Italienische Urban Search and Rescue (USAR)-Teams erhalten Such- und Rettungs- Radarkits des israelischen Spezialisten Camero-Tech. Dies gab der Hersteller am Rande der Disasters Expo in Miami, USA am 5. März 2025 bekannt. Camero-Tech aus Israel ist bekannt für seine Sense-Through-Wall-Radarsysteme. Diese ermöglichen die Erkennung und Abbildung von lebenden und statischen Objekten hinter Wänden und Hindernissen und verbessern so die Einsatzmöglichkeiten von Einsatzkräften.
Vor rund 20 Jahren begann der Gründer und CEO von Camero-Tech, Amir Beeri, mit der Entwicklung entsprechender Systeme im Bereich der pulsgestützten UWB-Mikropower-Radargeräten für die „Durch-Wand-Bildgebung“. Beeri sagt dazu: „Es geht hier nur um reine Wissenschaft und Physik.“ Bisher lag der Fokus und die Nutzung vor allem im Bereich Militär und Polizei, insbesondere bei Zugriffen und Geiselbefreiungsmissionen. Seit einiger Zeit konzentriert sich Camero-Tech mehr auf den Bereich der zivilen und behördlichen Rettungskräfte.
Suche ohne Verschnaufpause
Jetzt erhalten auch Italiens städtische Such- und Rettungsteams (USAR) die Such- und Rettungskits. Der Einsatz der Xaver-Systeme von Camero-Tech wird die Fähigkeit der Rettungskräfte, Überlebende in Katastrophengebieten aufzuspüren und zu lokalisieren, erheblich verbessern. Diese Systeme und ihre Fähigkeiten sind ergänzend zu bereits vorhandenen Möglichkeiten (Suchhunde, akustische Sensoren, Video-Scopes, etc.) zu sehen. Die Radargeräte sind aber in vielen Situationen weniger limitiert.
So brauchen die Suchhunde regelmäßig eine Pause und werden erschöpft bei der Suche. Die Camero-Systeme können fast 24/7 bei der Suche eingesetzt werden. Und sie benötigen keinen Spalt wie andere Sensoren, sie schauen durch Hindernisse einfach hindurch. Sogar durch mehrere Schichten – auch von Beton. Und sie können nicht nur sehen, ob da jemand ist, sondern auch wo und wie die Umgebungsstrukturen aussehen. Gerade der Faktor Zeit spielt eine enorm wichtige Rolle bei der Suche nach gefangenen oder verschüttetet Personen. Hier können die Systeme ihre Stärke ausspielen. Welche Bedeutung dies hat, verdeutlicht eventuell diese Zahl: im 20. Jahrhundert starben durch Erdbeben alleine rund 200.000 Menschen.
Aber die Systeme helfen nicht nur nach Erdbeben, sondern auch bei Hauseinstürzen, Explosionen, Terroranschlägen, oder bei der Landes- und Bündnisverteidigung (LV/BV). Die Ukraine zeigt leider gerade allzu deutlich was LV/BV auch für die Rettungskräfte bedeutet. Die Angriffe auf zivile Infrastruktur heißt immer rasche Suche nach Verschütteten, meist unter Zeitdruck – um die Überlebenschancen zu erhöhen, aber auch weil der nächste Artillerie- oder Drohnenangriff die Rettungskräfte während ihrer Missionen gefährdet.
Komplettpaket für die Radarsuche
Das Such- und Rettungspaket von Camero-Tech umfasst jeweils:
- Zwei Xaver 100 – ein ultraportabler tragbarer Detektor, der erste und zuverlässige Informationen über die Anwesenheit von lebenden Personen liefert.
- Ein Xaver 400 – ein kompaktes radargestütztes System, das Echtzeitbilder von lebenden und statischen Objekten und deren Standorten liefert.
- Xavernet – Ein Panasonic ToughPad, das die gleichzeitige Überwachung und Bedienung von bis zu vier Xaver-Systeme ermöglicht, was eine bessere Koordination bei Rettungseinsätzen erlaubt.

Das Search & Rescue Kit von Camero-Tech ist leicht, schnell einsatzbereit und in einem speziellen orangen Rucksack verpackt, so dass es bei der Ankunft am Katastrophenort schnell und effizient eingesetzt werden kann. Die Ausrüstung ermöglicht es den Einsatzkräften, in gefährlichen Umgebungen zu arbeiten, Überlebende in tiefen Hohlräumen zu lokalisieren und lebensrettende Maßnahmen mit größerer Präzision und Zuversicht durchzuführen. Neben dem Rucksack ist auch eine Hardbox verfügbar, die den Rucksack aufnimmt und ihn so bei Lagerung und Transport schützt. Neben den XAVER-Systemen beinhaltet das Kit auch Zubehör wie Mono- und Tripods, Ersatzakkus, Kabel, etc.
