StartStreitkräfteJagdkommando – 61 Jahre „jung“

Jagdkommando – 61 Jahre „jung“

Andre Forkert

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Das Österreichische Jagdkommando wurde am 4. Mai 1963 aufgestellt. Demnach feiert die Einheit heute ihren 61. Geburtstag.

Das Österreichische Bundesheer verfügt neben den Land- und Luftstreitkräften auch über Spezialeinsatzkräfte. Kern dieser Teilstreitkraft sind die Soldaten des Jagdkommandos. Zu den Fähigkeiten der Elite-Soldaten zählen spezielle Einsätze zu Lande, zu Wasser und nach Anlandung aus der Luft.

Die Bezeichnung kommt vom Jagdkommando, der höchsten Form des infanteristischen Kampfes. Bei einem Jagdkommando handelt es sich um auf sich gestellte Kämpfer. Eingesetzt werden Jagdkommandos beispielsweise an offenen Flanken, in Lücken oder auch hinter feindlichen Linien, abgeschnitten von den eigenen Kräften.“ Mögliche Aufträge der Jagdkommandos sind der Schutz eigener Kräfte im rückwärtigen Raum, Schutz vor Angriffen oder Sabotageakten durch Luftlandekräfte, Kampf gegen gegnerische Jagdkommandos oder Banden.

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Foto: Bundesheer

Im Fall der Spezialkräfte „Jagdkommando“ handelt es sich um die höchste Form dieses Kampfes:

  • Spezialaufklärung zur Gewinnung von wichtigen Informationen, hinter feindlichen Linien,
  • Kommandounternehmen – etwa zur Befreiung von als Geiseln festgehaltenen Militärpersonen, Festnahme von gesuchten Personen wie Kriegsverbrechern oder Vernichtung von gefährlichen Waffen-Stellungen,
  • Militärische Unterstützung (Military Assistance) wie das Ausbilden von Soldaten auf Ersuchen von Partnern oder befreundeten Nationen – auch in einem feindlichen Umfeld,
  • Evakuierung von österreichischen Staatsbürgern aus Krisengebieten, inklusive notwendiger Geiselbefreiung.
  • Gebäudeschutz oder Einsatz von konsularischen Unterstützungsteams, z.B. österreichischer Botschaften, und Einsätze in Kriegs- oder Krisengebieten.
  • Erstreaktionskraft des Österreichischen Bundesheeres in den Interessensgebieten Österreichs.
  • Kampfunterstützes Suchen und Retten, beispielsweise abgestürzter Piloten.

Für ihre internationalen Einsätze hält sich das Jagdkommando dauerhaft im In- und Ausland bereit. Im Regelfall erledigen sie ihre Aufträge mit kleinen, unerkannt eingesetzten Einheiten. Dabei nehmen die Soldaten folgende Aufgaben wahr:

In internationalen Einsätzen unterstützt das Jagdkommando reguläre Einheiten des Bundesheeres, wenn es die besondere Gefährdungssituation eines Krisengebietes verlangt. Die Einsätze des Jagdkommandos sind grundsätzlich geheim, aber es ist bekannt, dass die Soldaten des Kommandos unter anderem im Kosovo, Albanien, Bosnien, Mazedonien, Albanien, Afghanistan, Mali, Kongo, Libyen, Ägypten, Kongo und im Tschad im Einsatz.

Zu Hause sind die Spezialkräfte in der Maximilian-Kaserne in der Wiener Neustadt. Laut offiziellen Angaben umfasst die Einheit rund 400 Soldaten. Die Kommandosoldaten gliedern sich in drei Task Groups. Das Motto der Einheit ist: Numquam Retro (Niemals zurück). Geführt wird die Einheit aktuell von seinem Kommandant Brigadier Philipp Ségur-Cabanac.

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Logo Jagdkommando, Foto: Bundesheer

Ausrüstung

Über die Ausrüstung ist auch nicht viel bekannt, auch hier halten sich die Spezialkräfte bedeckt. Das Standard-Gewehr ist das Steyr AUG A3 SF (Kaliber 5,56×45 mm) und das Heckler & Koch HK417 (Kaliber 7,62×51 mm), FN Herstal FN P90 (Kaliber 5,7×28 mm) oder die Pistole Glock 17 Gen 5 FDE.

