Die Bundeswehr beabsichtigt, einen Teil der seit 1989 genutzten Pionierpanzer 2A1 Dachs durch neue Systeme zu ersetzen. Die dafür notwendigen Haushaltsmittel wurden am heutigen Mittwoch nach Behandlung der so genannten 25-Mio-Vorlage „Herstellung und Lieferung gepanzerter Pioniermaschinen“ durch die entsprechenden Bundestagsausschüsse für Haushalt und Verteidigung gebilligt. Dies erfuhr Soldat & Technik aus gut informierten Kreisen.
Die Bundeswehr beabsichtigt, 44 der „gepanzerten Pioniermaschinen“ des Typs Pionierpanzer 3 Kodiak zu beschaffen, eine entsprechende Vertragsschließung über Herstellung und Lieferung der Systeme kann nun in Kürze mit dem Hersteller Rheinmetall erwartet werden. Dafür werden seitens der Bundeswehr 44 Leopard 2A4 Fahrgestelle bereitgestellt. Die Wanne bringt den notwendigen Grundschutz gegen Beschuss, Splitter und Minen und wird nach Entfernen des Turms im vorderen Teil so ausgebaut, dass eine geschützte Kabine für die Bediener, zusätzliche Geräte und Ausrüstung entsteht. Das MTU-Triebwerk im Heck leistet 1.100 kW. Die Antriebsleistung wird über ein elektrohydraulisches Renk-Getriebe auf die Ketten geleitet. Das Paket ermöglicht eine Höchstgeschwindigkeit von 68 km/h (auf festem Untergrund). Das Laufwerk ist weitgehend mit den in der Bundeswehr und anderswo verwendeten Kampfpanzern Leopard 2 aller Versionen identisch. Damit kann das logistische System der Leopard 2-Familienfahrzeuge maximal genutzt werden.
Der ursprüngliche Zeitplan sah vor dass, die Vertragsschließung noch Ende 2020 erreicht werden würde. Bis 2023 sollten dann Anpassungsentwicklung und Produktion zweier Nachweismuster erfolgen. Die integrierte Nachweisführung sowie Genehmigung zur Nutzung sollten dann bis 2025 erreicht werden. Der Zulauf der Fahrzeuge in der Truppe war ab beginnend 2026 vorgesehen.
Neben dem Kodiak von Rheinmetall war auch der WiSENT 2 von FFG mit im Rennen, auch dieser basiert auf einem Leopard 2 Fahrgestell.
Pionierpanzer 3 Kodiak
Unter Verwendung des Leopard-2-Fahrgestells hat Rheinmetall in der Geschäftseinheit Rheinmetall Landsysteme eine Familie von Unterstützungspanzern realisiert, zu der neben dem Kodiak der in insgesamt acht Ländern eingeführte Bergepanzer Büffel gehört. Über das gemeinsame Fahrgestell hinaus sind in den Unterstützungspanzern zahlreiche gleiche Komponenten im Einsatz. Mit MLC 70 und Fahrwerkskomponenten auf Basis von MLC 80 ist der Kodiak ein vergleichsweise leichtes System und bietet genügend Potenzial für zukünftige Leistungsupgrades unter Beachtung einer MLC 80.
Seit 2002 hat Rheinmetall zusammen mit RUAG und in enger Zusammenarbeit mit der Schweizer Armee den Pionierpanzer 3 Kodiak speziell nach die Anforderungen der Pioniertruppe entwickelt. Im Mittelpunkt stehen das verstellbare Planier- und Räumschild, der Knickarmbagger in der Mitte der Fahrzeugfront und die Doppelwindenanlage. Der Kodiak kann aus sicherer Entfernung ferngesteuert gefahren und eingesetzt werden.
Das 1,11 Meter hohe Räumschild mit hydraulischer Schnitt- und Neigungswinkel- sowie Höhenverstellung kann von 3,42 m auf 4,30 m verbreitert werden. Reißzähne zum Aufbrechen harter Oberflächen sind am Räumschild angebracht. Der zweigelenkige Knickarmbagger mit standardmäßigem Tieflöffel (1 m³) ist mittig an der Fahrzeugfront angebracht (Mittelarmkonzept). Damit kann der Bediener mit dem Bagger zu beiden Seiten gleichermaßen bei maximalem Schutz arbeiten. Über eine hydraulisch betätigte Schnellkupplung mit Hydraulikanschlüssen für verschiedene Baggerwerkzeuge wie Universalgreifer, Hydraulikhammer und Betonschere können die Werkzeuge unter Panzerschutz getauscht werden. Auf dem Heckträger kann das Fahrzeug bis zu zwei zusätzliche Baggerwerkzeuge transportieren. Bei voller Reichweite von neun Metern kann der Arm bis zu 3,5 Tonnen heben.
Die von einer digitalen Steuereinheit kontrollierte Hydraulikeinheit wird mit einer Axialkolbenpumpe, die am Nebenabtrieb des Hauptmotors angeflanscht ist, betrieben. Die Axialkolbenpumpe läuft im Leerlauf sehr verlustarm. In einer Doppelwindenanlage können zwei gleichartige Winden gemeinsam oder unabhängig voneinander eingesetzt werden. Die gemeinsame Nutzung der Winden erlaubt Zugarbeiten mit hoher Präzision. Die konstante Zugkraft von maximal neun Tonnen pro Winde kann bei Bedarf mit Umlenkrollen auf 64 t verstärkt werden.
Ein Sichtkonzept unterstützt die Bedienung, in dem Winkelspiegel und bis zu sechs Videokameras die Überwachung der Werkzeuge im Einsatz ermöglichen. Die Besatzungsmitglieder können die Kamerabilder unabhängig voneinander beobachten und so wesentliche Arbeiten durchführen, ohne die geschützte Kabine verlassen zu müssen. Die Kamerabilder ermöglichen auch die oben angesprochene Fernsteuerung. Der Kodiak erfüllt die aktuellen Sicherheitsanforderungen nach MilStd 882 inkl. IEC 61508.
Der qualifizierte Schutz kann bedarfsgerecht ergänzt werden, z.B. durch einen Bombletschutz, AoA, Slat-Panzerung, Schutz gegen Hohlladungsbedrohungen sowie eine Minenschutzplatte. Zudem ist die Besatzung in der Kabine durch die kombinierte Schutzbelüftungs- und Klimaanlage gegen ABC-Kampfmittel geschützt. Dem Selbstschutz dienen Mehrzweckwerfer mit Nebel- und Sprenggranaten sowie eine optionale fernbedienbare Waffenstation.
Bei Bedarf kann das Räumschild gegen einen Minenpflug mit Minengassenmarkiersystem LMS von Pearson ausgetauscht werden. Eine Schnittstelle zu dem Minenstörsystem Demeter-2 ist vorhanden. Optional lässt sich zudem das Minengassensprengsystem PMBS Plofadder einrüsten. Sämtliche Wechselwerkzeuge oder Minenräumsysteme lassen sich auf Multi-Hakenlift-Wechselpaletten verlasten.
Pionierpanzer 3 Kodiak sind aktuell in der Schweiz, den Niederlanden – mit denen Deutschland seit Jahren eine intensive Kooperation pflegt – und Schweden sowie einem asiatischen Staat in Nutzung.