„Wir sind stolz darauf, Italiens städtische Such- und Rettungsteams mit unserer hochmodernen Radartechnologie zu unterstützen“, sagte Amir Beeri, CEO von Camero-Tech. „Die Fähigkeit, Überlebende in eingestürzten Gebäuden aufzuspüren, ist für Rettungseinsätze entscheidend, und unsere Xaver-Radarsysteme haben ihre lebensrettenden Fähigkeiten bereits in Katastrophengebieten weltweit unter Beweis gestellt. Der Einsatz in Italien ist ein weiterer Schritt in unserem Engagement, die Effektivität von Ersthelfern bei Such- und Rettungseinsätzen zu verbessern.“
Xaver 100
Das Xaver 100 ist ein tragbares radarbasiertes Personensuchgerät und zweimal im Kit vorhanden. Es liefert Militär, Strafverfolgungsbehörden, Suchmannschaften und Rettungsteams erfolgsentscheidende Echtzeitinformationen über die Anwesenheit von Lebewesen und deren Entfernung hinter Mauern und Wänden und ermöglicht so eine bessere taktische Entscheidungsfindung in verschiedenen Einsatzszenarien, wie zum Beispiel:
- Taktisches Eindringen/Sturmangriff – warnt Einsatzkräfte vor möglichen Bedrohungen
- Geiselbefreiung – schnelles Erfassen besetzter Räume
- Suche und Rettung – effektive Erkennung von gefangenen, verschütteten oder verletzten Personen
- Breaching – den Zugang effizient und sicher planen
- Truppensicherheit – Öffnet ein „virtuelles Fenster“ zur Erkennung sich nähernder externer Bedrohungen
- Bietet einen klaren operativen Vorteil durch die sichere Voraberkundung unbekannten Terrains.
Es nutzt einen Ultrabreitband-Pulsradarsensor und ermöglicht so die zuverlässige Erkennung und Objektauflösung. Patentierte Bildrekonstruktionsalgorithmen gewährleisten auch in komplexen baulichen Umgebungen ein qualitativ hochwertiges und intuitiv interpretierbares Bild. Die einfache Bedienung und die kompakte Bauweise sind zentrale Merkmale des Designs. Der Xaver 100 kann mit einem optionalen internen Wireless-Modul für vollständige Fernüberwachung und -steuerung ausgestattet werden.

Xaver 100 ist ein Handheldgerät mit kompaktem Maßen. Es ist laut Hersteller extrem einfach zu bedienen und bietet eine Benutzeroberfläche für eine klare und sofortige Interpretation. Dabei zeigt diese die Zielobjekte, deren Bewegungsrichtung und Entfernung an. Die Erfassungsreichweite liegt bei bis zu 20 Meter, wobei Erfassungsbereiche von vier, acht und 20 Metern angezeigt werden. Das System erlaubt innerhalb der Erfassungsreichweite einen autonomen Betrieb und entspricht MIL-STD-810F.
Das Sichtfeld beträgt 120 Grad. Das Gerät arbeitet in einem Frequenzbereich von drei bis zehn GHz und kann Zement, Gips, Ziegel, Beton, Stahlbeton, Lehm, Stuck, Trockenbauwände und viele andere Standardbaustoffe durchdringen. Es kann über Stromkabel oder mobil über vier 123-Batterien (oder zweimal AA) versorgt werden, wiegt 660 Gramm inklusive Batterien und kann mit diesen für bis zu 3,5 Stunden operieren.
Xaver 400
Xaver 400 ist das nächstgrößere System. Es kann die Lebewesen in einem Raum, die Anzahl von Personen und deren Position innerhalb eines Raumes besser und detaillierter anzeigen. Zudem kann es die Bewegungsmuster von Zielpersonen tracken. Und es dient der Erkundung von Grundrissen und Dimensionen von Räumen sowie die Lokalisierung von Infrastrukturelementen.
Der Auflösungsbereich liegt unter fünf Zentimetern, die Fähigkeit des Radars, mehrere Objekte zu unterscheiden unter 50 Zentimetern auf acht Meter Entfernung. Objekterkennung. Die Erkennungsreichweite ist identisch mit Xaver 100, aber das größere Gerät ermöglicht innerhalb der Erfassungsreichweite Operationen aus der Distanz, muss also nicht direkt an einem Hindernis aufliegen. Das Gerät wiegt 3,2 Kilogramm inklusive Akkus/Batterien.
XaverNet
Das XaverNet-System ist ein Panasonic ToughPad FZM1 mit Windows-Betriebssystem zur drahtlosen Fernbedienung der Systeme Xaver 100 und Xaver 400. Es erlaubt, visuelle Daten in Echtzeit zu empfangen und bis zu vier Xaver Systeme gleichzeitig vollständig fernzusteuern. XaverNet besteht neben dem ToughPad aus einem drahtlosen USB-Empfänger und der firmeneigenen Software. Diese Software-Anwendung kann auch auf anderen windowsbasierten Plattformen eingesetzt werden.
