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Automatischer Granatwerfer UAG-40

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Der automatische Granatwerfer UAG-40 ist eine der zahlreichen heimischen Entwicklungen, die in den letzten Jahren in der Ukraine entstanden sind. Konstruiert wurde der Werfer von dem Unternehmen Kusnja na Rybalskomu, einer Werft und gleichzeitig großem Waffenhersteller in Kiew am Ufer des Dnjepr. Die Produktion ist ebenfalls dort angesiedelt. Die Traditionsfirma Kusnja na Rybalskomu, seit 1924 unter dem Namen Leninska Kuznya bekannt, änderte die Firmierung 2017, in Übereinstimmung mit der neuen ukrainischen Gesetzgebung, die keine Verweise aus der Sowjetzeit in Firmennamen zuließ. Die Waffe erfuhr ihre Feuertaufe im Konflikt um die Ostukraine und wurde seitdem auch in Westafrika dokumentiert. Dort geriet eine frühe Version der UAG-40 bereits 2016 in die Hände der Terrororganisation Boko Haram. Somit ist eine unkontrollierte Proliferation des Werfers zunehmend wahrscheinlich und auch in das Einsatzgebiet der Bundeswehr in Mali vorstellbar.

Entwicklung

Die Entwurfsarbeiten für das System begannen 2011 und wurden durch den Konflikt in der Ostukraine ab 2014 erheblich beschleunigt. Was den UAG-40 von anderen, ähnlichen automatischen Granatwerfern im Kaliber 40 × 53SRmm unterscheidet, ist sein bemerkenswert geringes Gewicht, sowie eine Kombination interessanter Konstruktionsmerkmale. Das Leergewicht der Waffe beträgt nur 18kg, bei einer Gesamtmasse von 40 kg mit Dreibein und montiertem Gurtkasten. Zum Vergleich: Die US MK 19 Mod 3 wiegt mit der MK 64 Mod 7 Wiege auf dem M3 Dreibein ohne Gurtkasten bereits etwa 65 kg. Diese erhebliche Gewichtsreduzierung wird durch die Verwendung leichter Materialien (darunter Titan, das z.B. 80% der Lafette ausmacht) und Kohlefaser, das in Teilen des Gehäuses verwendet wird, erreicht. Neben der geringen Masse ist laut Hersteller die hohe Präzision die wichtigste Eigenschaft des Systems.

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UAG-40 Werfer in Baugruppen zerlegt für den Transport (Foto: Kristóf Nagy)

Um dieser Behauptung nachzugehen, muss die Funktion der Waffe und ihrer Komponenten genauer untersucht werden. Zur Steigerung der Präzision bei solch einem Typ automatischer Waffen hat die deutliche Verringerung des Rückstoßes eine Schlüsselrolle. Eine Möglichkeit, den Rückstoß innerhalb einer Waffe abzuschwächen, besteht darin, die Masse der Waffe und ihrer Lafette zu erhöhen. Da bei der UAG-40 konstruktiv versucht wurde, dass Gesamtgewicht des Systems zu reduzieren, ist diese Art der Rückstoßminderung keine Option.

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Granatwerfer UAG-40

Um das Problem anzugehen verwendeten die Ingenieure von Kusnja na Rybalskomu eine Variante des Masseverschlusses, welche als Masseverschluss mit echter Vorlaufzündung bekannt ist. Diese Verschlussart geht zurück auf den Konstrukteur Reinhold Becker, der das Prinzip zu Beginn des Ersten Weltkriegs für seine 20-mm-Maschinenkanone Typ M2 entwickelt. Spätere Verwendung erfuhr das Prinzip in berühmte Konstruktionen wie der 30-mm-Maschinenkanone MK 108 von Rheinmetall-Borsig. Die Vorlaufzündung erwies sich als ideale Lösung für Plattformen, bei denen ein leichtes Systemgewicht gepaart mit möglichst geringem Rückstoß im Vordergrund stand und eine geringe Mündungsgeschwindigkeit in Kauf genommen werden konnte. Auch andere automatische Granatwerfer, wie z.B. die aus US-Fertigung stammende Serie MK 19 bedienten sich dieser Verschlussart.

