Die Bundeswehr soll der NATO sieben weitere Brigaden und 40.000 Mann zur Verfügung stellen. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf mehrere Quellen. Bereits im vergangenen Jahr wurde bekannt, dass die Militärführung des Bündnisses die sogenannten Minimum Capability Requirements für die Mitgliedstaaten von insgesamt 82 auf 131 Kampfbrigaden erhöhen will. Seither wurde vermutet, dass fünf bis sieben davon auf Deutschland entfallen werden.
Die Verteidigungsminister der NATO treffen sich in der kommenden Woche, gefolgt vom NATO-Gipfel am 24./25. Juni in Den Haag. Dann werden voraussichtlich offizielle Beschlüsse gefasst. Der Bericht weist allerdings darauf hin, dass die Pläne noch nicht einen möglichen Abzug von US-Truppen aus Europa durch die Regierung von Präsident Donald Trump berücksichtigen. Angesichts der Bedrohung durch Russland müssten die europäischen Bündnispartner zusätzlich auch amerikanische Kräfte ersetzen, die die Trump-Administration der NATO nicht mehr zur Verfügung stellen würde.
NATO dürfte auch mehr Korps und Divisionen fordern
Inwieweit sich die neuen Forderungen oberhalb der Brigadeebene auf die Bundeswehr auswirken werden, ist noch nicht bekannt. Den ursprünglichen Berichten zufolge umfassen diese auch 38 statt 24 Divisions- und 15 statt sechs Korpskommandos im Bündnis. Kürzlich erklärte der Inspekteur des Heeres, Alfons Mais, dass er auch künftig drei Divisionen im Feldheer erwarte, deren nationale Führungsspanne durch zusätzliche Unterstützungs- und Manöverelemente sowie die integrierten niederländischen Fähigkeiten aber deutlich verbreitert werde. Dazu kämen die deutschen Anteile an Korpstruppen für die beiden „Frontline Corps“ in Stettin und Münster.
Grundsätzlich problematisch bleibt die Personalfrage, da der Bundeswehr schon bislang etwa 20.000 aktive Soldatinnen und Soldaten zum gegenwärtig angestrebten Umfang von 203.000 fehlen. Dieser ist zudem bereits unzureichend für die bislang geplante Struktur von neun bis zehn Brigaden, die nach diversen Schätzungen aufwärts von 230.000 Mann erfordern würde. Die Lücke müsste gegenwärtig mit Reservisten geschlossen werden, bei denen ein Umfang von 60.000 angestrebt wird.
Insgesamt sahen Planungen bereits letztes Jahr eine Verteidigungsstärke von 460.000 Mann einschließlich der erhöhten NATO-Forderungen und dem Ausbau der Heimatschutzkräfte auf etwa 100.000 Mann vor. Damit stellt sich weiter die Frage nach einer Reaktivierung der Wehrpflicht, obwohl die Regierungsparteien im Koalitionsvertrag „zunächst“ weiter auf einen freiwilligen Wehrdienst setzen.
Stefan Axel Boes