Bei Verwendung des XaverNet kann der Benutzer Xaver-Systeme aus einer Entfernung von bis zu 200 Metern mit Sichtkontakt steuern und zwischen den Systemen hin und herschalten, ohne sich in die Gefahrenzone begeben zu müssen, was für Einsatzkräfte einen hohen Sicherheitsgewinn bedeutet. Es bietet die Anzeige von Echtzeitinformationen auf einem Bedienfeld und erlaubt die Erkundung großer Gebiete durch die gleichzeitige Nutzung vernetzter Xaver-Systeme, die unterschiedliche Blickwinkel erfassen.

Dadurch erlangt das Einsatzteam eine optimierte Entscheidungsfindung. Und es ermöglicht den Einsatz in „Todeszonen“ und „Hochrisikogebieten“ durch die Installation von Xaver-Systemen auf unbemannten Fahrzeugen. Dies erlaubt Abstand zum Gefahrenherd, wenn dieser zum Beispiel noch brennt, kontaminiert oder einsturzgefährdet ist. Zudem erlaubt es die Erkundung unzugänglicher Bereiche, wie etwa höher gelegener Etagen. Durch die Aufzeichnungsmöglichkeit können Operationen im Nachhinein besprochen und analysiert werden. Optional ist ein taktisches Gehäuse erhältlich. Das ToughPad wiegt 0,54 Kilogramm und bietet eine Akku-Laufzeit von bis zu acht Stunden.
Training
In Europa wurde das Kit erstmals anlässlich der Desasters Expo Europe im Mai 2024 in Frankfurt am Main vorgestellt. Jetzt folgte in Miami die zweite Veranstaltung. Im Mai 2025 will man erneut in Frankfurt mit von der Partie sein. Kürzlich wurde eine Schulung der Sense-Through-Wall-Systeme von Camero-Tech in der regionalen Feuerwehrzentrale in Rom durchgeführt. Es war die erste dieser Art und stand unter dem Motto „Train the trainers“. Diese kehren nun in ihre Heimatstützpunkt zurück und können dort als Multiplikatoren aktiv werden. Die genaue Anzahl der bestellten Systeme wurde nicht bekannt gegeben, aber es soll insgesamt eine große Anzahl der Kits beschafft werden, um damit querschnittlich alle Rettungskräfte in Italien auszustatten.
Während der Schulung wurden USAR-Teams aus mehreren Regionen in der Anwendung der Technologie in realen Katastrophenszenarien unterwiesen. Die Systeme spürten tatsächlich lebende Personen auf, die hinter Wänden und unter Trümmern eingeschlossen waren, und bewiesen damit ihre überragende Genauigkeit und Zuverlässigkeit bei Such- und Rettungseinsätzen. Die Ergebnisse bestätigten, dass die fortschrittliche Radartechnologie von Camero-Tech die Reaktionszeiten und die betriebliche Effizienz erheblich verbessert und somit ein unschätzbares Werkzeug für die Ersthelfer darstellt.
Neue Einsatzkonzepte erforderlich
Aber es geht nicht nur um die Ausbildung und Einführung der Systeme, sondern um die Entwicklung ganz neuer CONOPS (Concept of Operations) für die Rettungskräfte. Den Operateuren müssen daher nicht nur die technischen Aspekte vermittelt werden, sondern auch die Bilder im Kopf entstehen, welche Optionen die neuen Fähigkeiten im Einsatz nun mit sich bringen. Denn die CONOPS sind gänzlich anders als beim Einsatz in den Reichen von Militär und Polizei, auch wenn die Technologie identisch ist.

Was das bedeutet zeigen zwei Beispiele aus der Vergangenheit. Während das Rescue-Kit im Grunde neu ist, wurde die Technologie bereits mehrfach bei Rettungsoperationen eingesetzt – so 2017 nach einem Erdbeben in Mexiko und 2023 nach dem großen Erdbeben in der Türkei. Die Xaver-Systeme dort waren im Besitz des jeweiligen Militärs und wurden im Rahmen der Katastrophenhilfe den Rettungskräften überlassen. Sie haben damals ganz konkret Leben gerettet.
Ergänzung durch weitere Sensoren
Nicht Teil des Kits, aber eine sinnvolle Ergänzung, sind die „Long Range Sensoren“ von Camero-Tech. So bietet Camero-Tech die Systeme XLR40 (Xaver Long Range) und XLR80 an. XLR40 detektiert dabei lebende Objekte durch Wände hindurch bis zu 50 Meter Entfernung und mehr. Das für Einsätze in Städten und auf dem Land optimierte System sammelt einsatzkritische Echtzeit-Informationen über Lebewesen, die hinter Mauern versteckt sind, während es in sicherer Entfernung aufgestellt wird. XLR80 ermöglicht die Erkennung durch Mauern hindurch in einer Entfernung von mehr als 100 Metern.
Durch die Abstandsfähigkeit schützt es die Einsatzkräfte oder ermöglicht Einsatz auch in Gefahrenzonen, die noch nicht betreten werden können – weil Löschvorgang noch nicht abgeschlossen, oder einsturzgefährdet. Die Xaver-Radarsysteme sind laut Hersteller absolut strahlungssicher und entsprechen den internationalen Standards für die Exposition von Menschen.
André Forkert