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„Die Arbeit mit aktueller Spitzentechnologie macht zudem auch den attraktiven Arbeitsplatz eines heutigen Soldaten aus.“

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L3Harris ist einer der weltweit agierender Anbieter von Kommunikationslösungen im militärischen Umfeld. Auch die Bundeswehr setzt unter anderem mit der AN/PRC-117G/F Funkgerätefamilie auf Funktechnik des amerikanischen Konzerns, der in Deutschland durch die in Nordrhein-Westfalen ansässige JK Defence & Security GmbH vertreten wird. Soldat & Technik sprach mit Felix Wickenhäuser, Technologieberater für militärische Funkkommunikation bei der JK DEFENCE & SECURITY PRODUCTS GMBH über die L3Harris-Kommunikationslösungen und deren Perspektiven in Deutschland.

S&T: Wie würden Sie das Portfolio von Harris beschreiben?

Wickenhäuser: L3Harris bietet ein vollständiges Sortiment an Kommunikationslösungen für alle Teilstreitkräfte. Die anerkannt fortschrittlichen Lösungen bilden in allen Bereichen die Spitze des technisch Möglichen. Das gilt umso mehr in einer Zeit, in der die Innovationszyklen immer kürzer werden. Ein großes Augenmerk legt L3Harris dabei auf die Zukunftsfähigkeit aller Produkte. Sich bereits im Einsatz befindliche Produkte profitieren so noch über Jahre von Softwareupgrades. Dies ist eine wesentliche Idee des Prinzips „Software Defined Radio“ (SDR). Gleichzeitig ist leistungsfähige Hardware dafür eine Voraussetzung. Am Anfang eines jeden Produkts steht somit eine klare Strategie und Roadmap, welche dem Kunden transparent zeigt, was er künftig von seinen Geräten erwarten darf. Unterschiedliche Hardware-Konfigurationsstände oder der Austausch ganzer sich im Einsatz befindlicher Geräte würde die Idee moderner SDRs unterlaufen.

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Gemein ist allen L3Harris Produkten die Marktverfügbarkeit. Langwierige Entwicklungsprojekte an deren Ende nicht mehr zeitgemäße Produkte stehen, können mit der technologischen Innovationsrate nicht mehr Schritt halten. Die Arbeit mit aktueller Spitzentechnologie macht zudem auch den attraktiven Arbeitsplatz eines heutigen Soldaten aus.

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Mit dem PRC-117G verfügt die Bundeswehr über ein hochmodernes taktisches Funkgerät, welches aktuell im Wesentlichen für den Zugriff auf DAMA-Satcom und SATURN genutzt wird. (Foto: L3Harris)

L3Harris Systeme sind weltweit einsatzerprobt. Zahlreiche Verbündete Deutschlands in NATO und EU setzen seit Jahren erfolgreich auf L3Harris Systeme und profitieren von der nahtlosen, sicheren Interoperabilität. Dies gilt auch im Kontext von Verpflichtungen der Bundeswehr im Ausland: die Akzeptanz und Verbreitung von L3Harris ermöglicht die sichere Zusammenarbeit mit vielen Host- und Partner-Nationen.

Schließlich werden die Funkgeräte und Wellenformen von einer Betriebsinfrastruktur ergänzt, welche mit einfach zu nutzenden Tools die optimale Konfiguration und Nutzung der Systeme erlaubt.

S&T: In welchen Bereichen nutzt die Bundeswehr Produkte von L3Harris?

Wickenhäuser: Mit dem PRC-117G verfügt die Bundeswehr über ein hochmodernes taktisches Funkgerät, welches aktuell im Wesentlichen für den Zugriff auf DAMA-Satcom und SATURN genutzt wird. Die technischen Möglichkeiten, die das Radio bietet, gehen indes weit über die verbreitete Nutzung als „NATO-Interoperability Radio“ hinaus. Mit der netzwerkfähigen MANET Wellenform ANW2, welche die Bundeswehr besitzt, ergäben sich umfassendere Einsatzmöglichkeiten. Diese kommen auch teilweise zur Verwendung, ohne hierzu in Details gehen zu können.

Verschiedene Formfaktoren wie beispielsweise auch das interoperabele Handheld befinden sich zu Erprobungen unter anderem bei den wehrtechnischen Dienststellen.

S&T: Welche neuen Lösungen oder Weiterentwicklungen können wir von L3Harris insgesamt erwarten?

