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Fernspähkompanie 1 in Schwarzenborn aufgestellt

Waldemar Geiger und Jan-Phillipp Weisswange

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Mit der heutigen Aufstellung der selbständigen „Fernspähkompanie 1“ im hessischen Schwarzenborn verfügt das Heer nach nunmehr siebeneinhalb Jahren wieder über eine speziell auf die Schlüsselfähigkeit Fernspähwesen fokussierte Einheit. Die Fernspähkompanie 1 wird der Division Schnelle Kräfte unmittelbar unterstellt.

Fernspäher gelten als „menschliche Hochwertsensoren“. Wenn sie gemäß ihren Einsatzgrundsätzen geführt und ebenengerecht eingesetzt werden, sind sie in der Lage, Aufklärungsergebnisse hochflexibel, in schwierigem Gelände, in allen Klimazonen, über mehrere Tage, auch in bedrohlichen Lagen, autark und unerkannt zu gewinnen. Weiterhin können sie Aufklärungsergebnisse anderer Informationsjäger verifizieren, ergänzen oder erheblich verfeinern.

Bis 1996 gab es drei Fernspähkompanien in der Bundeswehr – eine pro Heereskorps. Ab 1996 war die Fernspählehrkompanie 200 (Weingarten, später Pfullendorf) Träger der Fernspähfähigkeit. Aus den beiden anderen Fernspähkompanien 100 (erst Braunschweig, dann Celle) und 300 (Fritzlar) rekrutierte sich ein großer Teil der dem KSK zugehörigen Fernspähkommandokompanie. Diese gliederte sich allerdings zur 4. Kommandokompanie um. Die seinerzeit neu aufgestellte Spezialkommandokompanie führt unter anderem Kräfte für die optronische Spezialaufklärung.

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Nach der Auflösung der Fernspählehrkompanie 200 im Jahr 2015 ging die eigenständige Fernspähfähigkeit in der Bundeswehr verloren. In den beiden Luftlandeaufklärungskompanien 260 und 310 gibt es derzeit jeweils noch zwei Fernspähzüge. Mit der Rückbesinnung auf die Landes- und Bündnisverteidigung erkannte man jedoch, dass diese auf zwei Einheiten verteilten Kräfte künftig nicht ausreichen. Der Aufklärungsbedarf auf Korpsebene im Rahmen der Landes- und Bündnisverteidigung ist ein anderer als der eines Auslandseinsatzkontingentes. Als Reaktion auf die Annexion der Krim durch Russland 2014 hat das Heer in mehreren Stufen untersucht, in welcher Art und Weise die Fähigkeit des Fernspähwesens am besten erhalten und weiterentwickelt werden kann. Neben Änderungen in der Ausbildung wurde unter anderem auch beschlossen die Kräfte wieder in einer Einheit zu bündeln. Im Februar 2022 wurde der Vorschlag des Heers der Aufstellung einer selbstständigen Fernspähkompanie in Schwarzenborn durch die damalige Bundesministerin der Verteidigung Christine Lambrecht gebilligt.

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„Die Fernspähkompanie 1 ist mehr als die Zusammenfassung der vier vorhandenen Fernspähzüge. Signifikante Fähigkeitsgewinne sind durch die Abbildung neuer Elemente zu erwarten. Dazu zählen neben der Kompanieführung ein Air Liaison Element, der Trupp zur vertikalen Verbringung und die Ausbringung von Schlüsselpersonal für Sicherheitsstandards, Luftumschlag und Instandsetzung“, schreibt ein mit dem Fernspähwesen vertrauter Fachautor des Amtes für Heeresentwicklung über die Zusammenfassung der Fernspähkräfte in einer Kompanie. „Durch die Abbildung einer Kompanieführung und den zusätzlichen Fähigkeiten in den Fernspähzügen sind damit sowohl der abgesetzte Einsatz der Fernspähzüge bei gleichzeitiger Dislozierung der Kompanieführung auf der höchsten vorhandenen taktischen Führungsebene als auch der geschlossene Grundbetrieb der Fernspähkompanie durchhaltefähig sichergestellt“.

Fernspähwesen

Fernspähkräfte können völlig unabhängig von Plattformen oder Sensorträgern wie Spähpanzern oder Aufklärungsdrohnen ihre Aufklärungsergebnisse gewinnen. Klassischerweise erfüllen sie folgende Aufträge: Sie gewinnen Schlüsselinformationen für die taktische, operative und strategische Führungsebene durch Fernspähaufklärung.  Sie leisten Beiträge zur Raum- und Lageaufklärung. Sie führen Personen-, Objekt- und Zielaufklärung durch und sie leisten Wirkungsaufklärung, also beispielsweise, bis zu welchem Grade ein aus der Luft angegriffenes strategisches Ziel zerstört wurde.

Alle diese Aufträge können sie in jeder Klimazone, auch in urbanem oder schwierigem Gelände und in bedrohlichen Lagen über mehrere Tage auf sich alleine gestellt durchführen. Gerade der urbane Raum gilt als besondere Herausforderung für Aufklärungskräfte, da hier unerkannte Bewegungen besonders schwierig sind.

Zu den besonderen Fähigkeiten von Fernspäh- und Spezialaufklärungskräften gehört die Optronische Spezialaufklärung (OSA). Hier fertigen die Soldaten Stand- und Bewegtbilder in Zieldatenqualität bei Tag und eingeschränkter Sicht an und übertragen die Daten in Echtzeit. Die so gewonnenen Aufklärungsergebnisse dienen insbesondere zur Verifikation von Aufklärungsergebnissen anderer Aufklärungsträger oder zur positiven Identifikation gesuchter Personen.

Weitere Einzelheiten zu den Fernspähkräften finden sich im folgenden Fachbeitrag: Die Fernspähkräfte des Heeres

Waldemar Geiger und Jan-Phillipp Weisswange