Der US-Rüstungskonzern Northrop Grumman hat seitens der U.S. Navy einen Entwicklungsauftrag für gelenkte Munition im Kaliber 57 mm x 70 erhalten. Dies gab das Unternehmen am 4. Oktober 2023 in einer Mitteilung bekannt. Der Auftrag zielt auf die vollständige Entwicklung bis hin zur Einführungsreife der Munition, welche aus einem Marinemehrzweckgeschütz des Typs MK 110 Gun Mount verschossen werden soll.
Ziel der Entwicklung sei eine Munition, dessen Geschoss über die gesamte Flugbahn hinweg gelenkt und manövrierfähig sein soll. Zudem soll ein Suchkopf die Erfassung unterschiedlicher Ziele ermöglichen. Auch an die Entwicklung des Zünders sind komplexe Forderungen gestellt. So soll dieser autonom und je nach Zielkategorie jeweils als Aufschlag- oder Annäherungszünder fungieren.
Laut Northrop Grumman seien die Vorentwicklung an der Munition abgeschlossen und der aktuelle Fokus auf der Sicherstellung der industriellen Fertigbarkeit. Dabei greife das Unternehmen auf bereits getätigten Erfahrungen aus vorherigen Programmen wie dem Artilleriekurskorrekturzünder Precision Guidance Kit (PGK) zurück. Durch das PGK ist es möglich 155 mm Artilleriemunition in gelenkte Präzisionsgranaten zu transformieren. In Kombination mit dem Suchkopf soll die neue 57-mm-Munition jedoch eine autonome Agilität an den Tag legen, wie sie bis dato von keinem aus Rohrwaffen verschossenen Wirkmittel abbildbar gewesen sei.
Als Geschütz für die Granate ist das von BAE Bofors entwickelte MK 110 Geschütz vorgesehen, welches auf den Schiffen der US-Küstenwache und den U.S. Navy Schiffen der Klasse Littoral Combat Ship integriert wurde. Auch die schwedische Marine verwendet das Mehrzweckgeschütz seit dem Jahr 2000 auf den Korvetten der Visby Klasse. Ausgestattet mit einem automatischen Ladesystem und einem Munitionsvorrat von 120 Granaten weist das MK 110 Geschütz eine theoretische Feuerrate von 220 Schuss pro Minute auf.
Die von Northrop Grumman entwickelte Munition ist die aktuell letzte, in einer ganzen Reihe von speziell auf die MK 110 abgestimmten Munitionsentwicklungen stehenden Entwürfe. Bereits 2006 stellte BAE Systems eine programmierbare Granate vor, welche 2015 von der vom gleichen Unternehmen stammenden Mk 295 Mod 1 Ordnance for Rapid Kill of Attack Craft (ORKA) Munition mit hoher Präzision gegen Luft und Seeziele folgte. 2017 gab das zu L3Harris Technologies gehörenden Unternehmen L3 Mustang Technology die fortgeschrittene Arbeit an einer gelenkten Munition im Kaliber 57 mm mit der Bezeichnung MK 332 bekannt. Diese scheint die in sie gesetzten Erwartungen jedoch nicht erfüllt zu haben.