Wickenhäuser: Alle L3Harris Produkte unterliegen einer ständigen Weiterentwicklung. Diese basieren auf Roadmaps wie auch auf Nutzerfeedbacks aus dem Einsatz. Softwareupdates sind dabei für den Anwender schnell und einfach online verfügbar.

Mit dem PRC-158 ist eine weiterentwickelte Ergänzung zu PRC-117G bereits verfügbar. Durch die hohe Integrationsdichte liefert dieses innovative Radio zwei physische Funkkanäle im nahezu gleichen kompakten Manpack-Formfaktor. Dies vereinfacht Upgrades, gerade bei limitiertem Bauraum.

Auch im Bereich der Handhelds untermauert das Zweikanal-Gerät PRC-163 die Technologieführerschaft. Die VHF-Kommunikation mit der Gruppe, sowie der Zugriff auf weitreichende UHF-Satcom ist beispielsweise parallel möglich. Der integrierte ISR-Empfänger ermöglicht Forward-Air-Controllern am Boden, den medienbruchfreien Empfang der Videodaten von Luftfahrzeugen. Allen genannten Radios gemein ist die Unterstützung der NATO-Wellenform SATURN.

Aktuelle Konflikte zeigen, dass gegnerisches Jamming durch sogenannte „near-peer adversaries“ zur Einsatzrealität gehört. Für Operationen in einer sogenannten „Satcom-denied-environment“ empfiehlt sich das Kurzwellenradio PRC-160. Mit bis zu 120kb/s verändert es die bekannten Möglichkeiten, die Funk mit Überhorizontreichweiten (BLOS) bietet. Mit der Einführung der WideBand ALE4G Wellenform sind noch höhere Datenraten verfügbar. Kognitive Wellenformen weichen gegnerischer Störung automatisch aus oder machen Übertragungen durch entsprechende Maßnahmen kaum aufklärbar (LPI/LPD). Die VHF-Multibandfähigkeit macht das Radio zudem voll interoperabel mit PRC-117G. Ein Vorteil der sich durch die große Verbreitung dieser Geräte bei NATO und assoziierten Staaten multipliziert.

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Mit dem PRC-158 ist eine weiterentwickelte Ergänzung zu PRC-117G bereits verfügbar. (Foto: L3Harris)

Bei der häufig als angestaubt wirkenden Kurzwelle steht das Innovationsrad auch darüber hinaus nicht still: mit einem auf „direct-sampling“ Architektur aufsetzenden HF-Handheld steht der nächste Innovationsträger in den Startlöchern. Ein neues Verfahren zum sofortigen Linkaufbau ermöglicht ein Handling in bekannter „Push-to-Talk“ Manier. Die bekannten Konzepte und die Nutzung von Kurzwelle auf der „ersten Meile“ wird dieses Funkgerät revolutionieren. Bereits im Herbst werden wir das Gerät der Öffentlichkeit vorstellen.

S&T: Im Rahmen des „Strategiepapier der Bundesregierung zur Stärkung der Verteidigungsindustrie“ in Deutschland hat die Bundesregierung festgelegt, dass IT-/Kommunkationshardware teilweise als nationale Schlüsseltechnologie gelten, teilweise aber auch europäisch bzw. global beschafft werden können. Welche Auswirkungen hat das auf Ihre aktuelle Geschäftslage in Deutschland bzw. welche Perspektiven ergeben sich daraus? Wo dürfen Sie noch anbieten, wo kommen Sie nicht mehr als Anbieter in Betracht?

Wickenhäuser: Das genannte Dokument ist ein klares Bekenntnis zur NATO, zur Multilateralität und den transatlantischen Beziehungen. Technologien können dort, wo es dieser bedarf, durchaus von vertrauenswürdigen Partnern aus dem Ausland stammen.