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Das wesentliche Konzept, das dem Masseverschluss mit echter Vorlaufzündung zugrunde liegt, besteht darin, dass eine Patrone angezündet wird, bevor der Verschluss vollständig verriegelt ist und sich noch vorwärts bewegt. Ein wichtiger Vorteil dieses Systems besteht darin, dass der Rückstoßimpuls, der von den durch die Funktion einer Patrone erzeugten expandierenden Gasen ausgeübt wird, zuerst die Vorwärtsbewegung des Verschlusses überwinden und diesen verlangsamen sowie stoppen muss. Die dadurch verbrauchte Energie wirkt sich direkt rückstoßmindernd aus. Eine weitere wichtige Folge ist, dass der Verschluss nicht mit der gleichen Kraft auftrifft, wie bei einem konventionellen System, was die Genauigkeit zusätzlich erhöhen kann.

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Blick auf die Gurtzuführung und die Patronenkammer. (Foto: Kristóf Nagy)

Die Erfindung von Becker ermöglicht zudem die Nutzung von deutlich leichteren Verschlüssen. Im Falle des UAG-40 beträgt das Gewicht von Verschlussträger und   -kopf gerade einmal 5 kg. Zudem kann eine Rückholfeder mit geringerer Kraft verbaut werden, was den manuellen Spannvorgang erleichtert. Um sicherzustellen, dass die Patronenhülse bei der Zündung nicht reißt, wird beim Masseverschluss mit echter Vorlaufzündung oft eine verlängerte Patronenkammer verwendet, um die Hülse abzustützen. Zusätzlich ist beim UAG-40 die Kammer aus Titan gefertigt, um das Gewicht weiter zu reduzieren. Dennoch muss die Abstimmung zwischen Verschlussmasse, Munitionsimpuls, Federspannung und Kammerlänge flexibel genug sein, um eine Vielzahl von Munitionssorten sicher verschießen zu können. Diese Flexibilität wird im Allgemeinen durch geringe Mündungsgeschwindigkeiten erkauft. Darüber hinaus bedeutet die präzise Anforderung an die Kammerlänge, dass die Bandbreite der potentiell möglichen Munitionssorten schrumpft.

Die Beschränkung der Munitionsvielfalt ist aus einer Vielzahl von Gründen nicht unerheblich. Dies gilt insbesondere dann, wenn potentielle Exportkunden bereits zahlreiche Munitionssorten eingeführt haben. Um sicherzustellen, dass die UAG-40 eine breite Palette verfügbarer Munitionssorten funktionssicher verschießen kann, führte das Ingenieurteam des Herstellers Versuche mit im Moment des Anzündens nur teilweise in die Patronenkammer eingeführten Granaten durch. Die Auswertung dieser Versuche veranlassen den Hersteller der UAG-40 zu der Aussage, dass die verstärkte Wandung der 40 × 53SR mm Hülse ausreicht, sollte die Patrone noch nicht vollständig in die Kammer eingeführt und abgestützt sein. Durch diesen Umstand verfügt laut Hersteller das System über eine relativ geringe Anfälligkeit für Störungen. Nicht zuletzt dient auch noch eine speziell entworfene und angepasste Mehrkammer-Mündungsbremse der Reduktion des Rückstoßes.

