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Schusswaffenkooperation in Skandinavien: Neues Gewehrsystem von Sako für die finnischen und perspektivisch die schwedischen Streitkräfte

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In Skandinavien zeichnet sich eine interessante Schusswaffenkooperation ab. Die Kooperation der finnischen und schwedischen Streitkräfte im Bereich der Handwaffen nimmt konkrete Gestalt an. So beschaffen die finnischen Streitkräfte mit dem M23 ein neues Gewehrsystem des finnischen Herstellers Sako. Ein entsprechender Vertrag wurde am 12. Januar 2022 unterzeichnet. Perspektivisch könnten sich auch die schwedischen Streitkräfte anschließen. Das wiederum hatten die finnischen Streitkräfte in einer Pressemitteilung Ende letzten Jahres bereits bekannt gegeben.

Das neue Sako-Gewehrsystem M23 umfasst sowohl halbautomatische Scharfschützengewehre als auch Infanterie-Unterstützungswaffen sowie Zusatzgerät, Instandsetzung und Ausbildungsleistungen. Der finnische Verteidigungsminister Antti Kaikkonen hatt die Streitkräfte Ende 2021 angewiesen, mit der heimischen Firma Sako Oy einen entsprechenden Beschaffungsvertrag zu schließen, was dann am 12. Januar 2022 geschah.

Das halbautomatische „Tarkkuuskivääri 23“ (Scharfschützengewehr 23) ist mit einem Zielfernrohr Steiner M7Xi 2,9-20 x 50 ausgestattet. Gemeinsam mit einer Hochleistungs-Präzisionsmunition kann der Scharfschütze damit eine Vielzahl von Zielen auf eine Entfernung von bis zu 800 Metern treffsicher bekämpfen. Das einfacher ausgestattete „Kivääri 23“ (Gewehr 23) trägt ein Trijicon VCOG 1-6×24, ist ebenfalls als Halbautomat ausgelegt und als Unterstützungswaffe vorgesehen. Es soll Wirkungsreichweiten auf 600 Meter ermöglichen. Beide Waffen folgen der vom US-amerikanischen M16 bekannten AR-10/AR-15-Architektur und sind auf das Kaliber 7,62 mm x 51 eingerichtet. Weitere Details beider Waffen sind das Funktionsprinzip als Kurzhub-Gaskolbensystem, der kaltgehämmerte 16-Zoll-Lauf, die Magpul CTR-Schulterstütze und der Handschutz mit M-Lok-Schnittstellen.

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Einer der bestimmenden Faktoren der Produktentwicklung beim M23-Gewehrsystem war die Möglichkeit, das Gewehr in Finnland zu produzieren. Die Waffen werden in der Sako-Fabrik in Riihimäki hergestellt, wodurch die nationale Versorgungssicherheit verbessert und ein Beitrag zum Erhalt von Know-how und Technologie sowie der Herstellungs- und Instandsetzungsfähigkeit von Waffensystemen in Finnland geleistet wird.

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Die Anschaffung erfolgt im Rahmen eines gemeinsamen Entwicklungsprojekts von Sako Oy und den finnischen Streitkräften in den Jahren 2020-2021. Die ersten Waffen werden bis Ende 2022 an das Heer ausgeliefert. Die Ausbildung für das Gewehrsystem soll 2023 beginnen. Der Gesamtwert des Auftrags beläuft sich auf rund 10 Millionen Euro. Der Vertrag enthält einen zusätzlichen Beschaffungsvorbehalt für Finnland mit einem Gesamtwert von bis zu 525 Millionen Euro. Der zusätzliche Beschaffungsvorbehalt für Schweden wird zu einem späteren Zeitpunkt festgelegt.

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Das halbautomatische „Tarkkuuskivääri 23“ (Scharfschützengewehr 23) ist mit einem Zielfernrohr Steiner M7Xi 2,9-20 x 50 ausgestattet. Gemeinsam mit einer Hochleistungs-Präzisionsmunition kann der Scharfschütze damit eine Vielzahl von Zielen auf eine Entfernung von bis zu 800 Metern treffsicher bekämpfen. (Foto: Sako)

Verteidigungsminister Antti Kaikkonen hat die finnischen Streitkräfte ebenso ermächtigt, ein Regierungsabkommen mit Schweden zu unterzeichnen, das eine gemeinsame Beschaffung zwischen Finnland und Schweden ermöglicht. Dieses wurde am 21. Dezember 2021 unterzeichnet und knüpft an die bereits im September 2021 vereinbarte Zusammenarbeit im Bereich der Handwaffensysteme und damit verbundenen Technologien an. Darüber hinaus wurde am 21. Dezember ein Vereinbarungsdokument unterzeichnet, das die künftige gemeinsame Beschaffung von u.a. Panzern, Artillerie, Mörsern und Panzerabwehrmunition ermöglichen wird.

