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Spanisches Heer testet verbessertes Soldatensystem

Andre Forkert

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Das spanische System für den Soldaten der Zukunft (SISCAP; Sistema de Combatiente a pie; deutsch: Kämpfer-zu-Fuß-System) ist ein Schlüsselelement für die Integration der infanteristisch kämpfenden Soldaten in die neuen digitalisierten Umgebungen. SISCAP ist ein von der Generaldirektion für Rüstung und Material (DGAM) des spanischen Verteidigungsministeriums gefördertes Forschungs- und Entwicklungsprojekt und konzentriert sich auf die Entwicklung und Integration von Technologien, die dem Soldaten die geeigneten Mittel für wirksame Kampfeinsätze an die Hand geben werden.

Indra Future Soldier System
Die ersten Sätze von SISCAP sollen noch dieses Jahr ausgeliefert werden. (Foto: Indra)

Dabei konzentriert sich das System auf die Bereiche Kommunikations-, Informations- und Feuereffizienz des Soldaten. Das spanische Heer hat Indra und GMV mit der Entwicklung des Systems beauftragt. Jetzt fand an der Infanterieschule in Toledo eine erste Einsatzprüfung statt.  Dazu haben GMV und Indra Anfang Juni zusammen mit der Infanterieschule Toledo die operative Demonstration von SISCAP auf dem Truppenübungsplatz Los Alijares durchgeführt und erfolgreich abgeschlossen

Das SISCAP-Programm ist in sieben Teilsysteme gliedert: Bewaffnung und Munition, effektive Feuerkraft (EFU), Information und Kommunikation (SIC), Instandhaltung, Überlebensfähigkeit, Energieversorgung (FAL) und Einsatzbereitschaft (Ausbildung). In den ersten beiden Phasen des Programms konzentrierten sich die Bemühungen auf die Effizienz des Feuers, das Informations- und Kommunikationssystem und die Energieversorgung, da dies die kritischsten Aspekte des Systems sind. GMV ist für die beiden letztgenannten (SIC und FAL) und insbesondere für die Elektronik und Software des Hauptrechners des Soldaten (Central Processing and Power Distribution Unit, CPPDU) mit Führungs- und Steuerungsfähigkeiten sowie die Integration dieser Teilsysteme zuständig.

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SISCAP befindet sich nun in der Konsolidierungsphase, und diese Tests sollten die Fähigkeiten aller in der vorangegangenen Phase entwickelten Teilsysteme sowohl bei Tag als auch bei Nacht unter Beweis stellen. Zu diesem Zweck wurden die Fortschritte dieser Phase im Vergleich zu früheren Demonstrationen geprüft, etwa die Erhöhung der Autonomie des Systems und die Verbesserung seiner Robustheit und Reife. Außerdem wurden neue Systemfähigkeiten demonstriert: Augmented Reality und die Integration von ferngesteuerten autonomen Systemen (RPAS) wie der handtellergroßen Mikrodrohne PD-100 Black Hornet von FLIR.

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Indra System SISCAP
SISCAP ermöglicht es dem Soldaten, mit der Waffe zu „sehen“. (Foto: Indra)

Darüber hinaus wurde ein Batterieladegerät (CBS) entwickelt, mit dem das System an das VCR 8×8 Dragon-Fahrzeug angeschlossen werden kann, um Daten, Strom und die Gegensprechanlage zu nutzen. Damit kann das System auch über herkömmliche oder alternative Energiequellen wie Solarzellen aufgeladen werden. Nach dieser Betriebsdemonstration endet die Phase 1-b des SISCAP-Programms und macht den Weg frei für künftige Phasen, in denen die Zahl der Prototypen erhöht und die übrigen Teilsysteme einbezogen werden sollen.

Zudem soll das System unter Beweis stellen, dass es modular, flexibel und skalierbar ist und den Soldaten neben modernster Informations-, Kommunikations- und Feuereffektivität auch mit einem verbesserten Situationsbewusstsein ausstattet. Laut Indra wird das System für die vollständige Digitalisierung des Heeres von entscheidender Bedeutung sein, von der strategischen Führung bis hin zum Soldaten auf der letzten Meile. Ziel von Indra und GMV ist es, die Soldaten mit fortschrittlichen Technologien für den Einsatz in digitalisierten Einsatzgebieten auszustatten, in denen sie in einem Netzwerk mit Systemen arbeiten müssen, die an das neue Konzept der Combat Cloud angepasst sind.

