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Die Sirius-Patrouille – Spezialkräfte für die Arktis

Thomas Lauge Nielsen

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Ihr Auftrag sind monatelange Patrouillen in der Arktis. Der Dienst in der Sirius-Patrouille – die Teil der dänischen Spezialkräfte ist – ist in mehrerer Hinsicht absolut einmalig.

Seit Jahrhunderten ist die Arktis ein Gebiet unterschiedlicher Interessen – wirtschaftlich, kommerziell und militärisch. Durch den Klimawandel der letzten Jahrzehnte wurden zuvor unzugängliche arktische Gebiete für die Schifffahrt geöffnet. Dies hat das Interesse an dem Gebiet wiederum verstärkt. Neben den klassischen Akteuren wie den nordischen Ländern, Großbritannien, Kanada, den USA und Russland treten neue Player wie China und Indien auf den Plan. Dies hat natürlich die Nationen mit traditionellen Interessen in der Region veranlasst, die Entwicklungen genau zu verfolgen. Seitens Dänemarks ist dies Auftrag einer der am wenigsten bekannten und elitärsten Spezialeinheiten in der Arktis und auf der Welt – der Sirius-Hundeschlittenpatrouille.

Die Insel Grönland liegt jenseits des Polarkreises im Nordatlantik und ist die größte nicht kontinentale Insel der Welt. Ihr Name weckt Assoziationen zu Einsamkeit, schnee- und eisbedeckten Einöden, Eisbären, Eisbergen und Inuit-Jägern. Mit einer Fläche von rund 2,166 Mio. Quadratkilometern ist Grönland etwas größer als Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Irland, Italien, Österreich, Polen, Portugal, die Niederlande und das Vereinigte Königreich zusammen. Da fast die gesamte eingeborene Bevölkerung von rund 56.600 Menschen in den Küstengebieten lebt, hat Grönland eine durchschnittliche Bevölkerungsdichte von 0,028 Menschen pro Quadratkilometer, d. h. etwa eine Person pro 35 Quadratkilometer. In diesem riesigen Einsatzgebiet unterhält Sirius derzeit einen zwölfköpfigen Streifendienst – d. h. sechs Patrouillen bestehend aus je zwei Personen und zwölf Hunden.

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Wurzeln im Weltkrieg

Die Wurzeln der Sirius-Patrouille führen bis in den Zweiten Weltkrieg zurück. Am 9. April 1940 überfiel das „Dritte Reich“ Dänemark. Durch die Besetzung des Königreiches wurde Grönland isoliert. Da die grönländischen Behörden über keine eigenen Streitkräfte verfügten und eine Invasion befürchteten, baten sie die Vereinigten Staaten erfolgreich um Hilfe. Im Sommer 1941 wurde die „North East Greenland Sledge Patrol“ (Nordostgrönländische Schlittenpatrouille) gegründet, um weitreichende Aufklärungspatrouillen entlang der nordöstlichen Küste Grönlands durchzuführen. Während des Krieges richtete das „Dritte Reich“ mehrere geheime Wetterstationen an der Ostküste Grönlands ein, um meteorologische Informationen für die U-Boot-Offensive im Nordatlantik und für bessere Wettervorhersagen im europäischen Kriegsgebiet zu erhalten. Die Überwachung und Störung dieser Stationen durch die Nordostgrönländische Schlittenpatrouille trug wesentlich dazu bei, dem „Dritte Reich“ diese Informationen vorzuenthalten, was erhebliche Auswirkungen auf dessen Kriegsanstrengungen hatte.

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Abbildung 1 Lage von Groenland Screenshot OpenStreetMaps
Lage von Grönland (Grafik: OpenStreetMap)

Besiedlung Grönlands bis zum Zweiten Weltkrieg

Der erste „Außenseiter“, dem es gelang, sich um das Jahr 982 n. Chr. dauerhaft in Grönland niederzulassen, war der isländische Wikinger Erik Thorvaldsson, auch bekannt als Erik der Rote (ca. 950 bis ca. 1003 n. Chr.). Nachdem er des Mordes für schuldig befunden und aus Island verbannt worden war, segelte Erik zu einem wenig bekannten Land, das im Nordwesten liegen sollte. Nachdem er die besagte Insel gefunden hatte, gründete Erik eine Kolonie an einem weitgehend eisfreien Teil der Westküste und kehrte nach dem Ende seines Exils nach Island zurück. Dabei brachte er Geschichten über das wunderbare neue Land mit, das er entdeckt hatte. Er nannte es „Grönland“, weil er glaubte, dass dieser Name weitere Siedler anlocken würde.

Diese frühe Besiedlung Grönlands durch die Wikinger war der Beginn der langen Verbindung der Insel mit Skandinavien, die im Guten wie im Schlechten bis zum heutigen Tag anhält.

Im Jahr 1776 übernahm das Königreich Dänemark-Norwegen das vollständige Monopol für den Handel mit Grönland, und die grönländische Küste wurde für den ausländischen Zugang gesperrt. Norwegen verlor seinen Anteil an der Souveränität über Grönland im Jahr 1814, als die dänisch-norwegische Union aufgelöst wurde und Grönland in die dänische Hegemonie integriert wurde.

