StartStreitkräfteUkrainische Kursk-Offensive: Verschiebungen entlang der Staatsgrenze

Ukrainische Kursk-Offensive: Verschiebungen entlang der Staatsgrenze

Bei der nunmehr seit zwei Monaten andauernden ukrainischen Kursk-Offensive gegen russisches Territorium erzielen beide Seiten weiterhin nur begrenzte Geländegewinne. Während russische Truppen im Südosten bei Borki Territorium entlang der Grenze zur Ukraine zurückerobern konnten, das seit Beginn der Offensive vom Gegner kontrolliert wurde, hat die ukrainische Seite bei ihrem Entlastungsangriff im Westen möglicherweise die Ortschaft Weseloje eingeschlossen.

Zudem sicherte sie im Norden einen Geländestreifen östlich von Kremyanoje, zog sich aber scheinbar aus dem umkämpften Gebiet nördlich Olgowka zurück. Wegen zunehmender russischer Luftangriffe auf Ziele im rückwärtigen Gebiet auf der ukrainischen Seite der Grenze ordneten die Behörden die Evakuierung von Kindern und ihrer Eltern in mehreren Gemeinden der Oblast Sumy an. Keiner dieser kleineren Erfolge lässt eine entscheidende Entwicklung erkennen.

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Lagebild am 1. Oktober um 00:00 Uhr MESZ: Im Südosten haben russische Truppen bei Borki Gelände entlang der ukrainischen Grenze zurückerobert und rücken auf Plechowo vor. Im Westen hat die Ukraine möglicherweise Weseloje eingeschlossen. Im Norden hat sie einen Geländestreifen östlich Kremyanoje gesichert, sich aber offensichtlich aus dem umkämpften Gebiet nördlich Olgowka zurückgezogen. (Bild: Google Maps/Boes)

Der nach ukrainischen Berichten Ende August ergangene Befehl von Wladimir Putin, die Angreifer bis zum 1. Oktober von russischem Gebiet zu vertreiben, konnte damit nicht umgesetzt werden. Die vor drei Wochen begonnene Gegenoffensive aus westlicher Richtung ist vor Ljubimowka zum Stehen gekommen. Russische Berichte über das Kriegsgeschehen konzentrieren sich stattdessen gegenwärtig auf die lange angestrebte und am gestrigen Dienstag erreichte Eroberung der Stadt Wuhledar im Südosten der Ukraine.

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Nachdem der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bei seiner USA-Reise in der vergangenen Woche zwar die Zusage seines amerikanischen Kollegen Joe Biden für zusätzliche dringend benötigte Flugabwehr- und Luft-Boden-Munition im Wert von 2,4 Milliarden Dollar, aber nicht die erhoffte Freigabe zum Einsatz westlicher Langstreckensysteme gegen Ziele in der Tiefe des russischen Territoriums erhielt, ist eine grundlegende Änderung der Lage nicht absehbar.

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Inwiefern der Ukraine-Gipfel am 12. Oktober in Ramstein zu weitreichenderen Beschlüssen kommt, muss sich zeigen. Währenddessen konkurriert Selenskyjs Plan für mögliche Verhandlungen über ein Ende des Krieges aus einer Position relativer Stärke heraus mit einer chinesisch-brasilianisch geführten Initiative, die allerdings die Berufung auf die UN-Charta als Grundlage für Fragen territorialer Souveränität vermeidet.

Russland beharrt weiterhin auf der „Anerkennung neuer Realitäten“ durch die Ukraine, meint damit aber vermutlich nicht die Hinnahme der Besetzung eigenen Gebiets bei Kursk. Sofern es dieses nicht doch noch vollständig zurückgewinnen kann, steht weiterhin ein Tausch gegen zumindest Teile russisch besetzten Territoriums im Rahmen einer Verhandlungslösung im Raum. Da dies einen innenpolitisch potenziell gefährlichen Gesichtsverlust für Putin bedeuten würde, ist damit allerdings nicht zu rechnen, solange er stattdessen einfacher den Krieg fortsetzen kann.

Stefan Axel Boes