Jeder dieser Soldaten wird über einen an seinem Helm befestigten Viewfinder – eine Art monokulares Head-Up Display – verfügen, der es ihm durch den Einsatz von Augmented Reality ermöglicht, den einzuschlagenden Weg und die Position seiner Kameraden zu visualisieren und verschiedene taktische Hinweise auf Bedrohungen und identifizierte Ziele zu erhalten. Darüber hinaus verfügen sie über Tag- und Nachtsichtgeräte, Kameras (sichtbare und Wärmebildkameras) zur Bildaufnahme, und ein fortschrittliches Funkgerät, das sie per Satellit positioniert und ihnen die Übermittlung von Sprache und Daten sowie die Bildung verschiedener Gruppen zur besseren Koordinierung ermöglicht.

Die Hauptwaffe wird über eigene Sucher und Kameras verfügen, die die Reichweite und Treffergenauigkeit erhöht und die Möglichkeit des indirekten Feuers bieten, so dass das von der Waffenoptik generierte Bild auch im Helmsucher zu sehen ist. Damit kann der Soldat vermeiden, sich aus der Deckung zu begeben, wenn er um eine Ecke biegt oder einen Raum betritt. Er muss nur die Waffe um die Ecke oder über die Deckung halten um alles zu sehen, aber nicht seinen Kopf.

Diese wird auch Bedienelemente enthalten, um die Kommunikation zu steuern, ohne das Gewehr loslassen zu müssen, und um Eigenbeschuss zu verhindern (Freund-Feind-Erkennung).  Der Zugführer wird über ein Tablet verfügen, das mit dem in den gepanzerten Fahrzeugen der Armee verwendeten Battlefield Management System (BMS) verbunden ist, wodurch die Einheit in die Befehlskette integriert wird.

Bei den Feldtests der letzten Monate durch die Infanterieschule evaluierte ein Zug von Legionären das System, indem diese einen Aufklärungseinsatz und andere Überwachungseinsätze bei Tag und Nacht simulierten. Außerdem führten sie verschiedene Schusstests bei Tag und Nacht durch. Der nächste und letzte Test, dem sich SISCAP in den kommenden Monaten unterziehen wird, wird die Mitwirkung des gepanzerten Fahrzeugs Dragon beinhalten, das als Kommunikationsknotenpunkt zwischen der Einheit und der taktischen Kommandozentrale fungieren wird.

Der Projektmanager bei Indra, Gregorio González, erklärt, dass „das System die Soldaten mit den modernsten digitalen Fähigkeiten ausstattet und ihnen ein Situationsbewusstsein auf höchstem Niveau bietet, indem es ihnen eine mit den von all ihren Kameraden und anderen eingesetzten Mitteln gesammelten Informationen angereichertes Lagebild bietet“ und fügt hinzu, dass „einer der großen Vorteile des Systems darin besteht, dass es modular und skalierbar ist, wodurch es an die jeweilige Mission angepasst werden kann, wobei ein Maximum an Ergonomie und ein Minimum an Gewicht gewährleistet wird“.

Diese Modularität ermöglicht es beispielsweise, das Feuereffektivitätssystem um elektronische Hilfsmittel zur Unterscheidung zwischen eigenen und gegnerischen Kräften, Infrarotkameras, Bildverstärker, Laserdesignatoren oder Bildlupen zu ergänzen. Bei komplexeren Einsätzen können die Soldaten mit Drohnen vom Typ PD-100 Black Hornet ausgestattet werden, um das Gebiet zu erkunden und Risiken zu minimieren. Die offene Architektur von SISCAP wird in Zukunft die Einbindung neuer Funktionen ermöglichen, wie den Einsatz künstlicher Intelligenz zur Zielunterscheidung, zur Überprüfung des Status von Kämpfern und zur Erleichterung der Systemwartung.

Ziel von Indra und GMV ist es, die erste Entwicklungsphase noch in diesem Jahr abzuschließen und die ersten sieben Funktionsprototypen in der Konfiguration für Zugführer auszuliefern. In den folgenden Phasen wird die Möglichkeit der Herstellung einer ersten Vorserie von 40 oder 50 Systemen für die Evaluierung in realen Einsätzen und dann ab 2030 für eine Produktion in größerem Maßstab geprüft.

Andre Forkert