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AMPT – Air Mobile Protection Team

Autorenteam I./Objektschutzregiment Luftwaffe

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Die Air Mobile Protection Teams (AMPT) der Luftwaffe haben den Auftrag, die Absicherung und den Schutz von Luftfahrzeugen, ihrer Besatzung, Passagieren und Ladung außerhalb eigener Liegenschaften sowie in Krisenregionen sicherzustellen. Ihre Einsätze erfolgen im Schwerpunkt beim Transport von (VIP) Personal des politisch parlamentarischen Bereiches sowie im Rahmen von Luftoperationen im nationalen Risiko- und Krisenmanagement (Evakuierungsoperationen). Sie werden als einzigartige Fähigkeit im Objektschutzregiment der Luftwaffe „Friesland“ vorgehalten.

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Objektschutzkräfte landen als Air Mobile Protection Team mit dem deutschen Transportflugzeug vom Typ A400M bei der Übung Nordic Response in Rovaniemi/Finnland im Rahmen der Übungsserie Quadriga 2024, am 03.03.2024. (Foto: Bw)

Die AMPT sind befähigt, sowohl als Teil der Besatzung als auch getrennt vom zu schützenden Luftfahrzeug den Einsatzort unter möglicher Bedrohung zu gewinnen bzw. diesen selbstständig zu verlassen. Gründe für Letzteres können sein, dass besonders wertvolle Lufttransportmittel auch während der Start- und Landephasen vom Boden aus geschützt werden müssen oder dass bei Flügen des politisch parlamentarischen Raums ein Absitzen des AMPT vor den Passagieren aus protokollarischen Gründen nicht möglich ist. Das Team kann mehrere Tage vor Einsatzbeginn vor Ort sein und durchhaltefähig ein sicheres Umfeld für die Ankunft der zu schützenden Luftfahrzeuge sicherstellen.

Ein mögliches Szenario

Die Außenministerin soll mit der Luftwaffe für politische Gespräche nach Afrika fliegen. Das Operational Risk Management Board im Kommando Luftwaffe entscheidet aufgrund der Bedrohungslage, dass der Einsatz eines AMPT zum Schutz von Luftfahrzeug, Besatzung und Passagieren vorzusehen ist.

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Das Team wird aus Sicherheitsgründen mit einer A400M im Voraus verlegt. Um die Lufttransportmittel so wenig wie möglich zu gefährden, verlegt die A400M nach Absetzen des AMPT ins Nachbarland auf einen sicheren Flugplatz. Das Team verlädt Ausrüstung und Material auf geländegängige, luftlandefähige Leichtfahrzeuge Polaris (Red.: Leichtes Luftlandefähiges Utility Terrain Vehicle, LL UTV), bereitet den Einsatz zum Schutz des VIP-Airbus A310 am Boden vor und erkundet die Gegebenheiten wie z. B. Rollwege, Abstellflächen, Ausweichrouten.

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Die Delegation trifft ein. Im Landeanflug kommunizieren AMPT und Pilot über das Funkgerät PRC 117G. Die Landebahn und der zugewiesene Stellplatz wird dem AMPT mitgeteilt. Das Team verlegt mit dem Polaris zum Stellplatz, sucht die Fläche auf Bedrohungen visuell ab und meldet dem Piloten die Sicherheit am Boden. Dann ist es so weit: Der VIP-Airbus A310 landet. In der Parkposition angekommen, sichert das Protection Team das Luftfahrzeug, seine Besatzung und die aussteigenden Passagiere.

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Eine Gruppe Air Mobile Protection Team (AMPT) aus dem Objektschutzregiment aus Schortens. (©Bw/Ingo Tesche)

Doch die Flugbewegungen waren durch Aufständische deutlich zu sehen. Sie entscheiden sich zu einem spontanen Angriff auf die Hochwertziele: Gegnerische Kräfte eröffnen das Feuer aus Handwaffen und Panzerabwehrhandwaffen auf die Soldatinnen und Soldaten sowie die Luftfahrzeuge. Es kommt zu Beschädigungen am Airbus. Flugunfähig muss die A310 aufgegeben werden. Jetzt kommt es auf das entschlossene Handeln das AMPT an!

