StartMobilitätBundesheer – Nutzungsdauerverlängerung Schützenpanzer Ulan

Bundesheer – Nutzungsdauerverlängerung Schützenpanzer Ulan

Oberstleutnant Martin Hartmann

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Am 23. Februar 2023 hat die Bundesministerin für Landesverteidigung, Mag. Klaudia Tanner, gemeinsam mit dem Chef des Generalstabs, General Rudolf Striedinger, im Rahmen einer Pressekonferenz in der JANSA-Kaserne bekannt gegeben, dass rund 561 Millionen Euro in die Nutzungsdauerverlängerung (NV) der Kampfpanzer Leopard 2A4 und der Schützenpanzer (SPz) Ulan investiert werden.

Der SPz Ulan wurde ab 2002 in das Bundesheer eingeführt. Bei den für die Aufrechterhaltung der Einsatzbereitschaft nötigen Ersatzteile treten nach diesen nunmehr über 20 Jahren zunehmend Obsoleszenzen auf. Als Obsoleszenz wird dabei in diesem Zusammenhang eine „dauerhafte Nichtverfügbarkeit von Produkten bzw. Bauteilen“ angesprochen. Das betrifft vor allem Baugruppen mit elektronischen Bauteilen, wo die Entwicklung, wie auch am zivilen Sektor, rasch voranschreitet.

Gemeinsam mit dem Unternehmen General Dynamics European Land Systems-Steyr (GDELS-Steyr) wurde daher bereits 2021 eine Studie erstellt, die jene Komponenten identifiziert, die zu ersetzen wären, um eine Weiterverwendung des SPz Ulan für 15 Jahre zu ermöglichen. Dem damaligen budgetären Rahmen angepasst war etwa ein Drittel aller SPz für diese Obsoleszenzbereinigung vorgesehen. Nachdem mit dem Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz angesichts der Ukraine-Krise umfangreichere Mittel verfügbar wurden, wird nun die gesamte Flotte diesem Programm unterzogen. Dafür werden etwa 370 Millionen Euro aufgewendet.

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Nutzugsdauerverlängerung versus Neuanschaffung

In diesem Zusammenhang fällt gelegentlich auch die Frage, warum diese Mittel nicht direkt in die Beschaffung eines in weiterer Folge sowieso nötigen Nachfolgermusters fließen. Dieser Prozess, von der Erstellung der Anforderungen an den zukünftigen SPz, über die Auswahl und den Anlauf der Produktion bis zur Auslieferung und Ausbildung des Personals am neuen Gerät, würde viele Jahre beanspruchen, in denen nur eine unzufriedenstellend geringe Zahl an SPz einsatzbereit wären. Die NV ist daher ein nötiger Zwischenschritt bis zur Beschaffung eines Nachfolgers.

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Maßnahmen der Nutzungsdauerverlängerung

Die Obsoleszenzbereinigung umfasst eine Fülle von Maßnahmen und Tätigkeiten, von denen nur eine Auswahl nachfolgend dargestellt werden. Es wird dazu jeder Panzer vollständig demontiert und neu lackiert. Die modifizierten Panzer werden daher an der neuen Farbe, grün (RAL6031) wie bereits vom Pandur EVO oder dem Husar bekannt, erkennbar sein.

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Vorbereitung des Prototypes für die Verladung (Foto: Bundesheer / OWm Alexander Langegger und Gfr Salman Scheripov)

Ebenfalls von außen erkennbar wird die Vereinheitlichung der Größe der Heckkasten sein. Dabei wird ein zusätzlicher Verstauraum geschaffen.

Eine neue, leistungsfähigere Hauptzieleinrichtung (HZE) wird links vorne am Turm montiert werden. Diese in vieler Hinsicht günstige Position ist vor allem auf eine Initiative des Bataillonsschießlehrers des Panzergrenadierbataillons 35 zurückzuführen. Die bisher verwendete HZE bleibt als Redundanz erhalten.

Der Fahrer wird künftig über ein neues, weitgehend digitalisiertes Instrumentenbrett verfügen. Die Fahrernachtsicht wird durch ein System aus Wärmebildkamera, low light-Kamera und Bildschirm erweitert. Der Winkelspiegel wird dafür durch einen Klappwinkelspiegel ersetzt, der die Sicht auf den Bildschirm ermöglicht. Zudem stehen Front- und Rückkameras zur Verfügung und Scheinwerfer und Heckleuchten werden durch LED-Leuchten ersetzt.

Der gesamten Besatzung zugute kommt ein neues Heizgerät, das gegenüber dem bisherigen 30 Prozent mehr Leistung bietet.

Alle SPz werden auch mit Aufnahmepunkten für Krankentragen ausgestattet und können so je nach Bedarf eingesetzt werden, um Verwundete aus dem Gefahrenbereich zu transportieren.

Daneben findet eine bedarfsorientierte Instandsetzung statt, die individuelle Mängel an einzelnen Panzern behebt. Diese Tätigkeiten werden allesamt im Werk von GDELS-Steyr in Wien-Simmering erledigt.

Diese Maßnahmen zielen nicht auf eine Kampfwertsteigerung ab, aber durch den Ersatz einiger Komponenten durch moderne Nachfolger wird trotzdem ein Anstieg der Leistungsfähigkeit eintreten.

Nach der Übergabe der ersten drei SPz an GDELS-Steyr anhand eines umfassenden Protokolls wurde am 09.März 2023 der erste Panzer aus der Jansa-Kaserne nach Wien-Simmering überstellt. Er wird dort der Prototyp für die folgende Flotte, und das Panzergrenadierbataillon 35 freut sich bereits darauf, den ersten der modernisierten SPz übernehmen zu können.

Autor: Oberstleutnant Martin Hartmann, Stellvertretender S4/Kdo 4. Panzergrenadierbrigade