Gleichzeitig wirft das Papier einen sehr weiten Blick auf die Thematik. Ein Schlaglicht liegt auf dem Bereich der national kontrollierten Hochsicherheitslösungen. Im militärischen Umfeld ist diese Forderung in höheren Hierarchieebenen, und dort vor allem in den vorherrschend drahtgebundenen Netzwerken zu finden. Folglich lohnt sich also der differenzierte Blick auf die konkrete Anforderungslage. Konkret wurde zum Beispiel die Forderung nach DEUTSCH GEHEIM bis zur ersten Meile vielfach diskutiert. Die überwiegende Mehrheit der Nutzer hat aber andere, operationell begründete Forderungen, die für ihn unter Umständen lebenswichtig sein können. Ich denke hier an schnelle und robuste Vernetzung, bei niedrigem Gewicht und einfacher Bedienbarkeit des Systems. Dass die Informationen in der sich ohnehin rasch verändernden taktischen Lage dennoch hochgradig geschützt sind, darf er natürlich voraussetzen. Die Betrachtung muss in diesem Fall also nicht nur politisch „Top-to-Bottom“ durchgeführt werden, sondern vor allem unter Einbeziehung der Männer und Frauen, welche die politischen Werte von Deutschland, der EU und der NATO vertreten.

Darüber hinaus werden auch Technologiekooperationen im Strategiepapier angeführt. So kann leistungsfähige Technologie aus dem Ausland von der heimischen Industrie ergänzt werden. Dazu ist L3Harris bereit.

S&T: Mit dem Projekt TEN/D-LBO hat die Bundeswehr es sich zur Aufgabe gesetzt die Digitalisierung der Landstreitkräfte voranzubringen. In Welcher Art und Weise kann und möchte L3Harris bei diesem Projekt unterstützen?

Wickenhäuser: L3Harris implementierte mit „Land 200“ in Australien zuletzt bereits erfolgreich eines der größten Digitalisierungsvorhaben von Landstreitkräften. Das besondere Augenmerk lag hier bei der Einbindung von Bestandsystemen, der Kooperation mit weiteren Zulieferern und der Erbringung von lokaler Wertschöpfung. Von diesen, aber auch von den Erfahrungen im WIN-T und HMS-Programm des U.S. Militärs, kann die Bundeswehr profitieren.

Ergänzend kann L3Harris in allen Bereichen auf ein vollständiges Portfolio von Spitzentechnologien zurückgreifen. Der Vorteil den das „Falcon Net Ecosystem“ bietet, ist die nahtlose Integration aller Bausteine hin zu einem zuverlässigen und erprobten Gesamtsystem. Standardisierte Schnittstellen erlauben es auch, die Lösungen von Technologiepartnern, wo gewünscht einzubinden. Industriekooperationen sind für L3Harris kein Neuland.

Das SUITE B/NINE Verschlüsselungsverfahren ermöglicht die Nutzung von „Type-1“ Algorithmen mit national erzeugten Schlüssel. Der Vorteil: volle Interoperabilität mit Partnern einerseits, sowie eine hoheitlich-souveräne Sicherheitsdomäne. Beides ist möglich!

Beratung, Betreuung und Service, auch im Feld, ergänzen die technischen Lösungen um entsprechende Unterstützungsleistungen.

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Der Vorteil den das „Falcon Net Ecosystem“ bietet, ist die nahtlose Integration aller Bausteine hin zu einem zuverlässigen und erprobten Gesamtsystem. (Foto: L3Harris)

S&T: Bei Software Defined Radios ist die Hardware ja nur eine Komponente, die andere entscheidende Komponente sind die implementierbaren Wellenformen. Was ist auf den L3Harris Geräten im Bereich der Wellenformen möglich? Wäre z.B. die in Europa entwickelte ESSOR-Wellenform anwendbar?

Wickenhäuser: Moderne Wellenformen sind der entscheidende Faktor aktueller Funkgeräte. Erst diese Software erweckt die Hardware zum Leben. Klar, was wären Smartphones ohne Apps wert? Erst sie machen den Vorteil der leistungsfähigen Hardware für den Nutzer erlebbar.

Die Entwicklung, Erprobung und konstante Verbesserung der Wellenformen machen heute den größten Teil der Entwicklungskosten moderner Funkgeräte aus. Die Komplexität ist dabei immens und nimmt in einem multinationalen Kontext nochmals zu. Allen Entwicklungsprojekten ist gemein, dass das Ergebnis hinsichtlich der erzielbareren Performance sowie der zeitlichen Verfügbarkeit nicht exakt abzusehen ist. Polen setzt unter anderen aus diesen Gründen in der Breite auf jetzt verfügbare und leistungsfähige Lösungen von L3Harris. Auch Schweden verfolgt das Thema ESSOR nicht aktiv weiter.

