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Abwehr von Drohnen im Einsatz

Andre Forkert

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Besonders kleine Drohnen sind eine ernste Gefahr für die Truppe im Einsatz. Das Abwehrsystem gegen unbemannte Luftfahrzeuge (ASUL) klärt diese unbemannten Fluggeräte präzise auf und wehrt sie zielsicher ab, so die Bundeswehr in einem Bericht. Bisher setzten die Einsatzkräfte vor allem auf die schultergestützte Lösung „Drohnenfaust“ mit dem Effektor HP47+ des Anbieters H.P. Marketing & Consulting Wüst GmbH (HP) (S&T berichtete). Wobei auch hier die Zeitenwende meistens noch nicht angekommen zu sein scheint.

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Das Drohnenabwehrsystem ASUL (Abwehrsystem gegen unbemannte Luftfahrzeuge) gewährleistet den Schutz der Soldatinnen und Soldaten im Feldlager vor unbemannten Luftfahrzeugen. (Foto: Bundeswehr/Julia Dahlmann)

Zu häufig werden aufgeklärte Drohnen nicht mit dem zur Verfügung stehenden Mittel gestört und bekämpft. Zu groß die Vorbehalte, eine Drohne konnten bei der „Notlandung“ Unbeteiligte verletzten. Lieber lassen sich die Einsatzkräfte überfliegen und gegebenenfalls ausspähen. Zu lang wurden in Mali oder auch Litauen die Bedrohungen ignoriert und hingenommen. Vergleicht man dazu das Verhalten der US-Partner, so holen deren Systeme jedes anfliegende Objekt ohne Vorwarnung vom Himmel. In der Regel nimmt die Anzahl der ungebetenen Besucher nach wenigen Tagen bereits erheblich ab.

Zum ASUL schreibt die Bundeswehr: „Handelt es sich nur um einen Vogel beziehungsweise etwas Vergleichbares, oder wirklich um eine gefährliche unbemannte Drohne? Das können wir präzise aufklären.“ Oberleutnant André Mauer (Name geändert) ist Waffensystembediener im Camp Sonic auf der Al-Asrak Air Base in Jordanien. Seit 2022 befasst er sich mit dem Waffensystem und ist einer der ersten Offiziere, der über Einsatzerfahrung mit dem „Abwehrsystem Unbemannte Luftfahrzeuge“ verfügt.

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Rund um die Uhr überwacht sein Team den Luftraum über dem Camp und dem gesamten Luftwaffenstützpunkt. Vor allem kleine und kleinste Drohnen seien schwierig zu erkennen. Mit ASUL schließe man diese Lücke in der Flugabwehr für Fluggeräte bis zu einem Gewicht von 25 Kilogramm, erläutert der Oberleutnant.

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Der oberste Container beinhaltet die Sensorik zur Detektion und Identifizierung. In den weiteren Containern werden die Aufklärung und die etwaige Bekämpfung von Kleindrohnen (sUAS) gesteuert. (Foto: Bundeswehr)

Präzise Abwehr kleinster Drohnen

Sogar die kleinsten Drohnen mit einem Durchmesser von nur zehn mal zehn Zentimetern entgehen ASUL nicht – bei einer Reichweite von bis zu vier Kilometern. Dass diese extreme Präzision wirklich notwendig geworden ist, zeigt der Krieg in der Ukraine nahezu täglich: Kleinste Flugobjekte aus Bausätzen bringen ihre tödliche Last ins Ziel. „Mit Drohnen aller Bauarten werden wir uns auch in Zukunft befassen müssen“, ist der junge Offizier fest überzeugt. „Das Thema wird uns weiter begleiten.“

Aus seiner Sicht sind diese fliegenden Bomben mittlerweile ein fester Bestandteil der Kriegsführung. Auch deshalb wurde im Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) eine Task Force „Drohne“ ins Leben gerufen. Wobei diese Task Force sich nicht nur mit der Abwehr, sondern auch mit der offensiven Nutzung von Drohnen und Loitering Ammunition (LM) beschäftigt.
Das Herz des Drohnenabwehrsystems ist in besonders geschützten Containern innerhalb des Camps untergebracht. ASUL selbst verteilt sich auf zwei Container: Der eine enthält die Sensorik zum Aufspüren und Identifizieren. Die Kamerasysteme sind hochauflösend und können selbst bei Nacht Fluggeräte hervorragend erkennen, so die Bundeswehr. Radargeräte verbessern das Aufspüren noch zusätzlich.

