StartBewaffnungErste MELLS-Wiesel in der Truppe angekommen

Erste MELLS-Wiesel in der Truppe angekommen

Waldemar Geiger

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Die Maßnahmen rund um die Nutzungsdauerverlängerung der Waffenträge Wiesel kommen voran, so dass offenbar die ersten von TOW (Tube Launched Optically Tracked Wire Command-link Guided Missile) auf MELLS (Mehrrollenfähiges Leichtes Lenkflugkörper-System) umgerüsteten Wiesel in der Truppe angekommen sind, wie man jüngsten vom Heer veröffentlichten Bildern im Netz entnehmen kann.

Die Bundeswehr hat die FFG Flensburger Fahrzeugbau GmbH (FFG) im November 2019 beauftragt die Wiesel 1 Flotte für insgesamt 73 Millionen Euro zu modernisieren, so dass diese bis mindestens 2030 in der Nutzung verbleiben können.

Als eine der ersten Maßnahmen wurde das System MELLS von EuroSpike integriert und ersetzt so das Waffensystem TOW. Die MELLS-Waffenanalgen werden seitens der Bundeswehrbeschaffungsbehörde BAAINBw als Beistellung geliefert. Die Umrüstung der Wiesel von TOW auf MELLS war durch mehrere Aspekte herausfordernd.

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Zum einen diente die TOW-Waffenanlage als Ersatzüberrollbügel, der die Besatzung beim Überschlag schützen soll. Die MELLS-Waffenanlage kann diese Funktion nicht wahrnehmen, so dass – wie auf den Bildern ersichtlich ist – neue Überrollbügel links und rechts der Waffenanlage entwickelt und integriert werden mussten.

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Die zweite Herausforderung liegt im Verstaukonzept der Lenkflugkörper, da die MELLS-Lenkflugkörper – insbesondere in der Variante LR2 deren Qualifizierung derzeit in der Bundeswehr durchgeführt wird – länger sind, als die TOW Lenkflugkörper, von denen mehrere quer im hinteren Fahrzeugteil verstaut wurden.

Im Vorfeld der Beauftragung zur Nutzungsdauerverlängerung wurden durch die FFG bereits drei Prototypen entwickelt. Kernelemente der Nutzungsdauerverlängerung sind die Verbesserung der Geräuschs- und Vibrationssignatur und des Schutzes sowie die Optimierung der Gewichts- und Energiebilanz. Dies betrifft die Produktkategorien Fahrwerkskomponenten, ballistischer Schutz, Minenschutz, Regeneration von Obsoleszenzen bei Waffenanlage sowie Führungsinformationssystem, Beleuchtung, Batterien und Verbesserungen der Ergonomie sowie des Arbeitsschutzes. Weitere Elemente des Auftrags sind die Ausstattung eines Ersatzteilerstbedarfs, eines Ersatzteilvorrats, von Sonderwerkzeugen und die Aktualisierung der Dokumentation.

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Neue Überrollbügel auf der rechten und linken Seite des Fahrzeuges schützen die Besatzung beim Überschlag. (Foto: Bundeswehr)

MELLS

Für MELLS haben der Hersteller Rafael Advanced Defense Systems (20 Prozent), Diehl Defence (40 Prozent) und Rheinmetall Electronics (40 Prozent) das Joint Venture EuroSpike gegründet, das heute neben der Bundeswehr die Streitkräfte einiger weiterer europäischer Staaten beliefert. Ein großer Teil der Fertigung des Waffensystems erfolgt bei den deutschen Trägern des Joint Ventures mit Unterstützung von Zulieferern aus Europa.

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Mit der MELLS können die Wiesel Kampfpanzer auf Distanzen von bis zu vier Kilometern bekämpfen. (Foto: Bundeswehr)

Nach Angaben der deutschen Streitkräfte wird MELLS hauptsächlich im deutschen Heer (Infanterie, Panzergrenadiertruppe und Pioniertruppe), dem Kommando Spezialkräfte sowie Kräften der deutschen Marine genutzt. Das System ist darüber hinaus auf den Schützenpanzern Marder sowie Puma (Konstruktionsstand VJTF 2023) integriert worden.

