StartAusrüstung & BekleidungHexonia setzt auf Innovationskraft und Nachhaltigkeit Made in Germany

Hexonia setzt auf Innovationskraft und Nachhaltigkeit Made in Germany

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Die Modernisierungsbestrebungen der deutschen Streitkräfte im Bereich Bekleidung und persönlicher Schutzausrüstung strahlen auch auf die wehrtechnische Industrie aus. Die Hexonia GmbH, ein im nordrhein-westfälischen Nettetal beheimateter Spezialist für Bekleidung und persönliche Ausrüstung ist Profiteur dieser Maßnahmen. 2006 als reine Entwicklungsfirma mit weniger als zehn Mitarbeitern gegründet, ist der Personalumfang des Unternehmens auf mittlerweile über 185 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewachsen. In den vergangenen Jahren konnte Hexonia mehrere Lieferaufträge für unterschiedliche Produkte der Bundeswehr, sowie der niederländischen Streitkräfte gewinnen. Der Jahresumsatz der GmbH betrug zuletzt mehr als 45 Millionen Euro – der Auftragsbestand bemisst sich nach Angaben des Unternehmens auf über 140 Millionen Euro.

Wenn es nach Gerd Hexels geht, dem Inhaber und Geschäftsführer der Hexonia GmbH, ist das erst der Anfang der Entwicklung. Hexels hat in den vergangenen Jahren über zehn Millionen Euro in den Standort investiert und das Unternehmen zu einem Entwickler und Hersteller von kompletten Systemen für militärische Bekleidung und Schutzausrüstung voran gebracht.

Um dieses Ziel zu erreichen, hat er vor einigen Jahren ein 47.000 Quadratmeter großes Areal unmittelbar neben dem Firmensitz in Nettetal erworben. Dort hat er in den vergangenen Jahren mehrere moderne Produktionshallen errichten lassen, unter anderem auch eine Fertigungslinie für hartballistische Produkte, mit einer Produktionskapazität von bis zu 30.000 Gefechtshelmen pro Jahr. Soldat & Technik hatte jüngst die Möglichkeit den neuen Industriepark zu besichtigen und mit dem Geschäftsführer über die Unternehmensstrategie sowie die neuen Produkte des Unternehmens zu sprechen.

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„Wir wollen am Standort nicht nur ‚werkeln‘, sondern High-Tech Produkte Made in Germany herstellen“, macht Hexels seine Ambitionen deutlich und zeigt in einem anschließenden Betriebsrundgang was er damit meint. Die Spezialisten in Nettetal haben schon früh erkannt, dass militärische Bekleidung und persönliche Schutzausrüstung nur das volle Leistungspotenzial entfalten kann, wenn die einzelnen Komponenten perfekt aufeinander abgestimmt sind. Dieser Philosophie folgend übernimmt das Unternehmen wesentliche Anteile an der Entwicklung des Konzepts „Infanterist der Zukunft – Erweitertes System“ (IdZ-ES), einer Teilkomponente des Soldatensystems die sich über eine sehr hohe Nutzerakzeptanz in der Truppe erfreut.

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Beim IdZ-ES hat das Unternehmen bisher noch einige Komponenten von Zulieferern und anderen Herstellern zugekauft und zu einem Gesamtsystem kombiniert. Das soll sich nach Wunsch von Hexels ändern. In Zukunft möchte der Unternehmer aus Nachhaltigkeits- und Qualitätsgründen so viele Komponenten wie möglich am Standort Nettetal herstellen.

Nachhaltigkeit und Innovation im Fokus

Hexels möchte nach eigenen Aussagen nicht nur die notwendigen Technologien beherrschen, sondern auch die dazugehörigen Fertigungsprozesse und Lieferketten. Er strebt an, den Materialtransport von bestimmten Komponenten quer durch die Welt auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Moderne Produktionsmaschinen und Produktionsprozesse sollen sowohl die Textilfertigung, als auch die Herstellung der Hart- und Softballistik effizienter und umweltfreundlicher gestalten.

Bereits heute erlauben es moderne Strickmaschinen Hexonia, als einem der wenigen Anbieter weltweit, Merino-Wollunterwäsche „seamless“ herzustellen. Dies bedeutet eine Fertigung der Produkte ohne störende Nähte. Die Produktion erfolgt voll maschinell und automatisiert, die Maschinen laufen 24 Stunden an 7 Tagen in der Woche. Materialüberschuss und Abfall ist bei diesem Produktionsverfahren auf ein absolutes Minimum reduziert. Der Verzicht auf Nähte bietet dem Nutzer einen erhöhten Tragekomfort ohne Reibung oder Druckstellen.

Hexels sieht sich als moderner Unternehmer der Nachhaltigkeit verpflichtet und will dieses Prinzip, soweit wirtschaftlich möglich, weiter perfektionieren. So wird beispielsweise ein Teil, der für die Herstellungsprozesse benötigten Energie aus einer eigenen Photovoltaikanlage gewonnen. Auch beim Wassermanagement wird darauf geachtet, keine Ressourcen zu verschwenden. Das lässt sich der Unternehmer eigenen Aussagen nach einiges kosten.

