StartMobilitätOMFV-Lynx – Neue Details zum Schützenpanzerangebot von Rheinmetall an die U.S. Army

OMFV-Lynx – Neue Details zum Schützenpanzerangebot von Rheinmetall an die U.S. Army

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Für die US-Version des Lynx, einem der fünf verbliebenen Kandidaten für den neuen Schützenpanzer der U.S. Army, arbeitet der Rüstungskonzern Rheinmetall an der Integration eines unbemannten Maschinenkanonenturms für die Aufnahme einer 30-mm- oder wahlweise einer 50-mm-Waffenanlage. Dies geht aus einem Gespräch von Mike Milner, dem Leiter Geschäftsfeldentwicklung von American Rheinmetall Vehicles, mit dem US-Fachmagazin „Army Technology“ hervor. Nach Aussage von Milner würde der Lynx im Falle eines Erfolges komplett in den USA gefertigt werden, ein Technologietransfer sei bereits eingeleitet worden. Ein Sprecher des Rheinmetallkonzerns bestätigte die Aussagen auf Nachfrage von Soldat & Technik.

Die U.S. Army hat im Juli fünf Anbieter für die nächste Phase des Wettbewerbes um die Nachfolge des Schützenpanzers Bradley ausgewählt. Neben American Rheinmetall Vehicles, einer US-Tochter des deutschen Rüstungskonzerns aus Düsseldorf, sollen Point Blank Enterprises, BAE Systems, General Dynamics Land Systems sowie das Team aus Oshkosh Defense und dem südkoreanischen Hersteller Hanwah in der Phase 2 des Optionally Manned Fighting Vehicle (OMFV)-Programms digitale Entwürfe des neuen Gefechtsfahrzeuges einreichen.

Die U.S. Army beabsichtigt im Zuge des OMFV-Programms, fast 4.000 Gefechtsfahrzeuge des Typs Bradley zu ersetzen, dessen Nachfolge bereits mehrere Milliarden US-Dollar verschlungen hat, ohne dass ein einziges Gefechtsfahrzeug eingeführt wurde. Dies ist bereits der dritte Versuch des US-Heeres, einen Nachfolger für den etwa 40 Jahre alten Bradley zu finden.

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Die Gesamtsumme der fünf Verträge für die digitalen Designstudien beläuft sich einer Mitteilung der U.S. Army zufolge auf etwa 300 Millionen US-Dollar, der Rheinmetall-Anteil beläuft sich auf 54 Millionen US-Dollar.

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Turmkonzept OMFV-Lynx

Milners Aussagen zufolge dient die Plattform des Lynx KF41 als Basis für die OMFV-Version des Schützenpanzers, da diese bereits in der Grundversion mehrere grundlegende Anforderungen des US-Heeres erfüllt. Es sind jedoch spezifische Anpassungen notwendig.

Rheinmetall hat den Lynx als Schützenpanzer mit einem bemannten Turm konzipiert, wie er beispielsweise in Ungarn ausgewählt wurde und sich in Australien und Tschechien im Wettbewerb befindet.

Dafür ist eine Besatzung von drei Personen notwendig. Die US-Streitkräfte fordern jedoch eine zweiköpfige Besatzung, was ein unbemanntes Turmkonzept erfordert. Offenbar ist das Turmkonzept bereits entwickelt und Prototypen stehen zur Verfügung.

Laut Rheinmetall arbeitet das Team Lynx, bestehend aus American Rheinmetall Vehicles, Raytheon Technologies, L3Harris Technologies, Textron Systems und Allison Transmissions, gegenwärtig an einer Integration. Dazu wurde erst jüngst eine Entwicklungsvereinbarung (CRADA) mit dem U.S. Army Combat Capabilities Development Command Armaments Center (DEVCOM AC) geschlossen.

Dieses CRADA ermöglicht es dem DEVCOM AC und American Rheinmetall Vehicles, regelmäßig zusammenzuarbeiten, um integrierte Waffen-, Feuerleit- und Munitionstechnologien für Kampffahrzeuge zu entwickeln. „Neben anderen Forschungs- und Entwicklungsaufgaben bietet das CRADA dem Team die Möglichkeit, die Integration der 50-mm-Kanone XM913 der U.S. Army auf Plattformen zu erforschen, die potenzielle Kandidaten für das OMFV-Programm sind“, heißt es dazu in einer Ende August veröffentlichten Pressemitteilung von Rheinmetall.