Die Personenschützer der Außenministerin übernehmen den Schutz der VIP und das AMPT erwidert das Feuer, hält den Gegner nieder und bereitet das Ausweichen zum vorgeplanten sicheren Ort vor. Die zu schützenden Personen werden auf die leichten Fahrzeuge verteilt. Als sicherer Ort und alternativer Aufnahmepunkt wurde ein Hafen erkundet. Das AMPT sitzt unter gegenseitiger Sicherung auf, verlässt den Flughafen und fährt mit den zu schützenden Besatzungsmitgliedern dorthin. Sicher angekommen, wird das Schutzteam mit den zu schützenden Personen von Kräften einer vorstationierten Fregatte aufgenommen. VIP und Besatzung wurden in Sicherheit gebracht – Auftrag erfüllt!

Dieses kurze Szenario zeigt, dass an Mitglieder eines AMPT besondere Anforderungen gestellt werden.

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Eine Gruppe Air Mobile Protection Team (AMPT) aus dem Objektschutzregiment aus Schortens. (©Bw/Ingo Tesche)

Das Team

In der Standardgliederung besteht ein Team aus einem Feldwebeldienstgrad als Führer und fünf erfahrenen Mannschaftsdienstgraden. Hierbei werden die Funktionen im Team nach einer lageangepassten Auftrags- und Bedrohungsanalyse tailored to the Mission festgelegt. Je nach Dauer der Stehzeit am Boden und Bedrohung können daher ein oder mehrere Teams gleichzeitig unter Führung des Zugführers (erfahrener Offizier) eingesetzt werden. Grundsätzlich setzt sich ein Team wie folgt zusammen:

  • Der Einsatzersthelfer Bravo übernimmt die medizinische Erstversorgung nach Verwundungen. Diese ist im Einsatzspektrum abseits von deutschen Einsatzkontingenten und nicht durch- gängiger Rettungskette besonders wichtig. Oftmals kann eine Rettung durch qualifizierte Sanitätskräfte deutlich länger als die grundsätzlich vorgesehenen 60 Minuten dauern. Daher wird bei der Ausbildung auf eine umfangreiche Fortbildung und Inübunghaltung Wert gelegt. Insbesondere die Verwundetenversorgung während der taktischen Flugphase des Flugzeuges, also im Flug unter Bedrohung, ist eine Besonderheit dieser Aufgabe.
  • Der DMR-Schütze (Designated Marksman Rifle) überwacht mit seinem Gewehr G27 oder G28 die für Flughäfen typischen weiten, offenen Geländeabschnitte sowie urbane Infrastruktur, die außerhalb der Kampfentfernung des Gewehrs G36 liegen, um Gegner bereits in der Annährung und auf Abstand bekämpfen zu können.
  • Der Funkgerätebediener des PRC 117G führt ein taktisches Satellitenkommunikationsfunkgerät mit, das die Möglichkeit zur gesicherten Sprach- und Datenübertragung über weite Entfernungen sowie zu den Luftfahrzeugbesatzungen sicherstellt. Mit Blick auf die oftmals abgesetzten Einsätze in großer Entfernung zu eigenen oder verbündeten Streitkräften ist die Aufgabe des Funkgerätebedieners im AMPT von herausragender Bedeutung sowohl für das AMPT selbst wie auch die Führung im Einsatzraum bzw. der Heimat.
  • Der Waffenbediener MG4 bzw. der Maschinengewehrtrupp MG5 stellt, wenn nötig, Wirkungsüberlegenheit durch verdichtetes Feuer im Schwerpunkt sicher.

