Heeresinspekteur Generalleutnant Alfons Mais hat im Rahmen seiner Teilnahme an der multinationalen Übung Talisman Sabre 2023 stattfindende Australienreise auch zu einem Besuch des Military Vehicle Centre of Excellence genutzt, wo die künftige Fertigung der sogenannten Schweren Waffenträger Infanterie erfolgen soll.
Vor der Übung #TalismanSabre2023 haben @Inspekteur_Heer und Vizeadmiral Stawitzki die zukünftige Produktionsstätte des Schweren Waffenträger Infanterie besucht. Mehr als 100 Stück auf Grundlage des #Heer #GTKBoxer sollen im Rheinmetall-Fabrik in Australien gebaut werden. pic.twitter.com/7I0k6XbRmj
— Heer (@Deutsches_Heer) July 18, 2023
Die Bundeswehr plant für die direkte taktische Feuerunterstützung der deutschen Infanterieverbände über 100 sogenannter Schwerer Waffenträgern Infanterie – dabei handelt es sich um Boxer mit einem bemannten 30-mm-Maschinenkanonenturm – zu beschaffen. Das australische Combat Reconnaissance Vehicle (CRV) bildet die Basis für den Schweren Waffenträger. „Wir setzen auf die an deutsche Maßstäbe angepasste Version des CRV Recon II, die für uns den Einstieg in die operativ wichtige Kategorie der Mittleren Kräfte zeitgerecht sicherstellt“, wird Mais in einer Mitteilung des Heeres zitiert. Die ersten Fahrzeuge sollen dem Heer eigenen Angaben nach ab 2025 zulaufen. Die Finanzierung des Projektes soll über das Sondervermögen Bundeswehr erfolgen.
Der Besuch der australischen Niederlassung des deutschen Rüstungskonzerns Rheinmetall erfolgte gemeinsam mit dem Abteilungsleiter Ausrüstung im Bundesministerium der Verteidigung, Vizeadmiral Carsten Stawitzki. Nach Angaben des Heeres machte sich der Inspekteur dort „ein Bild von der Produktion des Gepanzerten Transport-Kraftfahrzeugs (GTK) Boxer“.
„Zeitenwende und Bündnisverpflichtungen im gesamten Aufgabenspektrum von Landstreit-kräften erfordern eine möglichst große Breite im Fähigkeitsspektrum des Heeres. Materielle Lösungen, die sich bei Bündnispartnern bereits bewähren oder in der Entwicklung sind und die wesentlichsten Forderungen des Deutschen Heeres erfüllen, sind dabei von großem Interesse. Das neue Waffensystem des Schweren Waffenträger Infanterie spielt dabei eine wesentliche Rolle. Es ist hochmobil und durchsetzungsstark. Nicht nur im hochintensiven Gefecht, auch bei multinationalen Stabilisierungsoperationen und im internationalen Krisenmanagement kann es wirkungsvoll eingesetzt werden“, heißt es in der Mitteilung des Heeres weiter.
Zusammen mit den leichten, luftbeweglichen Kräften (Anteile der Infanterie) sowie den schweren, durchsetzungsfähigen Kräften (Panzergrenadier- und Panzertruppe) sollen die mittleren, selbstverlegefähigen Kräfte das zukünftige Fähigkeitsspektrum des Heeres bilden. Der Kern dieser Kräfte wird durch die Jägertruppe gestellt, welche nach Ansicht des Heeres mit den Schweren Waffenträgern Infanterie, die die rund 30 Jahre alten Wiesel MK und Wiesel TOW/MELLS ersetzen sollen, deutlich mehr Durchsetzungsfähigkeit im Gefecht erhalten soll. Jedes Bataillon soll in einem ersten Schritt zwölf dieser Kampffahrzeuge – vier pro Zug – erhalten, deren Beschaffung den Kernbaustein für die Aufstellung der neuen Kräftekategorie darstellt. Gemäß dem Konzept Mittlere Kräfte ist es jedoch angedacht auch die schweren Züge der Kampfkompanien sowie die Kompanieführung der schweren Kompanie mit dem Schweren Waffenträger auszustatten. Ein Jägerbataillon würde dann über 26 dieser Fahrzeuge verfügen. Jeweils vier in den drei Kampfkompanien organisch vorhandene Schwere Waffenträger für die direkte taktische Feuerunterstützung sowie 14 Waffenträger in der schweren Kompanie, die entweder die Kampfkompanien verstärken oder ein eigenes Manöverelement bilden können.
Ein entsprechendes Grundsatzabkommen für die angedachte Beschaffung des Gefechtsfahrzeuges aus australischer Fertigung wurde zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz am Rande des Besuches des australischen Premierminister Anthony Albanese am 10. Juli 2023 vereinbart. Es basiert auf der Zusammenarbeitserklärung, die der Parlamentarische Staatssekretär Hitschler am 23. März 2023 in Australien gezeichnet hat, S&T berichtete.
Schwerer Waffenträger Infanterie
Der Schwere Waffenträger Infanterie basiert auf dem CRV-Boxer Block II, welcher über ein Fahrmodul verfügt, welches derzeit noch nicht in der Bundeswehr eingeführt ist. In der Bundeswehr wurden die Boxer in der Ursprungsversion (A0) mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 36,5 Tonnen und einem 530 kW MTU-Dieselmotor (MTU 8V 199 TE 20) ausgeliefert. Aufgrund der veränderten Bedrohung und mit ersten Erkenntnissen aus dem Betrieb wurde der Minenschutz unter der Wanne und in den Radkästen verstärkt. Ein neues Fahrersichtsystem und die teilweise Umverstauung der Ausrüstung (z.B. Abschleppseil) verbessern die Arbeitsumgebung des Militärkraftfahrers. Veränderungen von Kühlluft- und Abgasführung tragen zur Reduzierung der Signatur bei. Mit diesen Veränderungen entwickelte sich die Versionsbezeichnung bis zu A2. Diese Konfiguration ist heute Standard in der Bundeswehr. Für den Schweren Waffenträger Infanterie ist diese aber nicht ausreichend, da das Fahrzeug aufgrund des Turmes ein höheres Gefechtsgewicht haben wird. Für Australien wurde das zulässige Gesamtgewicht auf 38,5 Tonnen erhöht. Die verstärkte Version kann man unter anderem an neuen Rädern und tragfähigeren Reifen erkennen.
Der zukünftige Schwere Waffenträger Infanterie wird in dieser Version über einen bemannten Turm des Typs Rheinmetall Lance 2 Block II verfügen. Die Bewaffnung besteht aus einer vom Schützenpanzer Puma bekannten Maschinenkanone MK30-2 im Kaliber 30 mm x 173 sowie einem Turm-Maschinengewehr vom Typ FN MAG im Kaliber 7,62 mm x 51. Darüber hinaus wird das System über einen integrierten Werfer für Panzerabwehrlenkflugköper des Typs MELLS (Mehrrollenfähiges Leichtes Lenkflugkörper-System) verfügen.