StartAusrüstung & BekleidungL3Harris liefert weiterentwickelte Fusionsbrillen an die U.S. Army

L3Harris liefert weiterentwickelte Fusionsbrillen an die U.S. Army

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L3Harris Technologies, der US-Spezialist für Nachtisichtsysteme, hat am 8. September 2020 die Auslieferung von mehr als 1.000 Fusionsbrillen des Typs Enhanced Night Vision Goggle – Binocular (ENVG-B) an die U.S. Army bekanntgegeben. Mit dieser Lieferung wird der zweite Verband der U.S. Army vollständig mit der modernen Nachtsichttechnologie der nächsten Generation ausgestattet.

Diese Auslieferung ist Bestandteil des Erstauftrags, den das Unternehmen im Jahr 2018 im Rahmen des ENVG-B-Auftrags von der U.S. Army erhalten hat. Das Gesamtauftragsvolumen beläuft sich auf 391 Millionen US-Dollar. Die ersten Systeme wurden September 2019 an die US-Streitkräfte übergeben.

ENVG-B

Die neuartige Brille ist eine Weiterentwicklung der „Fusion-Goggle-Enhanced“ Brille, welche unter anderem in den Spezialkräften der Bundeswehr Verwendung findet. Die Brille kombiniert zwei leistungsstarke 18-mm Nachtsichtröhren der dritten Generation (Weißer Phosphor) von L3Harris mit einem separaten Wärmebildkanal für die Bildfusion und die thermische Zielaufklärung. Die Nutzung von Weißer Phosphor im Vergleich zum bisher üblichen Grünen Phosphor bringt klarere Konturen und daher bessere Entdeckungsmöglichkeiten. Auch wirkt das Bild ruhiger und wirkt damit einer Ermüdung des Soldaten entgegen.

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Grüner und Weißer Phosphor
Bildvergleich zwischen Grünem und Weißem Phosphor (Foto: L3Harris)

Die binokulare Bauweise des ENVG-B gibt Soldaten mehr Tiefenwahrnehmung. Der Wärmebildsensor ermöglicht es, feindliche Wärmesignaturen bei Nacht und bei Tageslicht durch Rauch, Nebel und andere Dunkelheiten auf dem Schlachtfeld schneller zu erfassen. Das System kann drahtlos mit auf Handwaffen montierten Wärmebildzielgeräten kombiniert werden und das dort generierte Zielbild direkt in das Okulardisplay der ENVG-B – somit in das Sichtfeld der Nutzer – übertragen.

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Die Augmented-Reality-Fähigkeit ermöglicht die Einspiegelung von Points of Interests (POI). Sie erscheinen als AR-Symbol über der tatsächlichen Position und können weitere Informationen wie bspw. die Klassifikation „verbündet“, „feindlich“, „unbekannt“ oder „neutral“ beinhalten. Die AR-Symbole zeigen auch die Entfernung und Richtung zum POI an. Mit Hilfe von Endbenutzergeräten (Android Team Awareness Kits, ATAK-Smart-Devices) und Funkgeräten können diese POI-Informationen auch direkt an andere Soldaten und übergeordnete Führungsebenen übertragen werden. Auch mittels Drohnen aufgenommene Bilder können direkt vor das Auge des ENVG-B-Nutzers projiziert werden. Dies zeigte L3Harris zum Beispiel im Zusammenspiel mit einer FLIR Black Hornet Nanodrohne.

Fortlaufende Produktverbesserung

Ende April 2020 hat L3Harris Technologies die erste Lieferung von 656 ENVG-B-Systemen an die U.S. Army abgeschlossen. Wie die U.S. Army erst kürzlich bestätigte, werden diese neuen Nachtsichtgeräte in Fort Benning ständig sogenannten „reliability growth tests“ (RGT) unterzogen und weiterentwickelt. Das bedeutet aber nicht, dass die Testreihen alle reibungslos abgelaufen sind. Die erkannten Schwächen werden sukzessive abgestellt und in darauf folgenden Tests evaluiert. Vom Konzept her sind RGT iterative „Berührungspunkte mit der Truppe“, die Schwächen in der Software oder Hardware frühzeitig und oft während des gesamten Entwicklungsprozesses aufdecken, um ein Endprodukt zu formen, das für den Soldaten vorteilhaft ist und vollständig akzeptiert wird.