L3Harris kann heute über 50 Wellenformen für unterschiedlichste Formfaktoren und Einsatzszenare anbieten. Mit HCDR liegt der NATO eine kostenfreie Breitbandwellenform zur STANAG Ratifizierung vor. Bereits 11 NATO-Nationen vertrauen auf dieses erprobte Übertragungsverfahren. Deutschland füllt innerhalb der NATO eine bedeutende Rolle aus, was sich nicht zuletzt auch mit der Aufstellung des Joint Support Enabling Commands in Ulm zeigt. Es stellt sich daher die Frage ob die Insellösung einiger europäischer Länder im Sinne der Interoperabilität zielführend sein kann. Da es mit der NATO bereits eine Verteidigungsunion gibt, sollte auch hier eine übergreifende Lösung für die Landstreitkräfte festgelegt werden. Im Bereich der Luftfahrt-Kommunikation ist dies mit SATURN bereits gelungen.

S&T: Ist eine Portierung von externen Wellenformen ohne weiteres auf die Funkgeräte der PRC-Familie möglich bzw. was ist dabei zu beachten?

Wickenhäuser: L3Harris verfügt über große Erfahrung bei der Portierung unterschiedlichster Wellenformen. Wenn geeignete Verfahren mit offenen Standards (MIL-STD, STANAG, P25) existieren, so werden diese proprietären Lösungen vorgezogen. Dort wo es notwendig ist, beispielsweise aus zeitlichen Forderungen heraus, oder wegen der gewünschten Performance, entwickelt L3Harris auch eigene Wellenformen. Grundsätzlich erlaubt es die SCA konforme Architektur der Software-Defined-Radios Verfahren Dritter zu portieren.

Ein weiteres erfolgreich umgesetztes Modell stellte die Portierung einer L3Harris eigenen Wellenform auf ein europäisches Radio dar.

S&T: Aus Ihrer Sicht als Technologieberater, was wäre das aus Ihrer Sicht ein zweckmäßiges Gesamtpaket für die Kommunikation auf der letzten Meile, völlig unabhängig von politischen oder finanziellen Vorgaben?

Wickenhäuser: In Politik wie Gesellschaft suchen Menschen nach einfachen Antworten. Die Realitäten sind jedoch komplex – und so sind es dann auch die seriösen Antworten. Konkret auf die Streitkräfte der Zukunft gemünzt, zeigt sich das Aufgabenspektrum so vielfältig wie nie. Folgerichtig müssen dies auch die zur Nutzung gebrachten Lösungen sein. Die eine Lösung, die alles in Perfektion beherrscht, ist dabei eine Illusion. Anpassbarkeit und Modularität sind die Schlüssel. Diesen Anforderungen Rechnung zu tragen macht D-LBO zu einem der aufwändigsten Rüstungsvorhaben der Bundeswehrgeschichte. Anpassbarkeit bedeutet, dass Lösungen über unterschiedliche Software, also Wellenformen, sich automatisch den Gegebenheiten des Auftrages anpassen. Konkret ist LTE oder 5G in Stabilisierungseinsätzen ein gangbares Verfahren, welches L3Harris Produkte auch unterstützen. Steht das elektromagnetische Spektrum indes nicht frei zur Verfügung („congested/contested-environment“), greifen Verfahren, welche mithilfe von machine-learning die besten verfügbaren Frequenzen finden und nutzen. Solche „cognitive-radios“ gehören schon heute zum L3Harris Portfolio.

Eine modulare und skalierbare Architektur, wie sie bei D-LBO angestrebt wird, erscheint als der logische Weg, um mit raschen Innovationszyklen im Bereich Hardware mithalten zu können. Eine radio-agnostische taktische Middleware liefert dabei die zertifizierte Kryptologie und erlaubt folglich den Einsatz der jeweils am besten geeigneten „communications-bearer“. Der fortan nunmehr geforderte IT-Grundschutz macht die Nutzung der L3Harris „Type-3“ Krypto (AES 256) möglich und vereinfacht das Handling der Geräte. Die Interoperabilität mit „Type-1“ bleibt dennoch voll bestehen.

Nach so vielen Frage – darf ich zum Schluss auch eine Frage an die Leser stellen?

Welche Absichten verfolgt die Bundeswehr hinsichtlich MUOS – dem Mobile User Objective System? Das PRC-117G erlaubt schon heute den Zugriff auf dieses leicht zu bedienende Sprach- und Daten Satellitenkommunikationsnetzwerk.

Die Fragen stellte André Forkert.