StartAusrüstung & BekleidungHexonia will 2023 Umsatz verdreifachen und Geschäft in Deutschland weiter ausbauen

Hexonia will 2023 Umsatz verdreifachen und Geschäft in Deutschland weiter ausbauen

Waldemar Geiger

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Die im nordrhein-westfälischen Nettetal beheimatete Spezialfirma für militärische Bekleidung und ballistische Schutzausrüstung, die Hexonia GmbH, will im laufenden Jahr ihre Umsatzzahlen im Vergleich zum Vorjahr verdreifachen. Die entsprechenden Aufträge für 2023 sowie weitere Volumen für 2024 und 2025 wurden im Rahmen der Schnellbeschaffungen für den Kampfbekleidungssatz Streitkräfte bereits im April 2022 an die Hexonia vergeben.

Solche Wachstumszahlen kennt man eigentlich nur aus der Start-Up-Branche und doch scheinen diese auch für etablierte Industriebetriebe möglich, wenn man Nils Toverud, seit kurzem Geschäftsführer der Hexonia GmbH, Glauben schenken darf.

Um in Zukunft noch weiter zu wachsen, soll die Hexonia sich nicht nur fast ausschließlich auf den Kunden Bundeswehr fokussieren, sondern auch den deutschen Behördenmarkt erschließen und das internationale Geschäft weiter ausbauen, wie der neue Geschäftsführer gegenüber Soldat & Technik erklärt. Soldat & Technik hatte die Möglichkeit mit dem Norweger im Vorfeld der Enforce TAC 2023 zu sprechen und sich in die Pläne des neuen Eigners mit dem Bundeswehrausstatter sowie die Hintergründe für den Erwerb des Unternehmens einweisen zu lassen.

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Die norwegische NFM Group hatte die Hexonia erst Ende 2022 vom ehemaligen Geschäftsführer und Inhaber Gerd Hexels erworben und Toverud, der auch die Funktion des Chief Business Officer (CBO) der NFM Group wahrnimmt, in die Geschäftsführung berufen. Toverud zufolge, der in seiner CBO-Funktion für die Erschließung neuer Märkte zuständig ist, war die Akquise der Hexonia von enormer Bedeutung für die auf den europäischen Markt fokussierte NFM Group. Nicht nur weil es die größte Unternehmensübernahme der Unternehmensgeschichte darstellt. Toverud erklärt weiter: „Mit der Übernahme von Hexonia wird die NFM-Gruppe zu einem der führenden Unternehmen für Schutz- und Kampfbekleidungssysteme für Streitkräfte und Behörden in Europa.“

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Die norwegische NFM Group hatte die Hexonia erst Ende 2022 vom ehemaligen Geschäftsführer und Inhaber Gerd Hexels erworben und Toverud, der auch die Funktion des Chief Business Officer (CBO) der NFM Group wahrnimmt, in die Geschäftsführung berufen. (Foto: Hexonia)

Die Norweger sehen Deutschland aus zwei Gründen als Kernmarkt. Zum einen ist Deutschland im Bereich der Streitkräfte neben den USA der engste Partner Norwegens. Zum anderen ist Deutschland einer der größten Märkte in Europa. Toverud vertritt die Überzeugung, dass die Nähe zum Kunden das A und O im Verteidigungs- und Behördenbereich darstellt. Diese darf sich seiner Ansicht nach nicht ausschließlich in der Nähe eines Vertriebsteams erschöpfen, sondern erfordert auch zwingend industrielle Fertigungskapazitäten in dem Land. „Ein industrieller Fußabdruck im Kernmarkt ist entscheidend für uns, nur dadurch können wir sichere Lieferketten und Nähe zu Kunden gewährleisten“, erklärt der Norweger. Und genau hier kommt die Hexonia ins Spiel.

Die Nettetaler haben über 90 Prozent ihres aktuellen Geschäftsbetriebes auf den Kunden Bundeswehr ausgerichtet. Die NFM Group hingegen rüstet zwar in vielen anderen europäischen Ländern – beispielsweise in Norwegen oder Polen – die Streitkräfte oder Behörden mit ballistischer Schutzausrüstung und teilweise Kampfbekleidungssystemen aus, konnte aber im deutschen Markt abseits von Kooperationen – so liefern die Norweger beispielsweise im Bereich Bekleidung-, Schutz- und Trageausstattung für das Soldatensystem Infanterist der Zukunft – Erweitertes System Konstruktionsstand VJTF 2023 (IDZ-ES K-Stand VJTF 2023) Anteile zu – bisher nicht wirklich Fuß fassen. Dies ist nun Geschichte.

