StartAusrüstung & BekleidungDer Helmüberzug – mehr als einfach nur ein simples Textilerzeugnis

Der Helmüberzug – mehr als einfach nur ein simples Textilerzeugnis

Waldemar Geiger

Print Friendly, PDF & Email

Der Gefechtshelm, als Ausrüstungsgegenstand des modernen Soldaten, ist deutlich mehr als nur ein ballistischer Kopfschutz. Eine wachsende Anzahl an Peripheriegeräten erfordert ein ganzheitliches System, in dem alle Komponenten aufeinander abgestimmt sein müssen. Dies gilt auch für den wenig beachteten Helmüberzug, an den unterschiedliche Anforderungen gestellt werden und welcher gleichzeitig zukunftsfähig sein muss. Aber was für Kriterien muss ein Überzug erfüllen und welche Funktionen muss er beinhalten, um die angesprochene Zukunftsfähigkeit zu gewährleisten?

Helmüberzüge sind historisch betrachtet einfache textile Produkte, welche der Tarnung dienten. In einer sekundären und spezialisierten Rolle ermöglichten sie die Identifikation von Funktionspersonal wie Schiedsrichter oder beispielsweise der Militärpolizei. Das heutige Anforderungsspektrum sprengt diesen Rahmen jedoch um ein Vielfaches.

Moderne Gefechtshelme sind seit geraumer Zeit auch Geräteträger für Peripheriegeräte wie Bildverstärkerbrillen und Infrarotmarker. Dies ist ein unumkehrbarer Trend, welcher sich eher noch verstärken wird. Zudem müssen Helme mit weiteren Ausrüstungsgegenständen wie ABC-Schutzmasken und kombinierten Kapselgehörschutz- / Kommunikationslösungen zwingend kompatibel sein. Ein zeitgemäßer Überzug darf in dieser Hinsicht keinesfalls einschränkend wirken und erhöht idealerweise die Funktionalität des Gesamtsystems. Zusätzlich ist ein textiler Überzug in der Lage, die Tarnwirkung zu verbessern. Darüber hinaus sind Helmbezüge elementar für die Langlebigkeit moderner Gefechtshelme, indem sie Schutz vor Umwelteinflüssen und mechanischen Einwirkungen bieten.

sut layout500x300 2024yH5BAEKAAEALAAAAAABAAEAAAICTAEAOw==

Funktionale Anforderungen

Die funktionalen Anforderungen an einen Helmüberzug definieren die Rahmenparameter, um die erwähnte Kompatibilität mit dem Helm und potenziellen Anbauteilen zu gewährleisten. Aktuell sind unterschiedliche Ansätze parallel zu beobachten. Neben klassischen Überzügen mit einfachen Schlaufen, welche in regelmäßigen Abständen verteilt angebracht sind, finden sich komplexere Lösungen mit dezidierten Klettflächen und flexiblen bzw. elastischen Schlaufen. Am Ende des Spektrums sind Überzüge angesiedelt, welche das Unterbringen von einem Gegengewicht/Akkupack teilweise in textilen, auf den Überzug genähten Taschen vorsehen. Die bereits erwähnten elastischen Riemen (Bungee Cord) werden in der Praxis als Kabelführung und zur Arretierung von Geräten wie IR-Lichtern verwendet, zuweilen in Kombination mit Klettflächen. Diese Ansätze sind allerdings bereits heute als veraltet zu betrachten, da diese Aufgaben durch ein deutlich flexibleres, sicheres bzw. haltbareres modulares Railssystem übernommen werden müssen. Nicht zuletzt daher, weil die benannten Aufgaben auch ohne einen Überzug durch den Helm zu gewährleisten sind.

yH5BAEKAAEALAAAAAABAAEAAAICTAEAOw==

Grundsätzlich muss der Überzug leicht und intuitiv anzubringen sein und darf die Funktionalität von Schnittstellen und Montagemöglichkeiten am Helm, insbesondere des Railsystems, nicht einschränken. Ein wendbarer Stoff, welcher nur durch einen Kordelzug unterhalb der Helmkante über Zug befestigt und mit einem Knoten zu fixieren ist, erfüllt nicht die Anforderungen der Zeit. Idealerweise sind Überzug und Helm so aufeinander abgestimmt, dass beide sich zusätzlich ergänzen und befähigen. Beispielhaft sei hier die Kabelführung erwähnt, welche mit dem des modularen Railsystems kompatibel sein muss und diese ergänzen sollte, um so einen funktionalen Mehrwert schaffen.