Das Funktionsprinzip der Waffe wird durch die Bundeswehr wie folgt beschrieben: „Durch die Datenübertragung per Lichtwellenleiter ist es dem Schützen möglich, während des Fluges des Lenkflugkörpers auf ein anderes Ziel zu wechseln oder Haltepunktkorrekturen durchzuführen. Eine Aufschaltung auf ein Ziel, zu dem vor Abschuss kein Sichtkontakt besteht, kann durch den Schützen ebenfalls durchgeführt werden. Weiterhin kann der Lenkflugkörper nach dem Verschuss selbstständig ins Ziel fliegen. Die sogenannte „Fire-and-Forget“ („Feuern und Vergessen“)-Fähigkeit ermöglicht den Schützten einen schnellen Stellungswechsel, unmittelbar nach dem Schuss.“

In der derzeitigen Version LR1 eignet sich MELLS zum Kampf gegen ein breites Zielspektrum am Boden in einem Entfernungsbereich von 200 bis 4.000 m. Zum Zielspektrum zählen der Bundeswehr zufolge „Kampfpanzer, gepanzerte Waffensysteme und gehärtete Stellungen, Ziele im Schutzstand (d.h. Ziele hinter Deckungen) und so genannte Technicals (allgemeine technische Ziele, bspw. umgebaute und provisorisch gehärtete landwirtschaftliche Maschinen und Fahr- zeuge oder gar Baumaschinen). Weiterhin wird MELLS gegen langsam fliegende und sich im Standschwebeflug befindliche Hubschrauber im bodennahen Luftraum auf mittlere Entfernung eingesetzt.“

Als Waffenanlage wird bereits die neue Generation von Spike-Waffenanlagen (iCLU) verwendet. Dadurch eröffnen sich bei einer zukünftigen Einführung und Nutzung der neuen Generation Lenkflugkörper LR 2 (5,5 km Reichweite) diverse neue taktisch-operationelle Möglichkeiten. Damit die Bundeswehr diese Vorteile nutzen kann, hat sie Anfang 2022 die im fränkischen Röthenbach ansässige EuroSpike GmbH mit der Lieferung von Qualifikationshardware zur Qualifizierung des Lenkflugkörper MELLS LR2 beauftragt. Damit sollen sowohl die Reichweite als auch die optische Leistungsfähigkeit des Systems gesteigert werden. Die neue Lenkflugkörpergeneration könnte aus den Waffenanlagen der Bundeswehr (Integrated Command and Launch Unit, CLU) verschossen werden.

Eine erfolgreiche Qualifizierung der neuen Version würde dazu führen, dass zukünftig aus dem bestehenden Rahmenvertrag abgerufene Lenkflugkörper bereits in der neuen Variante geliefert werden können. Eine Änderung des Vertrages wäre nicht notwendig. In einem 2019 zwischen der Bundeswehr und Eurospike geschlossenen Rahmenvertrag ist eine Höchstmenge von 11.500 Lenkflugkörpern und 214 Waffenanlagen vereinbart worden. Es wurden bereits alle Waffenanlagen und etwas mehr als 2.000 Lenkflugkörper abgerufen. Es verbleibt somit ein Volumen von etwa 9.000 Lenkflugkörpern.

Gegenüber der Version LR1 verfügt der LR2-Lenkflugkörper unter anderem über folgende Vorteile:

  • Reichweitensteigerung von 4.000 Meter auf bis zu 5.500 Meter.
  • Verbesserte Steuerung und die Möglichkeit einer höheren Flugbahn, die einen steileren Endanflugwinkel von bis zu 70 Grad erlaubt. Dies ermöglicht eine bessere Wirkung hinter Deckungen sowie die Ausnutzung von Schwachstellen in der Panzerung des Zieles.
  • Verbesserte Optronik des Flugkörpers mit einer besseren Auflösung für den Schützen und der Möglichkeit, den Suchkopfsensor auch im Flug in den Modi Visual/Infrarot zu wechseln.
  • Nutzung eines ungekühlten IR-Suchers. In der Version LR1 muss der IR-Sucher mittels einer Gaspatrone gekühlt werden. Einmal aktiviert stand die Funktion für eine weitere Aktivierung nicht mehr zur Verfügung bis die Gaspatrone getauscht wurde. Der Lenkflugkörper konnte somit nur noch im Visual-Modus genutzt werden, bis eine neue Patrone eingesetzt wurde.

Waldemar Geiger