung von Drohnen für die Bundeswehr, bis der Ukraine-Krieg die Realität demonstrierte. Angesichts der Bedrohungslage, in deren Bewertung beide Seiten weitgehend übereinstimmen, scheint eine solche Abgabe der Verantwortung durch die Politik widersinnig. Zumal die Ablehnung des Pistorius-Modells durch die Union vor der Wahl bereits für eine Verzögerung bei der Wiedereinführung der Wehrerfassung gesorgt hat, unabhängig von der am Ende beschlossenen Wehrform.

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Bayerische Grüne schlagen „Freiheitsdienst“ vor

Mittlerweile haben die bayerischen Grünen am Wochenende einen eigenen Vorschlag zu einer Dienstpflicht vorgelegt. Dieser fordert einen „Freiheitsdienst“ von insgesamt sechs Monaten Dauer, den alle Männer und Frauen im Laufe des Lebens zwischen 18 und 67 Jahren in verschiedenen Bereichen leisten sollten. Dazu solle es für jede Person nach Ablauf der Schulzeit eine allgemeine Musterung geben. Die Dienstfähigen sollten dann ein halbes Jahr am Stück oder in Abschnitten Wehrdienst leisten, im Bevölkerungsschutz dienen oder einen Gesellschaftsdienst auf Grundlage der bestehenden Angebote für diverse Freiwilligendienste erfüllen.

Wie andere Vorschläge für eine allgemeine Dienstpflicht dürfte dieses Modell nicht zuletzt an dem Verbot von Zwangsarbeit im deutschen, europäischen und internationalen Recht scheitern. Die Wehrpflicht bildet aufgrund ihrer Bedeutung für die Sicherheit eines Staates generell die einzige Ausnahme hiervon. Jedenfalls wäre eine weitgehende Verfassungsänderung erforderlich, wofür die Erfolgsaussichten gering sind.

Stefan Axel Boes