Durch ein intelligentes Design muss die Kontur des Helmes gewahrt werden. Dies beinhaltet das Aussparen der Gummi- bzw. Helmkante. Hierdurch sind Zusatzoptionen wie beispielsweise ein ballistisches Visier ohne Anpassungen montierbar. Aufwändige Maßnahmen, zum Beispiel zur Herstellung eines staubdichten Abschließens von Visieren mit der Helmkontur, fallen so ebenfalls weg. Die oben erwähnte leichte und intuitive Anbringbarkeit muss auch für die Abnahme gelten. Da eine praktikable Kombination mit einer Zusatzpanzerung nicht möglich ist, muss der Überzug in diesem Falle entfernt werden. Des Weiteren muss die Aufnahme von Kennzeichnungselementen (Patches), sowohl für den sichtbaren, als auch IR-Bereich über Klettflächen, sichergestellt sein. Zudem muss der Überzug auch für die Aufnahme von natürlichen und künstlichen Tarnmaterialien erlauben, um den Schutz des Helmes, in diesem Fall vor feindlicher Aufklärung zu komplettieren.

Alles in allem spielt aber auch das Thema Gewicht eine wichtige Rolle. Da am Kopf jedes zusätzliche Gramm Gewicht zur Belastung der Nackenmuskulatur beiträgt und sich somit auch auf den Tragekompfort und die Kampfkraft auswirkt, kann dieses Thema auch beim Helmbezug nicht ausgeklammert werden. Moderne Helmbezüge müssen daher aus robusten aber gleichzeitig leichten und wasserabweisenden Stoffen gefertigt werden.

Anforderungen an die Schutzfunktion

Die bereits erwähnte Tarnwirkung ist und bleibt eine relevante Aufgabe eines textilen Überzuges, diese ist aber nicht nur auf das für das menschliche Auge sichtbare Spektrum reduziert. So ist die Reduktion der Infrarotreflektion ebenfalls ein relevanter Aspekt. Die modularen Befestigungsmöglichkeiten bieten zudem Schnittstellen für zukünftige Elemente wie z.B. thermische Tarnelemente zur Erschwerung der Detektion mit Wärmebildgeräten.

Beschaedigter Helm ohne Helmueberzug Foto Soldat und Technik e1658304456149
Oberflächenschäden an einen ansonsten neuen Helm können nach kürzester Zeit auftreten. Neben einer hochwertigen Lackierung/Folierung ist ein Überzug eine gute Lösung zur Vermeidung solcher Schäden. (Foto: Soldat & Technik)

Die lange Zeit angeführte Geräuschdämpfung beim Kontakt mit der persönlichen Ausrüstung oder anderen Gegenständen wie beispielsweise Fahrzeugen ist wiederum bei der Vielzahl an Montagemöglichkeiten und Anbauteilen nicht mehr im Fokus. Stattdessen ist ein Schutz der Helmaußenschale seit der Einführung von Gefechtshelmen aus Verbundmaterial zunehmend relevanter geworden.

Neben der rein mechanischen Beschädigung der Schale durch Abrieb, Stoß oder einer Kombination aus beiden ist die Reduktion von UV-Einstrahlung ein relevanter Faktor für den dauerhaften Erhalt der Schutzeigenschaften des Materials. Dies wird insbesondere dann relevant, wenn die schützende Außenschicht bestehend aus Lack oder Folierung vollständig verschwunden ist und das Gewebe frei liegend den Umwelteinflüssen ausgeliefert ist und somit deutlich schneller altert sowie schlussendlich seine Schutzwirkung verliert.

Fazit

Helmüberzüge sind bereits seit geraumer Zeit keine einfachen Textilerzeugnisse mehr. Die Anforderungen bezüglich der Kompatibilität mit dem Helm und seinen Anbauteilen definiert dabei die Vorgaben für die Konstruktion. Durch die Abstimmung mit dem jeweiligen Railsystem wird der Überzug zudem modulare und flexibler in der Nutzung und bietet eine erweiterte Funktionalität. Im Fokus steht final jedoch weiterhin die Schutzfunktion, welche sich in einem Bogen von der multispektralen Tarnwirkung bis zum mechanischen Schutz des Gefechtshelmes spannt.

Waldemar Geiger