„Stronger together lautet unser Motto“, erklärt der Norweger, was ins Deutsche als „gemeinsam stärker“ übersetzt werden kann. Nach der Übernahme der Hexonia „wollen wir die Geschäfte in Deutschland weiter ausbauen und weitere internationale Märkte erschließen“, führt Toverud aus. Damit dies gelingt, will man die Hexonia weiterhin als eigenständige Entität erhalten. Der neue Geschäftsführer macht deutlich, dass für ihn die Erhaltung „der Stabilität, Stabilität und nochmals der Stabilität“ der wichtigste Punkt der Übernahme ist. „Weder für die Kunden noch für die Belegschaft soll sich etwas ändern.“ Von daher wird das operative Geschäft am Standort Nettetal mit derselben Kernmannschaft in bekannter Manier fortgeführt. Auch die bisherige Co-Geschäftsführerin Sabine Albert bleibt der Hexonia-Geschäftsführung erhalten.

Zusätzlich wird der eingeschlagene Wachstumskurs weiter fortgesetzt. So wurden 2022 rund 60 neue Stellen geschaffen, was die Belegschaft auf 230 Personen anwachsen ließ. In diesem Jahr will man weiter einstellen.

„Wir denken, dass sich die beiden Unternehmen gut ergänzen“, erklärt Toverud die Strategie hinter dem Unternehmenserwerb. Da wo sinnvoll, wird das NFM-Produktportfolio die Hexonia-Produktpalette für den deutschen Markt ergänzen. Bereits heute praktiziert man diesen Ansatz in mehreren Projekten. So hat die NFM Group die Hexonia bei der Entwicklung der Schutzweste für das System IDZ-ES K-Stand VJTF 2023, die ohne den elektronischen Rücken, unterstützt. Gleiches gilt für die in der Weste verwendeten Schutzplatten. Auf dem internationalen Parket ergänzen Hexonias Produkte und Technologien dann das NFM- Produktangebot, welches dem „Full Spectrum Protection“-Ansatz folgt, was so viel wie ganzheitliches Schutzkonzept bedeutet.

NFM hat seine Produktpalette in vier Kernfelder untereilt.

  1. Kopfschutz, wo man mit dem Gefechtshelm vom Typ „HJELM“, welcher auf der diesjährigen Enforce TAC in seiner neuesten Variante gezeigt wird, eigenen Angaben zufolge den leichtesten ballistischen Schutzhelm auf dem Markt hat – bei gleicher Schutzklasse. In diesen Bereich fügt sich das Hexonia-Kopfschutzsystem Trivium, das aktuell im Rahmen der Ausschreibung Helmsystem Spezialkräfte an die Bundeswehr geliefert wird nahtlos ein. Das System besteht neben einem Gefechtshelm aus knapp 20 weiteren Ausrüstungsstücken – vom Kinnschutz bis zum Visier. Die Nettetaler haben bereits vor Jahren Expertisen in diesem Bereich aufgebaut und sind führend darin.
  2. Das Tragesystem „THOR“, welches aus unterschiedlichen Schutzwesten und Plattenträgern besteht. Das aus dem NFM Alpha Laminat gefertigten Tragesystem ist auf geringes Gewicht und hohe Modularität und Tragekomfort getrimmt.
  3. Das dritte Kernfeld ist der Körperschutz, genannt „SKJOLD“. Die ballistischen Schutzelemente dieses System sind in Bezug auf Gewicht und Leistung optimiert. Hier hat es in der Historie der beiden Unternehmen technologische Unterstützung aus Norwegen für Hexonias Produktentwickler gegeben.
  4. Das Kampfbekleidungssystem „GARM“ bildet das vierte Kernfeld. Hier haben die deutschen Entwickler wiederum die Oberhand. Bekleidungssysteme gehören zur absoluten Expertise der Hexonia, die dafür nach Angaben von Toverud rund 40 Textilingenieure beschäftigt, was rund einem Sechstel der Gesamtbelegschaft entspricht.

Neben den Synergien im Technologie- und Produktbereich sieht Toverud noch weitere Vorteile im Zusammenschluss der beiden Unternehmen, was auch der Bundeswehr und in Zukunft vielleicht auch anderen deutschen Behörden zugutekommen soll. Durch die gemeinsame Größe könne man im Einkauf besser agieren. „Size matters“, sagt Toverud, „weniger im Sinne des günstigeren Einkaufes, als vielmehr in der besseren Verfügbarkeit“. Der neue Geschäftsführer erklärt, dass Lieferanten es sich nicht leisten können, ihre größten Kunden durch unzuverlässige Lieferpraktiken zu verprellen. Daher seien größere Unternehmen weniger für Lieferkettenprobleme anfällig.

Diese Erklärungen verdeutlichen den Plan der Norweger hinter dem Unternehmenserwerb. NFM beliefert reguläre Streitkräfte und Spezialkräfte sowie Behördenkunden in vielen Ländern Europas, außer Deutschland, wo Hexonia wiederum seinen Fokus hat. Auch die Produktbereiche ergänzen sich und im Zusammenschluss können die Unternehmen in der Tat als robusterer Akteur auf dem Markt agieren.

Waldemar Geiger