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Neben Titan wird auch Carbon verwendet um das Systemgewicht niedrig zu halten. (Foto: Kristóf Nagy)

Die Erhöhung der Präzision ist auch bei der Ausgestaltung des Rohres im Fokus. Durch eine zur Mündung hin schrittweise zunehmende Anzahl von Zügen erfährt das Geschoss eine zusätzliche Führung. Dies ist nicht zu verwechseln mit einem  progressivem Zug/ Feld Profil, bei dem eine allmählich zunehmende Steigung dem Geschoss auf seinem Weg zur Mündung einen immer schnelleren Drall verleiht. Bei der UAG-40 ist der Lauf in drei gezogene Segmente unterteilt. Das Laufsegment hinter dem Patronenlager weist 12 Züge auf. Das mittlere Segment bereits 18 und das letzte Drittel des Laufs 24. Nach Angaben des Herstellers wird auch eine Version mit 36 Zügen im letzten Segment vor der Mündung gefertigt. Kusnja na Rybalskomu behauptet, dass dies bei einer solchen Waffe eine unübertroffene Genauigkeit bis zu einer Entfernung von 1.500 m ermöglicht, während Flächenziele (je nach Munition) bis zu einer Entfernung von 2.200 m erfolgreich bekämpft werden können.

Die Gesamtlebensdauer des Systems beträgt, ebenfalls nach Herstellerangaben, etwa 15.000 Schuss. Der Lauf muss nach ca. 6.000 Schuss gewechselt werden, während die Schließfeder für ca. 10.000 Schuss ausgelegt ist.

Das UAG-40 hat ein fest verbautes offenes Klappvisier. Zudem verfügt das Gehäuse über eine Picatinny-Schiene, um eine Vielzahl von optischen Visieren und Nachtsichtgeräten aufnehmen zu können. Die gegurtete Munition wird aus einem Munitionskasten zugeführt, der an der linken Seite des Gehäuses befestigt wird. Das gesamte System lässt sich leicht in zwei Elemente zerlegen, welche um die 22 kg wiegen und mit dafür gefertigten Rückentragesätzen von je einer Person transportiert werden können. Neben der serienmäßigen leichten Dreibeinlafette mit sehr hohem Titananteil kann die Waffe auch auf einer Vielzahl von Fahrzeugen montiert werden. Aktuell ist die UAG-40 Bestandteil der Bewaffnung des leichten Schnellbootes KENTAVR und eine Option für das Artillerie-Panzerboot GYURZA-M, die beide vom gleichen Hersteller für die ukrainische Marine sowie den Export angeboten werden.

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40 x 53SR mm Munition aus der Fertigung von Impuls (Foto: Kristóf Nagy)

Zusätzlich zu der UAG-40 entwickelt der Hersteller Kusnja na Rybalskomu auch verschiedene Patronen im Kaliber 40 × 53SR mm. Diese werden bereits, wenn auch in begrenzter Stückzahl, lokal gefertigt. Die Endmontage einschließlich der Verarbeitung von Sprengstoffen wird aus Sicherheitsgründen von einer Firma namens Impulse in der nordostukrainischen Stadt Shostka und nicht im Herzen von Kiew durchgeführt. Das ukrainische Militär hat seit 2016 insgesamt 500 Systeme erworben und wird voraussichtlich weitere bestellen. Auch einige Verkäufe an Kunden im Ausland sind dokumentiert, wie etwa Nigeria. Gegenwärtig konzentriert sich der Hersteller auf die Vermarktung des Produkts an potenzielle internationale Käufer, wobei der Schwerpunkt aktuell auf den Ländern des Nahen Ostens liegt.

Technische Spezifikationen des UAG-40
Kaliber: 40 × 53SR mm
Länge: 960 mm
Höhe: 210 mm
Höhe mit Stativ: 763 mm
Breite: 408 mm
Breite mit Stativ: 1.070 mm
Lauflänge: 400 mm
Leergewicht: 18 kg
Gewicht mit Stativ und Munitionskasten: 40 kg
Feuerrate: 370-400 Schuss/Minute
Reichweite: 2.200 m (variiert je nach Munition)
V0: 240 m/s (variiert je nach Munition)

Kristóf Nagy