Weiters verfügt das Jagdkommando über Ausrüstung, wie sie auch bei anderen Spezialeinheiten üblich ist, wie z.B. moderne digitale Kommunikationsmittel, Empfänger zur Satellitennavigation, Nachtsichtbrillen und -zielgeräte der neuesten Generation sowie Sonderausrüstung für Fallschirmspringer, Kampftaucher, Personenschützer und Einsätze im Gebirge oder im verbauten Gebiet. Unter anderem wurde auch eine eigene, in Tagesportionen verpackte Verpflegung, eingeführt. Als Fahrzeuge kommen unter anderem das Mercedes-Benz G-Modell oder der Toyota Land Cruiser zum Einsatz. Im April wurde bekannt, dass das Jagdkommando den Defenture GRF als neues Kommandofahrzeug ausgewählt hat. Dieser soll den PUCH G 290/LP Sandviper ersetzen (S&T berichtete).

Für den Auftrag in Österreich sind Defenture und Achleitner aus Österreich eine strategische Partnerschaft für die Lieferung und Serviceunterstützung des leichten taktischen und lufttransportablen GRF eingegangen. Als Partner wird Achleitner im Auftrag und in Zusammenarbeit mit Defenture die lebenslange Wartung und den Service-Support durchführen. Auch im Hinblick auf die Systemintegration und Weiterentwicklung der Konfiguration werden die Kräfte von Defenture und Achleitner gebündelt. Da die Spezialkräfte zu Land, Wasser und in der Luft beweglich sein müssen, kommen entsprechende Boote, Tauchgeräte oder Fallschirme hinzu.

 

Grundstein der Entstehung

Mit der Entsendung von Oberleutnant Manfred Flödl zur Rangerausbildung nach Fort Benning (USA) wurde im Jahre 1961 der Grundstein zur Etablierung der Spezialausbildung im österreichischen Bundesheer gelegt. Besonders Oberst des Generalstabs Karl Lütgendorf setzte sich für die Entwicklung von Konzepten zur Führung von Kleinkriegskräften zur Unterstützung konventioneller Truppen ein“, erklärt Weissenbacher.

In Umsetzung dieser Konzeption wurde 1962 die jährliche Abhaltung von „Kursen für Sonderausbildung“ beschlossen. Im darauffolgenden Jahr wurde Oberleutnant Josef Herzog, ehemaliger Angehöriger der Infanteriekampfschule, von der HSNS als Kurskommandant für den 2. Kurs eingeteilt. Als Ausbildungsoffizier wurde Leutnant Josef Wanetschek, Spitzensportler im Fechten und ebenfalls ehemaliger Angehöriger der Infanteriekampfschule, eingeteilt. Der Kurs wurde erstmals als „Jagdkommandokurs“ bezeichnet.

Der Begriff „Jagdkommando“ stammt aus dem Ersten Weltkrieg, wo auf dem östlichen Kriegsschauplatz kleine selbstständig operierende Kommandos als „Jagdkommandos“ bezeichnet wurden. „Nach der Übernahme des Kommandos der Heeressport- und Nahkampfschule (HSNS) durch Oberst des Generalstabs Robert Lang, der in Personalunion gleichzeitig auch die Agenden des Leiters der Ausbildungsabteilung B (Sonderausbildung) wahrnahm, war das Jagdkommando auch innerhalb des Bundesministeriums für Landesverteidigung entsprechend vertreten“, erklärt Weissenbacher.

Im Herbst 1967 verlegte das Jagdkommando auf Grund eingeschränkter Übungs- und Ausbildungsmöglichkeiten von der Fasangarten-Kaserne nach Hainburg. „Ziel war die Schaffung entsprechender Infrastruktur für die Formierung einer Kompanie. Als Kaserne diente das Schloss Hainburg, eine ehemalige k.u.k. Kadettenschule“, erklärt Weissenbacher. „1978 kamen sie schließlich an, in der Flugfeldkaserne in Wiener Neustadt. Sie wurde das Ausbildungszentrum für künftige Jagdkommandokurse. 1985 wurde das Jagdkommando ein eigener Truppenkörper. Es erfolgte eine Trennung von Leistungssport und der Sonderausbildung im Bundesheer. Als Kommandant des Ausbildungszentrums Jagdkampf wurde Oberstleutnant Manfred Flödl bestellt. Als Garnison wurde die Flugfeldkaserne in Wr. Neustadt zugewiesen. Das blieb bis heute. Nur haben sich die Zeiten verändert.“