Der unbemannte OMFV-Turm des Lynx wird laut Rheinmetall ohne Änderungen an der Turmstruktur bzw. -architektur eine 30-mm-Kanone vom Typ XM813 oder die 50-mm-Kanone XM913 von Bushmaster aufnehmen können. Einen Rohrwechsel kann offenbar auch die Besatzung im Feld vornehmen, vorausgesetzt diese verfügt über eine Vorrichtung zum Heben der schweren Waffenanlagen.

Daneben verfügt der Turm über integrierte Panzerabwehrlenkflugkörper TOW der neuesten Version, welche derzeit auch am Bradley genutzt werden, sowie über eine Mehrzweckdrohne des Typs Coyote von Raytheon. Nach Angaben des Herstellers kann die aus einem Rohr gestartete Coyote-Drohne einzeln oder in Schwärmen eingesetzt werden und ist für eine Vielzahl von Missionen geeignet, darunter Überwachung und elektronische Kampfführung. Das System kann aber auch als kinetisches Wirkmittel genutzt werden, es ist für das Tragen von austauschbaren Nutzlasten ausgelegt. Raytheon gibt eine Betriebsdauer des Systems von bis zu einer Stunde an.

Auch die Integration des Panzerabwehrlenkflugkörpers Javelin ist denkbar. Das Waffensystem wird derzeit weiterentwickelt, so dass es neben der Panzerbekämpfung auch zur Drohnenabwehr und Aufklärung genutzt werden kann.

Team Lynx

Um die Chancen im Wettbewerb zu verbessern, hat Rheinmetall das „Team Lynx“ aufgestellt, an dem mehrere Unternehmen aus den USA beteiligt sind.

Raytheon trägt seine Expertise im Bereich der Sensorik und der Effektorik bei. L3Harris ist ein Spezialist für Fahrzeug‐Missionssysteme und Cyber‐Security‐Lösungen und für die Realisierung des offenen modularen Systemansatzes (Modular Open System Architecture, MOSA) des Lynx verantwortlich. Textron Systems dient als primärer Produktionspartner für die Lynx-Fahrgestelle und bringt seine Expertise im Bereich der Robotik und der unbemannten Systemen ein. Allison Transmission ist für Entwicklung und Produktion eines Getriebes und der Drive-by-Wire- Fähigkeit zuständig.

Phasen des OMFV-Programms

  • Phase 1: Marktanalyse (Abgeschlossen in 2020)
  • Phase 2: In der digitalen Designphase (2021 bis Anfang 2023) sollen fünf Wettbewerber digitale Entwürfe für das geforderte Gefechtsfahrzeug erstellen und sich einem Preliminary Design Review (PDR) erstellen. Anschließend besteht in einer Nachentwurfsphase die Möglichkeit, den Fahrzeugentwurf weiterzuentwickeln. Auswahlkriterien sind Leistungsvermögen, technische Reife des Entwurfs, Rechte sowie Kosten für Beschaffung und Betrieb.
  • Phase 3: In der detaillierten Designphase (2023 bis 2024) sollen im April 2023, als Ergebnis der Untersuchung der virtuellen Fahrzeuge, maximal drei Anbieter aufgefordert werden, unter Berücksichtigung der Simulationsergebnisse der Phase 2 ihre Entwürfe zu verfeinern und bis Juli 2025 funktionsfähige Prototypen zu bauen.
  • Phase 4: Der Bau von drei Prototypen und deren Test ist Gegenstand so genannten Prototypen- und Testphase (2025 bis 2026), an deren Ende ist die Auswahl eines Wettbewerbers für die Serienproduktion des OMFV vorgesehen.
  • Phase 5: Die Vorserienproduktion (ab 2027) dient der Produktion einer Vorserie von OMFV, deren Fahrzeuge für umfangreiche Erprobung durch Regierungsstellen vorgesehen sind.

Waldemar Geiger