Norwegen und andere Nationen waren nicht glücklich über die dänischen Monopolansprüche auf das Gebiet. Im Jahr 1924 erhielten die Norweger durch ein Abkommen zwischen Dänemark und Norwegen das Recht, in den unbesetzten Teilen Grönlands zu jagen, zu fischen und halbpermanente Siedlungen zu errichten. Auf der Grundlage dieses Abkommens beanspruchte Norwegen im Juni 1931 das „Land Eriks des Roten“, einen Küstenabschnitt im Nordosten Grönlands, für sich und begann, dort eine Siedlung zu errichten, um das dänische Monopol anzugreifen. Dänemark lehnte dies ab, und die beiden Länder einigten sich darauf, ihren Streit über das Gebiet 1933 vor dem Ständigen Internationalen Gerichtshof des Völkerbundes beizulegen. Der Gerichtshof entschied zu Gunsten Dänemarks, woraufhin Norwegen seinen Anspruch auf das umstrittene Gebiet aufgab. Teil des Urteils war jedoch auch, dass Dänemark in der Lage sein musste, die Souveränität über das „Land Eriks des Roten“ geltend zu machen, damit es dänisch blieb. Zunächst – in den Jahren 1933-1941 – geschah dies durch die Einrichtung von zwei festen Polizeistationen in dem Gebiet.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs führte der Beginn des Kalten Krieges zu dem Wunsch nach einer verstärkten Überwachung Nord- und Nordostgrönlands und zur Gründung der „Operation Resolute“. Diese ging aus der Schlittenpatrouille des Zweiten Weltkriegs hervor und wurde zunächst unter großer Geheimhaltung durchgeführt. Die am 18. August 1950 offiziell gegründete Einheit wurde 1951 in „Schlittenpatrouille Resolute“ umbenannt. 1953 wurde der Name erneut geändert, diesmal in „Schlittenpatrouille Sirius“, um Verwechslungen mit der kanadischen Wetterstation Resolute Bay zu vermeiden. Der Name leitet sich von dem Stern Alpha Canis Majoris ab, der auch als Sirius und passenderweise auch als Hundestern bekannt ist, dem hellsten Stern am Nachthimmel.

1953 wurde Grönland im Rahmen der dänischen Verfassung vollständig in den dänischen Staat eingegliedert. Am 1. Mai 1979 erhielt die Insel die Selbstverwaltung. Im Jahr 2008 stimmten die Grönländer für das Selbstverwaltungsgesetz, mit dem mehr Befugnisse von der dänischen Regierung auf die lokale grönländische Regierung übertragen wurden, einschließlich der Zuständigkeit für die meisten Regierungsfunktionen. Die dänische Regierung behielt die Kontrolle über die Staatsbürgerschaft, die Währungspolitik und die auswärtigen Angelegenheiten, einschließlich der Verteidigung. Zu letzterem gehört auch die Sirius-Hundeschlittenpatrouille.

Die Sirius-Patrouille heute

Die heutige Sirius-Hundeschlittenpatrouille oder „Sirius-Patrouille“, wie sie informell genannt wird, ist eine der Spezialeinheiten der dänischen Streitkräfte und als solche dem dänischen Kommando für Spezialoperationen angegliedert – neben dem Froschmann-Korps (Kampfschwimmer der Marine) und dem Jäger-Korps als Spezialkräfte des Heeres. Das Haupteinsatzgebiet der Einheit ist Nordostgrönland. Der Nordostgrönland-Nationalpark ist mit 972.000 Quadratkilometern derzeit der größte Nationalpark der Welt und das neuntgrößte Schutzgebiet der Welt.

Zu den Aufgaben der Einheit gehören Überwachung, Polizeiarbeit und Rechtspflege sowie die Durchsetzung der Souveränität in dem Einsatzgebiet. Darüber hinaus überwacht die Patrouille die Kreuzfahrtschiffe, die verschiedenen wissenschaftlichen und sportlichen Expeditionen in dem Gebiet, hilft bei Such- und Rettungseinsätzen und fungiert als Parkwächter im Nordostgrönland-Nationalpark. Eine weitere Aufgabe, die in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen hat, ist die Überwachung der Auswirkungen des Klimawandels auf die grönländische Umwelt. Obwohl „Hundeschlitten“ ein Teil des Einheitsnamens ist, werden Patrouillen in den Sommermonaten, in denen die Nordostküste Grönlands relativ eisfrei ist, auch per Boot durchgeführt. In den Wintermonaten werden die Patrouillen jedoch mit Hundeschlitten durchgeführt, und zwar in Zweierteams, die oft monatelang im Eis unterwegs sind und keinen Kontakt zu anderen Menschen haben.

Auswahlverfahren und Ausbildung

Für die Sirius-Patrouille benötigt man eine besondere Eignung. Das spiegelt sich auch in den Aufnahmebedingungen wider.

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