StartTaktik & AusbildungNotfallmedizin-Fortbildung bei Bundespolizeiabteilung Uelzen

Notfallmedizin-Fortbildung bei Bundespolizeiabteilung Uelzen

Notfallmedizin gehört längst zu den Themenkreisen, mit denen sich auch Nichtmediziner befassen müssen – beispielsweise Polizisten, wenn sie als Erstinterventionskräfte in einer Terrorismuslage an einem Einsatzort Verletzte versorgen müssen. Seit 2018 gibt es bei der Bundespolizeiabteilung Uelzen eine jährlich wiederkehrende Fortbildung für Leitende Notärzte, Notärzte, Organisatorische Leiter Rettungsdienst, Feuerwehr, Polizei, Streitkräfte und Spezialkräfte im Bereich Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS).

Initiiert wurde sie von Dr. med. U. R. Jahn, der als Oberfeldarzt d. R. beim Kommando Schnelle Einsatzkräfte Sanitätsdienst (Kdo SES) eingesetzt ist. Auch in diesem Jahr organisierte der engagierte Reservist wieder die Tagung. Sie fand im Frühjahr 2025 erneut bei der Bundespolizeiabteilung Uelzen statt. Ziel der Veranstaltung rund um den Themenkomplex Terrorismus ist es nicht nur, den Teilnehmern interessante Vorträge von hochkarätigen Referenten mit den unterschiedlichsten Themen zu präsentieren und sie fortzubilden, sondern auch für gewisse Themen, die noch nicht so sehr im Fokus der verschiedenen Berufsgruppen stehen, zu sensibilisieren.

Notfallmedizin-Kenntnisse „vor der Welle“ halten

So soll der Wissens- und Aufmerksamkeitshorizont „vor der Welle“ gehalten werden. Ebenso werden dadurch Berufsgruppen zusammengebracht, die gegebenenfalls dienstlich zusammenarbeiten werden, und damit ein interprofessionelles Netzwerk ausgebaut. Folgende Referenten und Institutionen trugen dieses Jahr vor:

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  • Medizinaldirektorin Dr. med. Jeremie (Leiterin Gruppe Medizinischer Anteil Arbeitsschutz, Sanitätsunterstützungszentrum der Bundeswehr in Munster)
  • Wehrwissenschaftliches Institut für Sicherheitstechnologien – ABC-Schutz (WIS), Munster
  • Ulrich Pulvermüller, Master-Medic, SEK Niedersachsen, und ein weiterer Master-Medic des SEK Niedersachsen
  • Dr. David Schiller, Terrorismusexperte und Journalist.

Das Publikum reiste aus mehreren Bundesländern an. Die Teilnehmerzahl war auf 150 Personen beschränkt.

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Teilnehmer von Polizei, Bundeswehr und Rettungsorganisationen

Teilnehmer waren Notärzte, Leitende Notärzte, Ärzte aus verschiedenen Dienststellen der Polizei und der Bundeswehr, Organisatorische Leiter Rettungsdienst, Feuerwehr, Landespolizei, Bundespolizei, Spezialeinheiten der Bundespolizei und des Zoll, SEK, MEK und Landeskriminalämter aus mehreren Bundesländern, sowie verschiedene Dienststellen der Streitkräfte, unter anderem des Zentralen Sanitätsdienstes der Bundeswehr, des Kreisverbindungskommandos Uelzen, des Wehrwissenschaftlichen Instituts für Schutztechnologien – ABC-Schutz (WIS) und des Fallschirmjägerregiments 31 sowie das Robert-Koch-Institut. Viele Teilnehmer hatten Identitätsschutz, weshalb Film- und Fotoaufnahmen untersagt waren.

Medizinaldirektorin Dr. med. Jeremie referierte über die Entstehung des Gasplatzes Breloh und der Heeresversuchsanstalt Raubkammer in Munster in der Zeit bis zum Zweiten Weltkrieg. Hier wurden chemische Kampf- und Reizstoffe produziert und erprobt. Auf dem Truppenübungsplatz Munster-Nord, auf dem sich das Gelände der ehemaligen Heeresversuchsanstalt befand, werden auch heute noch große Mengen Altlasten von Kampfstoffen/Kampfstoffgranaten gefunden und beseitigt.

Von chemischen Waffen und Pilzen

Insbesondere am Dethlinger Teich lagern nach Schätzungen weit über 100.000 Kampfstoffgranaten im Erdreich, deren Bergung gerade erst begonnen hat und deren Beseitigung enorme Herausforderungen für die nächsten Jahrzehnte umfasst. Zur Absicherung der Gruppe Kampfmittelbeseitigung ist eine umfangreiche medizinische Expertise erforderlich, die durch die medizinische ABC-Schutz-Gruppe des Sanitätsunterstützungszuges Munster gestellt wird. Die Rettungsprozesse sind bis ins Kleinste festgelegt und werden von Maßnahmen vor Ort über Transport bis zur Versorgung in einer mobilen Dekontaminationsanlage und Übergabe an den zivilen Rettungsdienst regelmäßig geübt.

Im Anschluss referierte das Wehrwissenschaftliche Institut für Schutztechnologien – ABC-Schutz (WIS) über die Gefährdung durch Biostoffe. Im Fokus standen Pilze. Das WIS stellte die verschiedenen Arten und ihre Eigenschaften vor. Insbesondere die direkte und indirekte Zerstörungskraft von Material durch zum Beispiel den Abbau von Weichmachern, die Zerstörung durch organische Säuren oder als Systemmykosen von Organismen stellen eine zunehmende Gefährdung durch Pilze für Mensch und Umwelt dar.

Zunehmend „Player“ mit Wissen aus Biowissenschaften

Nicht nur Menschen, Tiere und verschiedenste avitale Materialien können durch invasives Pilzwachstum schwersten Schaden nehmen, auch Pflanzen können von Pilzen angegangen und zerstört werden. In Anbetracht dessen, dass zunehmend „Player“ in den sicherheitspolitischen Fokus rücken, die über das Wissen, die Technologien und die finanziellen Mittel im Bereich der Life Science/Biowissenschaften verfügen, sollte uns das auch für den Bereich der Pilze sensibilisieren.

Nach einer kurzen Pause berichteten die Master-Medics des Sperzialeinsatzkommandos (SEK) Niedersachsen über taktische Grundsätze für den zivilen Rettungsdienst bei der Zusammenarbeit mit Spezialeinsatz (SE)-Kräften, das bundeseinheitliche Konzept Verwundetensammelstelle SE (VSS-SE) und erläuterten anhand von zwei SEK-Einsätzen (Lessons learned) die Zusammenarbeit mit dem Zivilen Rettungsdienst.

Terrorismus im Nahen Osten und Europa

Dr. David Schiller stellte eindrucksvoll den geschichtlichen Werdegang des Nahen Ostens, die hochkomplexen Zusammenhänge und politischen Auswirkungen dar, die zum Teil Jahrhunderte zurückliegend begründet sind, bis hin zum derzeitigen bewaffneten Konflikt zwischen dem Staat Israel und den Anrainerstaaten. Die Auswirkungen auf die deutsche und europäische Sicherheitslage beleuchtete Dr. Schiller im Besonderen.

Im anschließenden „Get Together“ konnten die Teilnehmer bei einem Imbiss/Umtrunk die Themen, auch mit den Referenten, noch einmal diskutieren und ihre Netzwerke ausbauen. Dabei wurden etliche Brücken für den Informationsaustausch über gemeinsame Themen gebaut.

Ole B. und Jan-Phillipp Weisswange (red.)