Im Rahmen der DSEi in London stellte BAE Systems am 13. September 2023 ein neues Konzept für den Kampf in polaren Regionen und im indopazifischen Raum vor, welches auf mechanisierten Verbänden abstützt, die hauptsächlich bewaffnete Versionen des gepanzerten, knickgelenkten und hochgeländegängigen Raupenfahrzeuges des Typs BvS10 von BAE Systems Hägglunds einsetzen. Demnach würde der BvS10 nicht mehr ausschließlich als gepanzerter Mannschaftstransportwagen (APC) oder als Logistikfahrzeug genutzt werden, sondern wäre ein vollwertiges gepanzertes Kampffahrzeug.
Darren Restarick, Regionaldirektor von BAE Systems Hägglunds, wies in London darauf hin, dass das unwegsame Gelände im hohen Norden und im indopazifischen Raum Schlüsselgebiete sind, in denen westliche Streitkräfte ihre Verteidigungsfähigkeit in Konfliktszenarien des 21. Jahrhunderts zum Einsatz bringen müssen. Aus diesem Grund, so Hägglunds, werden die BvS10 an Bedeutung gewinnen, und zwar „wegen des einzigartigen Geländes, in dem man sich bewegen muss, um seine Aufgabe zu erfüllen“.
„Konflikte haben gezeigt, dass die Verfügbarkeit eines Fahrzeugs, das in der Lage ist, all diese komplexen Geländeformen im hohen Norden und im Indopazifik sowie in anderen Gebieten der Welt zu bewältigen, sowohl im operativen als auch im taktischen Kampf entscheidend ist, um einen Vorteil zu erlangen und aufrechtzuerhalten“, sagte Restarick. „Wir sehen, dass es einen Wandel und einen Bedarf für diese Fähigkeit gibt, aber wir erforschen sie über den gepanzerten Mannschaftstransportwagen hinaus. Der BvS10 verbessert die Manövrierfähigkeit auf dem Gefechtsfeld, indem er das beispiellose Potenzial von Hypermobilität, Modularität und Signaturvermeidung nutzt.“
Restarick versicherte, dass der BvS10 über die größte potenzielle taktische Mobilität aller im Einsatz befindlichen NATO-Fahrzeuge verfüge. Nach den NATO-Definitionen für Geländegängigkeit könne der BvS10 80 Prozent des weltweiten Geländes durchqueren.
„Wir sind in der Lage, in den Einsatzraum vorzustoßen, wir haben die Fähigkeit zur Expeditionskriegsführung, wir können ohne Unterstützung vorstoßen und wir können schwimmen“, sagte er über den BvS10. „Wenn wir die Fähigkeit zur Grabenüberschreitung betrachten, kann dieses kleine Fahrzeug Gräben von 2 m überwinden – und das ist vergleichbar mit 8×8 Fahrzeugen und Schützenpanzern, die beide für die Zusammenarbeit mit Kampfpanzern ausgelegt sind. Wenn wir also die Fähigkeiten eines gepanzerten Mannschaftstransportwagens erweitern wollen, können wir jetzt feststellen, dass dieses Fahrzeug im Rahmen der Fähigkeitsmatrix immer noch mit Panzern mithalten kann.“
Der niedrige Bodendruck des BvS10, fügte Restarick hinzu, bedeutet auch, dass er in der Lage ist, Gelände wie z.B. Treibsümpfe zu durchqueren, das andere Gefechtsfahrzeuge einfach nicht bewältigen können, während seine Breite, die geringer ist als die der meisten Gefechtsfahrzeuge, bedeutet, dass der BvS10 in Waldgebiete vordringen und dort manövrieren kann. Restarick wies außerdem darauf hin, dass die relativ geringe Größe des BvS10 bedeutet, dass ein einzelnes Fahrzeug in einem C-130-Transportflugzeug transportiert werden kann, in einem A400M wären es zwei und in einer C-17 wären es vier Fahrzeuge.
Restarick räumte zwar ein, dass der Panzerschutz des BvS10 nur der NATO-Stanag-Stufe 2 entspricht, wies aber darauf hin, dass seine Hypermobilität seine Überlebensfähigkeit „exponentiell erhöht“, da er in Bereichen manövrieren kann, die ein Feind nicht abdecken würde, und dabei möglicherweise „die ISTAR-Matrix des Gegners überdehnt“.
Am Beispiel des modularen Gefechtsfahrzeugs BvS10, das BAE Systems an seinem Stand auf der DSEi 2023 ausgestellt hat, erklärte Restarick, dass die hintere Kabine mit einer flexiblen Missionsplattform von Moog, gelenkten Raketen des Advanced Precision Kill Weapon System (APKWS), einem RBS 70 Kurzstrecken-Boden-Luft-Raketenwerfer und einem 360°-Radar ausgestattet ist, während die vordere Kabine eine fernbedienbare Waffenstation eine Dillon Aero Minigun im Kaliber 7,62 mm x 51 trägt.
Er wies jedoch darauf hin, dass das Fahrzeug in Bezug auf die Ausstattung mit Waffen nicht festgelegt ist. „Man kann es mit allem bestücken, was man will. Es geht nur darum, eine Fähigkeit zu demonstrieren“, sagte er und fügte hinzu: „Das Wichtigste für mich ist, dass der BvS10 so konfiguriert werden kann, dass es gegen fast jede Bedrohung in einem modernen Einsatzumfeld eingesetzt werden kann“.
In Anbetracht der Tatsache, dass BAE Systems tatsächlich die Idee einer neuen mechanisierten Formation und nicht nur eine neue BvS10-Variante verkauft, stellte sich die Frage, ob das Unternehmen seine Marketinganstrengungen zunächst auf die nordischen NATO-Staaten konzentrieren würde, die solche Fahrzeuge bereits einsetzen und daher mit deren Einsatzmöglichkeiten vertraut sind.
„Ja, der hohe Norden ist definitiv ein Gebiet, auf das wir uns konzentrieren“, antwortete Restarick. „Es ist wesentlich einfacher, das Konzept jenen Nationen zu verkaufen, die bisher Bv206 oder auch BvS10 eingesetzt haben, um diese zu ersetzen.“
„Natürlich ist es eine große Herausforderung, diesen Gedankengang zu verstehen und dann zu ändern, aber wir dürfen auch nicht vergessen, dass sie vor einer neuen Herausforderung stehen. Ihre derzeitigen Fähigkeiten sind nicht in der Lage, in dem Maße zu manövrieren, wie sie es im hohen Norden gerne hätten. Wenn wir also früh genug ansetzen können, damit die Verantwortlichen diese Analyse durchführen und sagen können: ,Das ist real; so kann eine Fähigkeit durch BvS10 wesentlich unterstützt werden‘ – vor allem innerhalb der Aufklärungs- und Infanteriebrigaden – dann denke ich, dass wir in der richtigen Phase sind, um die richtigen Hinweise zu diesen Fragen zu geben.“
„Es geht darum, diejenigen zu informieren, die diese Analyse durchführen“, sagte Restarick. „Wir sehen viele Veränderungen: Was wird in Zukunft mit dem M113 [gepanzerter Mannschaftstransportwagen] geschehen? Womit werden diese Fahrzeuge ersetzt? Für mich ist das die Antwort.“