Zwar spielen Nachhaltigkeit und das Merkmal „Made in Germany“ bei den derzeitigen Ausschreibungen der Bundeswehr keine entscheidende Rolle, aber Hexels verfolgt das Thema Nachhaltigkeit in diesem Bereich als Vorreiter und verweist darauf, dass zwar viel über diese Prinzipien erzählt, aber selten danach gehandelt wird.

Wettbewerbsvorteile kann das Unternehmen aus seiner Know-how-Tiefe und den kurzen Wegen ziehen. „Wir sind schnell in der Entwicklung, weil wir alle Komponenten in einem Haus haben“, erläutert Hexels. Nur Teile der Produktion werden fremdvergeben. Hexonia beherrsche aber „die komplette Technologiebandbreite“, sagt der Firmengründer. Dies erlaube es wiederum, Technologien aus einer Produktkategorie auf eine andere zu übertragen, woraus sich weitere Spielräume ergeben.

So entwickelt das Unternehmen derzeit beispielsweise Produktionsverfahren, um verschiedenartige Materialien aus Strick und Gewebe in einem thermischen Prozess miteinander zu verbinden. Ziel des Projekts ist es Combatshirts in Zukunft ohne Näharbeiten herzustellen. Die Herausforderung besteht darin die Haltbarkeit des Produktes zu erhöhen, dabei den Tragekomfort zu gewährleisten und den Herstellungsprozess industriell zu optimieren. Die ersten Prototypen sind in weiterer Entwicklung.

Aufbau einer hartballistischen Halle

In einer der kürzlich errichteten Betriebshallen befindet sich die Hartballistik. Mit hochmodernen Maschinen erfolgt die Pressung, Beschichtung, Montage und Lackierung von hartballistischen Produkten wie beispielsweise Gefechtshelmen, ballistischen Schutzplatten/Schilden und Westen. „Wir können bereits heute bis zu 30.000 Helme pro Jahr herstellen, wenn notwendig ist die Produktion aber noch weiter skalierbar“, erläutert Hexels. Der neu entwickelte Gefechtshelm aus dem Kopfschutzsystem Trivium, mit dem Hexonia ins Rennen um die Nachfolge des Spezialkräftehelmes der Bundeswehr gegangen ist, wurde erst vor wenigen Monaten öffentlich vorgestellt. Der Name Trivium steht für dreidimensional und soll den Grundgedanken des umfänglichen Schutzansatzes bei der Entwicklung des Gefechtshelmes widerspiegeln. Alle Komponenten des Helmes wurden in Nettetal entwickelt. An der Lieferkette der beigestellten Komponenten wie beispielsweise der Shroud oder den Rails sind ausschließlich deutsche Unternehmen beteiligt.

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Jüngst wurde eine Produktionshalle für Hartballistik in Betrieb genommen, in der heute schon bis zu 30.000 Helme im Jahr produziert werden können. Abgebildet sieht man die Helmschalen den Trivium Kopfschutzsystems. (Foto: Waldemar Geiger)

Das aus Polyethylen gefertigte Kopfschutzsystem Trivium ist vergleichsweise leicht und wird in vier unterschiedlichen Ausführungen, Full Cut, Half Cut, High Cut und Super High Cut angeboten. Um im Bedarfsfall auch bei dem Super High Cut einen umfänglichen Kopfschutz zu realisieren, kann der Nutzer speziell entwickelte Seitenschutzelemente anbringen (durch einfaches Anklicken). Diese, unter anderem vom IdZ-Helm bekannten Features, hat Hexonia weiterentwickelt. Der neue Seitenschutz ist nicht nur 50 Prozent leichter, auch das Tragen von aktiven Kapselgehörschutzsystemen wird nicht beeinträchtigt.

In der benachbarten Halle für Softballistik werden passend zu den hartballistischen Produkten wie Helmen, Schilden, Schutzplatten die ergänzenden Features produziert. So werden beispielsweise Padsysteme für das Innenleben der Helme hergestellt, aber auch unterschiedliche Abdeckungen und Bezüge für Schilde und Schutzplatten gelasert. Auch eine Strickanlage für Produkte im Bereich Smart-Textiles gehört zum Equipment der Softballistikhalle.

In der letztlich neu errichteten Finish-Halle können Stoffe mit einem großen, industriellen Tumbler mechanisch und thermisch so bearbeitet werden, dass Tragekomfort und Haptik der Ware gesteigert wird. Eine Straße mit Industriewasch- und Färbemaschinen befindet sich im weiteren Aufbau. Darüber hinaus befindet sich eine größere Qualitätssicherungshalle mit integriertem Labor im Rohbau, die 2022 in Betrieb gehen soll. Dort soll dann rund zehn Prozent der Belegschaft aus der alten Halle umziehen und dafür verantwortlich sein, dass die Ware einwandfrei die Produktionsstäte in Richtung Streitkräfte verlässt.

Waldemar Geiger