Das polnische Heer erwartet in Kürze die Auslieferung der ersten Exemplare des Schützenpanzers Borsuk. Am 27. März wurde der erste Auftrag über 111 Stück zwischen der Beschaffungsbehörde und der Polska Grupa Zbrojeniowa (PGZ) unterzeichnet, deren Sparte Huta Stalowa Wola (HSW) das Herstellerkonsortium führt. Der Auftragswert wurde mit 6,5 Milliarden Polnischen Zloty (1,56 Milliarden Euro) angegeben. Die Fahrzeuge sollen bis 2029 geliefert werden. Erster Empfänger soll die entlang der Grenze zur russischen Exklave Kaliningrad stationierte 16. Mechanisierte Division werden.
Der Borsuk (Dachs) entstand aus einem 2014 gestarteten Entwicklungsprogramm für einen Nachfolger des Schützenpanzers BWP-1, polnische Bezeichnung für den sowjetischen BMP-1. 2017 wurde ein Technologiedemonstrator vorgestellt und ein Prototyp ab dem folgenden Jahr getestet, was zu verschiedenen Änderungen führte. Ab 2022 durchliefen vier weitere Prototypen Truppenversuche. Anfang 2023 unterzeichnete die Beschaffungsbehörde einen Rahmenvertrag über 1.000 Schützenpanzer und 400 Unterstützungsfahrzeuge auf demselben Fahrgestell.
Schwimmfähigkeit war entwurfsbestimmend
Der Schützenpanzer hat ein Gefechtsgewicht von 28 Tonnen und ist mit dem unbemannten Turm ZSSW-30 ausgestattet, der eine fremdgetriebene Bushmaster Mk44S 30-mm-Maschinenkanone mit rund 300 Schuss Bereitschaftsmunition und ein koaxiales Maschinengewehr UKM-2000 (Modifikation des sowjetischen PKM für das NATO-Kaliber 7,62 x 51 mm) mit Zuführung durch 250-Schuss-Gurt enthält. Hinzu kommen zwei Starter für Panzerabwehr-Lenkflugkörper Spike-LR und acht Nebelwurfbecher Kaliber 81 mm. Die Fahrzeugbesatzung umfasst drei Mann plus sechs Mann Absitzstärke.
Ein grundlegender Entwurfsparameter war die Schwimmfähigkeit wie beim Vorgängermodell. Der Antrieb erfolgt über einen MTU 8V199 TE20 Turbodiesel mit 720 PS und Allison 3040 MX-Getriebe mit vier Vorwärts- und zwei Rückwärtsgängen. Dieser verleiht dem Fahrzeug eine Höchstgeschwindigkeit von 65 km/h auf der Straße und acht km/h im Wasser über zwei Wasserjets. Hierfür wird zudem ein Schwallbrett am Bug ausgefahren. Die Reichweite an Land beträgt 550 Kilometer.
Schutz und Sensorik
Das Fahrgestell ist über den Frontbereich mindestens nach NATO-STANAG Level 4 gegen Beschuss mit panzerbrechenden Geschossen Kaliber 14,5 mm, seitlich nach Level 3 gegen Kaliber 7,62 mm und von hinten gegen „ballistische Bedrohungen“ geschützt. Einige Quellen geben einen Schutz gegen russische 30-mm-Geschosse über einen Frontbereich von +/- 30 Grad und 14,5 mm seitlich an, wobei sich dies möglicherweise auf eine Ausstattung mit Zusatzpanzerung bezieht. Entsprechende Befestigungspunkte sind vorhanden.
Der Turm hat ein Richtschützenvisier GOC-1 Nike und ein Panoramavisier GOD-1 Iris für den Kommandanten mit Hunter-Killer-Fähigkeit zur Zielübergabe an den Richtschützen oder dessen Übersteuerung. Beide verfügen über Tag- und Nachtsichtkanäle mit Laser-Entfernungsmesser und einem Autotracker für Ziele. Zudem gibt es ein optisches Notvisier ohne Anbindung an das Feuerleitsystem. Der Fahrer hat drei Periskope und eine Fahrkamera, da seine Sicht bei ausgeklapptem Schwallbrett sonst blockiert wäre.

Diverse Varianten von Borsuk geplant
Zudem gibt es drei in das Feuerleitsystem eingebundene Kameramodule mit jeweils drei Tag- und Nachtsichtkameras, die sowohl der Fahrzeugbesatzung als auch dem Absitztrupp ein Rundumbild zeigen. Zukünftig soll dies auch über Augmented Reality (AR)-Brillen mit KI-Unterstützung für die Zielerkennung erfolgen können. Ein Obra-3 Laserwarnsystem mit vier Sensoren ist mit der Nebelwurfanlage verbunden und kann entweder voll- oder halbautomatisch beziehungsweise durch manuelle Bedienung den Turm zum Abfeuern von Wurfkörpern in Richtung einer Bedrohung schwenken.
Zu den geplanten Varianten gehören ein Führungsfahrzeug, ein Späh-, ein Berge- und ein ABC-Spürpanzer sowie ein 120-mm-Mörserträger und ein Krankentransporter. Hinzu kommen mehrere Pioniervarianten einschließlich einer Minenwerfer-Plattform. Neben dem einheimischen Bedarf – der durch die Abgabe großer Teile des Bestands von BWP-1 an die Ukraine noch dringender geworden ist – macht Polen sich auch Hoffnung auf Exportaufträge etwa aus Rumänien und Brasilien.
Stefan Axel Boes