StartMobilitätSpecial Operations Air Task Unit – Rotary Wing: Spezialkräfte-Hubschrauber für die Marine?

Special Operations Air Task Unit – Rotary Wing: Spezialkräfte-Hubschrauber für die Marine?

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Da die Bundesrepublik Deutschland der NATO eine Special Operations Air Task Unit – Rotary Wing (Maritime) (SOATU – RW (M)) zugesagt hat, wurde jüngst für das Vorhaben MH-SOF (Marinehubschrauber für Spezialoperationen) ein Integriertes Projektteam (IPT) aufgestellt. Dem Vernehmen nach müsste ein Bedarf von sieben speziell für die Anforderungen der Spezialkräfte im maritimen Bereich geeigneten Hubschraubern gedeckt werden. Die benötigte Anzahl ergibt sich aus der NATO-Quantifizierung einer Special Operations Air Task Unit – Rotary Wing mit zwei bis sechs Hubschraubern und dem dazugehörigen Personal.

Forderungen an den MH-SOF

Einem Vortrag eines Bundeswehrvertreters auf dem 31. Internationalen Hubschrauberforum in Bückeburg (03.-04. Juli 2019) nach sind die Forderungen an solch einen Hubschrauber ausformuliert. Das Modell muss einschiffungsfähig sein,  eine Bewaffnung, Fast Roping und Rapelling ermöglichen sowie über ein Radar für die Ortung von Schiffen verfügen. Für einen maritimen Betrieb werden ein decklandefähiges Fahrwerk sowie entsprechende Arretierungen benötigt.

Der Hubschrauber muss die dauerhafte und uneingeschränkte Operationsfähigkeit der Spezialkräfte unterstützen und sicherstellen können. Als Kernkompetenzen der SOATU RW (M) werden gefordert: Verbringung/Opposed Boarding, Maritime Interdiction Operation (MIO), Einsatzunterstützung, Ausfliegen von Personal sowie HRO (Hostage Release Operation). Opposed Boarding ist das Absetzen von Spezialkräften auf ein Schiff/Boot auch gegen den Widerstand der Besatzung. Dazu wird von einer SOATU RW (M) gefordert bis zu 16 Spezialkräftesoldaten samt Ausrüstung aufnehmen zu können oder bis 2.000 kg Nutzlast transportieren zu können. Sollte die SOATU RW aus zwei Hubschraubern gebildet wergen ergäbe sich ein Transportbedarf von mindestens acht vollausgerüsteten Spezialkräftesoldaten bzw. einer Tonne Nutzlast pro Hubschrauber. Der potentielle Einsatzraum wird mit zwei Stunden Flugzeit oder einem Radius von 100 Seemeilen (hin und zurück) angegeben.

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Wie herausfordernd maritime Landungen sein können, sieht man bei dieser Decklandung eines Sea Lynx auf dem Patrouillenschiff Ejnar Mikkelsen der Königlich Dänischen Marine bei rauer See im Nordatlantik. (Video: Prism Defence)

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Bei der Auswahl des möglichen Hubschraubers möchte die Bundeswehr dem Vernehmen nach den Familiengedanken berücksichtigen, um technische und logistische Vorteile der zukünftigen Marine-Hubschrauberflotte nutzen zu können. Nach derzeitigem Sachstand wird die Marine in Zukunft mindestens zwei Muster betreiben. Als Nachfolger für den Sea King wurde der Sea Lion von Airbus Helicopters ausgewählt.

Ob der Sea Lion für die Aufgabe als Spezialkräftehubschrauber geeignet ist, ist fraglich. Der Sea Lion erfüllt die Forderungen an Reichweite, Transportkapazität und Decklandefähigkeit/Einschiffbarkeit. Die eingeschränkte Bodenfreiheit des Hubschraubers, verursacht durch das maritime 360-Grad-Radar und den im Bug aufgehängten, drehbaren Sensorbehälter, stellt einen Nachteil dar. Dieses könnte ein Risiko bei Operationen von See an Land darstellen und mögliche Behinderungen, wenn eine Anlandung auf unebenem Untergrund notwendig wäre, verursachen.

Für den Sea Tiger, den Nachfolger des Sea Lynx, wird eine Auswahlentscheidung in Kürze erwartet. Folgende potentielle Nachfolger stehen zur Auswahl:

  • MH-60R Seahawk von Sikorsky (Lockheed Martin)
  • NH90 NFH (Naval Frigate Helicopter) von Airbus Helicopters
  • AW159 von Leonardo

Stand heute nutzt das Kommando Spezialkräfte Marine neben Sea King und Sea Lynx der Marine bei Bedarf auch die H145M der Luftwaffe. (Video: Bundeswehr)

Offene Planungskategorien

Nach der Definition der Forderungen an einen potentiellen Hubschrauber steht dem Vortrag nach jetzt die Definition der Planungskategorien Personal, Organisation, Infrastruktur und Ausbildung noch aus.

Sowohl die Schaffung zusätzlicher Dienstposten, als auch deren Befüllung mit qualifiziertem Personal stellen erfahrungsgemäß hohe Hürden an die Streitkräfte dar. Mögliche Prüfpunkte könnten zum Beispiel sein, ob das fliegerische Personal für diese SOATU RW (M) zwingend von der Marine gestellt werden müsste bzw. wo dieses Personal organisatorisch am zweckmäßigsten unterstellt werden könnte. Sollte der Auftrag an die Marine ergehen, wäre zu prüfen, ob das dafür vorgesehene Marinefliegerpersonal ebenfalls den Spezialkräftestatus, ähnlich den Piloten der H145M LUH SOF (Light Utility Helicopter Special Operations Forces) der Luftwaffe, bräuchte. Dem Vernehmen nach soll die Prüfung dieser offenen Fragen 2020 abgeschlossen werden.

André Forkert