Am Montag dieser Woche gaben die schwedischen Streitkräfte zusammen mit Saab auf einer Pressekonferenz bekannt, dass im Geheimen eine neue Schwarmtechnologie für Drohnen entwickelt wurde, die nun einsatzbereit ist. Die Pressekonferenz fand im Rahmen der Konferenz People and Defence statt. Teilnehmer waren der schwedische Verteidigungsminister Pål Jonson, der Chef des schwedischen Heeres Generalmajor Jonny Lindfors sowie Saab-CEO Micael Johansson.
Dort wurde vorgetragen, dass im Auftrag des schwedischen Verteidigungsministeriums und in Zusammenarbeit mit Saab, im Geheimen einen neuartigen Drohnenschwarmtechnologie entwickelt wurde. Die Technologie soll sicherstellen, dass das schwedische Militär an der Spitze der Entwicklung in diesem Bereich bleibt und das Land gegen übermächtige Feinde geschützt ist, so die Teilnehmer.
Schwarmtechnologie entlastet Bediener
Das System soll aktuell in der Lage sein, bis zu 100 Drohnen gleichzeitig durch einen Soldaten/Bediener steuern zu lassen. Damit wird Personal eingespart und die Bediener gleichzeitig entlastet. Bei einem Einsatz sollen die Drohnen zudem unterschiedliche Missionen beziehungsweise Aufgaben übernehmen können. Das System soll erstmals im März 2025 bei der NATO-Übung Arctic Strike in Schweden eingesetzt werden und bis Ende des Jahres beim schwedischen Militär in Nutzung gehen.

Der Verteidigungsminister und der Heereschef waren persönlich an der Beschleunigung des Projekts beteiligt, das so in Rekordzeit durchgeführt werden konnte, so war es am Rande der Pressekonferenz zu hören. „Was, so unsere Fachleute, sonst etwa fünf Jahre gedauert hätte, ist jetzt in einem Jahr erledigt“, so Verteidigungsminister Jonson laut schwedischen Medien. Welche Bedeutung Drohnen und eine Schwarmtechnologie haben, wird jeden Tag und ganz aktuell in der Ukraine ersichtlich.
Drohnen können bewaffnet werden
Im Rahmen des bisher geheim gehaltenen Projekts hat Saab eine neuartige Software entwickelt, die es herkömmlichen/zivilen Drohnen mit unterschiedlicher Größe ermöglicht, Schwärme zu bilden und autonom verschiedene Arten von Missionen durchzuführen. So können sie beispielsweise eine Straße überwachen, Bilder anfertigen und versenden, oder feindliche Objekte detektieren. „Dabei können die Drohnen sich im Schwarm die Aufgaben untereinander aufteilen. Wenn nötig, kehren sie nach Hause zurück und laden ihre Batterien auf, um sich dann wieder ihrer Aufgabe zu widmen“, so Pål Jonson.
Die Software soll leicht mit neuen Funktionen ergänzt werden können, beispielsweise damit die Drohnen Effektoren tragen können. „Das Einzigartige ist nicht die Drohne selbst, sondern die Tatsache, dass wir sie aktualisieren und auf dem Laufenden halten können“, sagte Heereschef Generalmajor Jonny Lindfors. Der Drohnenschwarm wird den Namen „Gnadd“ tragen, ein schwedischer Begriff für einen großen Schwarm lästiger Insekten.

Beschleunigte Entwicklung
Das Projekt zielt nicht nur darauf ab, der Armee eine neue Drohnenfähigkeit zu geben, sondern auch Prozesse zu finden, die es ermöglichen, Innovationen schneller zu übernehmen und in Operationen einzusetzen. Nach Ansicht des Verteidigungsministeriums hat der Krieg in der Ukraine gezeigt, wie wichtig es ist, an der Spitze der Entwicklung zu stehen. Daher müsse die Aufrüstung der schwedischen Verteidigung schneller vorangetrieben werden, wenn die Sicherheit Schwedens nicht gefährdet werden solle, heißt es.
Drohnen spielen für moderne Streitkräfte seit langem eine entscheidende Rolle bei Nachrichten- und Aufklärungsmissionen. Insbesondere hat die Ukraine kommerzielle Drohnen, wie zum Beispiel Renndrohnen mit Ego-Perspektive, angepasst, die sich beim Abfangen feindlicher Drohnen, beim Angriff auf gepanzerte Fahrzeuge und bei der Unterbrechung logistischer Operationen bewährt haben.
Nicht fürs Lagerhaus kaufen
„Wir lernen gerade aus dem Krieg in der Ukraine. Die Geschwindigkeit des Wandels ist hoch. Das bedeutet, dass wir nicht 100.000 Drohnen kaufen wollen, die in einem Lagerhaus landen könnten“, sagte Generalmajor Lindfors. Die neue Technologie richtet sich an Soldaten und Wehrpflichtige, die keine Erfahrung als Drohnenpiloten haben. Sie ist schnell zu erlernen und kann über ein Mobiltelefon oder Tablet bedient werden.

Künstliche Intelligenz spielt dabei eine große Rolle. Was die Sensoren tatsächlich sehen, wird noch auf den Drohnen analysiert, um genaue Informationen an die Geräte und den Soldaten zurückzusenden. „Das geht so schnell, dass es nicht möglich ist, nur ein Bild zu betrachten“, sagt Saab-CEO Micael Johansson laut schwedischen Medien. „Die Drohnentechnologie ermöglicht es, Personal einzusparen, was für ein Land wie Schweden besonders wichtig ist, wenn es einem quantitativ überlegenen Gegner gegenübersteht“, so Verteidigungsminister Jonsson.
Der russische Elefant im Raum
Dabei erwähnte der Verteidigungsminister Russland oder andere potenzielle Feinde nicht ausdrücklich. Aber die Vorstellung des Projekts kommt weniger als 24 Stunden, nachdem der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson auf derselben Verteidigungskonferenz am Sonntag folgendes gesagt hatte: „Schweden befindet sich nicht im Krieg, aber es gibt auch keinen Frieden mehr in Schweden“.
Der Ministerpräsident ist der Ansicht, dass hybride Kriegsführung, Fehlinformationen und die jüngsten Ereignisse in der Ostsee die Sicherheitslage im Land belasten. So erwähnte er das chinesische Schiff Yi Peng 3, das für zwei Kabelbrüche in der Ostsee verantwortlich gemacht wird. Da Schweden derzeit noch die Ursachen untersucht, war er in seiner Rede darauf bedacht, niemanden verantwortlich zu machen. Aber auch hier gilt Russland als Hauptverdächtiger.
André Forkert