Die skandinavische Kooperation im Bereich der Handwaffen hatte in den letzten Monaten erheblich an Fahrt aufgenommen. So will Schweden seinen Bestand an Sturmgewehren und Scharfschützenwaffen erneuern. Als Sturmgewehr des Königreichs dient derzeit der Automatkarbin AK5, eine Mitte der 1980er Jahre eingeführte, im Lande von Bofors produzierte Lizenzversion des belgischen FN FNC in 5,56 mm x 45. In der Rolle des Zielfernrohr-Gewehrs nutzt Schweden noch das G3 alias AK4, welches in der DMR-Version noch den Zusatz „D“ trägt. Da Schweden dringenden Handlungsbedarf bei der Erneuerung seiner Handwaffen sieht, keine eigenen Handwaffen-Fertigungskapazitäten im eigenen Lande hat und sich nicht auf lange, womöglich außereuropäische Lieferketten verlassen will, könnte nun Sako auch in Schweden zum Zuge kommen. Die vertiefte finnisch-schwedische Handwaffenkooperation könnte dazu führen, dass eine Version der Sako-Waffe, welche angeblich zunächst unter dem Projektnamen „K22“ entwickelt wurde, zunächst auch in Schweden als halbautomatisches Scharfschützengewehr und Zielfernrohrgewehr eingeführt wird. Zumindest durchläuft das M23 derzeit die Erprobungen. Beobachter des skandinavischen Defence-Sektors halten es darüber hinaus für nicht ausgeschlossen, dass Schweden das M23 in einer vollautomatischen Variante und in dem alten NATO-Kaliber auch als Sturmgewehr beschaffen könnte. Allerdings handelt es sich dabei doch noch um Spekulationen und weitere Handwaffenhersteller dürften ebenfalls Interesse haben, in Schweden aktiv zu werden.

Sako gehört zu dem italienischen Konzern Beretta Defence, der auch weitere Bestandteile von Handwaffensystemen wie Laser-Licht-Module oder Optiken (u. a. Steiner-Zielfernrohre) im Portfolio hat. Gleichwohl fällt Sako auch in der Heimat noch eine strategische Rolle zu: „Sako Oy hat tiefe Wurzeln in der finnischen Verteidigungsindustrie. Letztes Jahr feierte Sako sein hundertjähriges Bestehen, und wir arbeiten seit Jahrzehnten eng mit den finnischen Verteidigungskräften zusammen. Wir schätzen das Vertrauen, das uns die Streitkräfte entgegenbringen, sehr, und dieser Vertrag wird unsere Zusammenarbeit vertiefen, neue Arbeitsplätze in Finnland schaffen und auch zur Verbesserung der finnischen Versorgungssicherheit beitragen“, so Sako-Geschäftsführer Raimo Karjalainen. Auch Arto Kaikkola, Direktor von Sako Defence & Law Enforcement, unterstreicht die Bedeutung des Auftrags: „Der Vertrag ist ein bedeutender und strategisch sehr wichtiger Meilenstein für unseren Geschäftsbereich Sako Defence & Law Enforcement. Während der Entwicklungsphase des Gewehrsystems haben wir zusammen mit den finnischen Streitkräften mehrere umfangreiche Testzyklen unter verschiedenen Bedingungen durchgeführt. Wir sind der Meinung, dass das M23-Gewehrsystem eine Lösung bietet, die besonders gut für die operativen Bedürfnisse der finnischen Streitkräfte geeignet ist. Diese neue Produktfamilie als Ganzes stellt für Sako in Finnland, den nordischen Ländern und weltweit eine bedeutende Geschäftsmöglichkeit dar. Wir freuen uns sehr, dass das Abkommen auch die gemeinsame Beschaffung von Gewehren zwischen Finnland und Schweden ermöglicht“, so Kaikkola weiter.

Jan-Phillipp Weisswange