Weitere Tests wurden neun Monate nach Auslieferung der ersten Geräte an Kampftruppenverbände durchgeführt, um die erreichten Systemverbesserungen im Bereich der Augmented-Reality-Technologien sowie der dazugehörigen Hardware zu beurteilen.

ENVG B Hardwareentwicklung
Auch äußerlich wurde die ENVG-B in der Zwischenzeit weiterentwickelt. Das Bild links stammt von Ende 2019, das rechte Bild wurde Mitte 2020 geschossen. (Fotos: U.S. Army)

Major John Nikiforakis, der stellvertretende Produktmanager des Program Executive Office (PEO) Soldier dazu: „Aber das war erst der Anfang! Neue Anwendungen werden getestet und verfeinert, um sie an die Kampftruppen zu liefern. Unser Ziel ist es immer, den Soldaten als ein System zu sehen, Soldaten und Trupps ganzheitlich mit Waffen und Systemelementen auszurüsten, die zusammenwirken, um sie wirksamer und robuster zu gestalten.“

Das neue System beinhaltet Augmented Reality (AR) und ein Head-up-Display (HUD), das sich drahtlos in die Waffenoptik integrieren lässt. Dies ermöglicht es dem Soldaten um die Ecke zu wirken, ohne sich dabei selbst der Feindwirkung auszusetzen. Dazu muss lediglich die Waffe um die Ecke gehalten werden, dass dort in der Zieloptik sichtbare Bild wird in die Nachtsichtbrille übertragen (siehe Video). Des Weiteren ermöglicht das integrierte HUD die Einblendung weiterer missionskritischer Informationen wie Standortkoordinaten und Navigationskurs, Textübermittlung sowie die räumliche Darstellung eigener Kräfte. Dabei werden die Daten außerhalb des aktiven Sichtfeldes (Field-Of-View – FOV) angezeigt und behindern so nicht die eigentliche Sicht des Soldaten. Zudem ist eine drahtlose Kommunikation mit beliebigen Computergeräten über die L3Harris App möglich.

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Neben relevanten Lageinformationen kann auch die derzeitige Ausrichtung der Waffe (Zielkreuz rechts im Bild) in das Sichtbild des Soldaten eingeblendet werden. (Foto: U.S. Army)

„Der Schwerpunkt liegt dabei darauf, das System in die Hände der Soldaten zu geben und frühzeitig herauszufinden, welche Probleme es mit dem Gerät gibt und wie die Soldaten es tatsächlich einsetzen“, sagte Hauptmann Will Hess, kommandierender Offizier der am Test beteiligten Einheit. „Sie haben es entwickelt und im Labor getestet, je nachdem, wie sie glauben, dass die Soldaten es benutzen werden. Jetzt geben wir es den Soldaten und lassen sie durch unser Trainingsprogramm laufen, um zu sehen, wie sie es tatsächlich benutzen, und um die Robustheit zu testen, um zu sehen, wie es der Art von rigorosem Gebrauch standhalten kann, wie Soldaten es in einer dichten, rauen Umgebung bei Manövern von abgesessenen Truppen einsetzen.“

Laut den ersten Testauswertungen konnten die Soldaten mit der ENVG-B Ziele auf Entfernung von 300 m entdecken und bekämpfen, während die mit der derzeitigen Standard-Nachtsichtbrille PVS-14 ausgerüstete Vergleichsgruppe nicht weiter als 150 Meter sehen konnten. Die raue Umgebung in Fort Polk umfasst Sümpfe, die die Soldaten vor besondere Herausforderungen stellen. So konnten bspw. weniger als ein Meter entfernte Schlangen mit der ENVG-B erkannt und als potentielle Bedrohung wahrgenommen werden, während die PVS-14-Nutzer die Schlangen nicht mal gesehen haben.

Das Fazit der Tests war eindeutig, die ENVG-B ermöglicht eine weitreichendere und schnellere Zielauffassung. Dies ermöglicht ein schnelleres und sichereres Vorgehen der Soldaten. Hinzu kommen Ausstattungsmerkmale wie „durchsichtige“ Kartenüberlagerungen, ein Kompass, GPS-Position, Höhenangaben, Entfernungen zum eingegebenen Zielpunkt, Zeit oder der eingestellte Modus.

André Forkert