Nicht nur, dass sich die Einsätze des Jagdkommandos zunehmend auf internationale Friedenseinsätze konzentrieren, „musste in den letzten Jahren ein schleichender Verlust von körperlicher und mentaler Leistungsfähigkeit in der Gesellschaft festgestellt werden“, erläutert ein Militärpsychologe. Dies hänge zusammen mit dem „modernen“ Lebensstil unserer Wohlstandsgesellschaft. Dieser führe unter anderem dazu, dass die Menschen weniger Kraft und Ausdauer besitzen, weil immer weniger Wege zu Fuß zurückgelegt werden. Weiteres fehle es an Konfliktlösungsverhalten. „Doch genau auf solche Kompetenzen und Fertigkeiten kommt es im Jagdkommando an“, sagt der Militärpsychologe. Das Jagdkommando zählt zu den Spezialeinsatzkräften und ist eine Welt der Leistungselite. Der Dienst als Jagdkommando-Soldat ist abwechslungsreich, herausfordernd, erfüllend und findet in einer Gemeinschaft von Gleichgesinnten statt.

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Foto: Bundesheer

Anforderungen

Wer zum Jagdkommando will, muss u. a. folgende Anforderungen bestehen: 8 km Eilmarsch mit 20 kg Rückengepäck über welliges Gelände in maximal 60 Minuten, 30 m Seilklettern oder 300 m Kleiderschwimmen in maximal 11 Minuten. Das Auswahlverfahren dient dazu, den Anwärter auf seine körperliche Leistungsfähigkeit und psychologische Eignung für die Jagdkommando-Grundausbildung zu überprüfen. Bisher hat erst einmal eine Frau den Jagdkommando-Grundkurs geschafft. „Nach der positiven Absolvierung des Auswahlverfahrens müssen laufend Qualifikationen erbracht und erhalten werden. Die körperliche und mentale Leistungsfähigkeit muss permanent auf einem überdurchschnittlich hohen Level sein – Weiterqualifizieren und Lernen hören niemals auf“, sagt der Militärpsychologe.

Die Weiterentwicklung der europäischen Spezialeinsatzkräfte erfolgt u. a. im Rahmen des European Clothing Action Plans (ECAP) der EU, wo Fragen der Beschaffung von Ausrüstung, Einsatzgrundsätze und gemeinsamer Operationen im EU-Rahmen auf Expertenebene in periodischen Arbeitssitzungen erörtert werden. Auch die Bewertungen der Bundesheerreformkommission zeigen die gestiegene Bedeutung von Spezialeinsatzkräften. Seit 1999 leistet das Jagdkommando fast durchgehend Einsätze und hat sich als ein moderner Einsatzverband etabliert.“

Nicht zuletzt durch diese Leistungen konnte das Jagdkommando der obersten politischen und militärischen Führung den Stellenwert und die Notwendigkeit von Spezialeinsatzkräften vor Augen führen. „Viele Rekruten können eine Spitzenleistung erbringen, die sie eine zeitlang aufrechterhalten können“, sagt der Militärpsychologe. „Wichtig wäre es, diese Spitzenleistung über Jahre hinweg abrufen zu können.“ Das heißt, es soll nicht nur während der Jagdkommando-Ausbildung eine Spitzenleistung erfolgen, sondern der ausgebildete Jagdkommando-Soldat „muss während der gesamten Dienstzeit im Jagdkommando permanent leistungsfähig sein“.

Wer sich für eine Jagdkommando-Ausbildung ernsthaft interessiert und nicht nur einer momentanen Laune nachgibt, der möge sich an das Jagdkommando selbst wenden. Im Gegensatz zu vielen verfügbaren Quellen zur angeblich besten Vorbereitung für das Auswahlverfahren (YouTube Videos, Influencer, etc.) wird er hier adäquat beraten und während seiner Vorbereitungszeit unterstützt. Das nächste Auswahlverfahren beginnt im März 2024.

Der Leitspruch des Jagdkommandos ist „Numquam Retro!“ – Niemals zurück zum Schiff! Dieses Motto geht auf die Payer-Weyprecht-Nordpolexpedition der k. u. k. Kriegsmarine zurück (1872 bis 1874). Am 25. Mai 1874 verließen sie mit den Beibooten die Tegetthoff in der Absicht, niemals zum Schiff zurückzukehren. Diese Expedition ist wegen des extremen Durchhaltevermögens und der Entschlossenheit der Teilnehmer in die Geschichte eingegangen. Weitere Informationen zum Jagdkommando gibt es hier.

Andre Forkert