Aus dem zweiten etwas größeren Container werden anschließend die Befehle gegeben, um die Gefahr aus der Luft abzuwehren. Der Waffensystemoffizier erklärt: „Läuft die Warnung im System der Leitstelle ein, dass sich eine Drohne dem Camp nähert, verifizieren die Bediener mit den Kamerasystemen, ob das Flugobjekt wirklich als Bedrohung eingestuft werden muss.“ Nach den gewonnenen Erkenntnissen werden dann, wenn notwendig, Abwehrmaßnahmen eingeleitet.

Drohnenabwehr stört Kontrolle und Orientierung

„Selbst bei dem Versuch, uns aus der Luft auszuspähen, können wir reagieren“, sagt der Offizier. In diesem Fall werde mit einem elektromagnetischen Störsender, einem sogenannten Jammer, reagiert. Ein Jammer bewirkt, dass der Kontakt vom Piloten zur Drohne gestört wird und dieser die Kontrolle verliert. Dadurch ist der gezielte Weiterflug nicht mehr möglich, die Abwehr durch ASUL damit erfolgreich beendet. Außerdem wird die Übertragung der Bilder unterdrückt. Selbst wenn die Drohne weiterfliegt, kann der Nutzer nichts mehr sehen.

Hinzu kommt, dass das Flugabwehrsystem das GPS (Global Positioning System) der Drohne, also die Positionsbestimmung, massiv stört. „Unterbricht ASUL das GPS-Signal zur Drohne, verliert sie die Orientierung. Im Normalfall fliegt sie zurück zum Ausgangspunkt“, erklärt der Oberleutnant. „Sonst fliegt die Drohne so lange, bis der Akku leer ist und stürzt ab.“ Infolgedessen wird der Ausspähversuch oder ein möglicher Angriff dieser gefährlichen kleinen Fluggeräte vereitelt.

Dem gleichen Prinzip folgt der Einsatz des Effektors HP47+. Per Knopfdruck kann hier das GPS, und damit die Steuerung, oder die Datenübertragung (das Aufklärungsbild), oder beides unterdrückt werden. Es hängt von der Drohne ab, was danach passiert. Die meisten verbleiben bei einem gestörten GPS-Signal zunächst im Schwebeflug an Ort und Stelle und warten ab. Kommt das Signal nicht wieder, leiten sie eine „Notlandung“ ein. Die Drohne kann dann einfach am Boden eingesammelt und zerstört werden. Andere Systemen schweben bis zum leeren Akku weiter und stürzen dann ab.

Im Gegensatz zum transportablen Effektor HP47+ ist ASUL aber nur stationär einzusetzen. Zudem ist die beste Technik nichts wert, wenn die Bereitschaft zum Einsatz und damit zum Schutz der Truppe und vor Ausspähung fehlt.

Das Drohnenabwehrsystem ASUL (Abwehrsystem gegen unbemannte Luftfahrzeuge) gewährleistet den Schutz der Soldatinnen und Soldaten im Feldlager vor unbemannten Luftfahrzeugen. (Foto: Bundeswehr/Julia Dahlmann)

Der oberste Container beinhaltet die Sensorik zur Detektion und Identifizierung. In den weiteren Containern werden die Aufklärung und die etwaige Bekämpfung von Kleindrohnen (sUAS) gesteuert. (Foto: Bundeswehr)

Andre Forkert