Bei Bedarf kann das Protection Team durch weitere Fähigkeiten des Verbandes verstärkt oder unterstützt werden. Dies schließt beispielsweise Diensthundeteams, Scharfschützen und Nahaufklärungskräfte mit Aufklärungsdrohnen MIKADO oder ALADIN ein.

Da die Priorität des AMPT immer auf dem Schutz von Luftfahrzeug, Besatzung, Ladung und Passagieren liegt, kann es im Fall eines Angriffs erforderlich werden, dass das Team zu- rückbleibt und den Feuerkampf so lange führt, bis das Flugzeug abgehoben hat und außerhalb der Reichweite gegnerischer Waffen ist. Das Protection Team verhindert dabei durch Binden und Niederhalten des Gegners ein gezieltes Wirken auf das zu schützende Luftfahrzeug. Anschließend gewinnt das AMPT einen vorab festgelegten und erkundeten sicheren Bereich und/ oder initiiert eine vorgeplante alternative Rückverlegung. Das AMPT muss daher für den Einsatz abgeschnitten von eigenen Kräften und längere Zeit auf sich gestellt ausgebildet und ausgerüstet sein.

Bewaffnung und Ausrüstung

Die Air Mobile Protection Teams werden auftrags- und lageangepasst so ausgestattet, dass sie sich am Zielflugplatz zeitlich begrenzt gegen möglichen Feind durchsetzen können. Dazu können Fahrzeuge LL UTV Polaris für die erforderliche Mobilität und die gesamte Bandbreite an Waffen bis hin zu schwerer Bewaffnung wie dem Maschinengewehr MG6 zur Sicherstellung der Wirkungsüberlegenheit mitgeführt werden.

Die Ausbildung

Für die Auswahl als Feldwebel- oder Mannschaftsdienstgrad setzt der Verband auf erfahrene Soldaten, die bereits infanteristisch ausgebildet und bestenfalls einsatzerfahren sind. Nach erfolgreicher Bewerbung und Teilnahme an einem Praktikum werden geeignete Bewerber ausgewählt. Mit Versetzung in das AMPT beginnt die Ausbildung, um die neuen Teammitglieder auf ihre Tätigkeit im Zusammen- wirken mit den unterschiedlichen Luftfahrzeugmustern vorzubereiten:

Die AMPT werden als Additional Crew Member auf allen Luftfahrzeugen der Bundeswehr ausgebildet und sind somit Teil der Luftfahrzeugbesatzung. Da alle Vorgaben der Flugsicherheit und gefahrgutrechtlichen Aspekte auch im Einsatz eingehalten werden müssen, ist neben der taktischen Ausbildung eine umfangreiche Schulung im Bereich Gefahrguttransport und Luftsicherheit zwingend. Damit kann das Team seine Waffen und Ausrüstung selbstständig nach geltenden rechtlichen Vorgaben mitführen. Zur Gewährleistung der Handlungssicherheit begleiten Schutzteams regelmäßig fliegende Verbände bei Übungen und Einsätzen.

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Soldaten des Mobilen Rettungstrupps tragen die Verletzten aus dem Transporthubschrauber CH-53 aus dem Hubschraubergeschwader 64 aus Holzdorf und übergeben diese an die Sanitäter bei der Schichtübungswoche beim Objektschutzregiment der Luftwaffe in Schortens, am 24.11.2020. (©Bw/Jane Schmidt)

Die Basisbefähigung als Grundlage der taktischen Ausbildung wird durch Ausbilder der VI. Inspektion der Infanterieschule des Heeres am Luftfahrzeug A400M durchgeführt und findet am Lufttransportstützpunkt des Lufttransportgeschwaders 62 in Wunstorf statt.

Auf diese aufbauend erfolgt im Heimatverband die erweiterte Ausbildung. Hier werden die spezifischen Einsatzverfahren vermittelt. Mit Abschluss dieser Ausbildung muss das neue Teammitglied u. a. dazu befähigt sein, auch unter Nachtsehmitteln im Nächstbereich eines Luftfahrzeuges bei laufenden Rotoren und Triebwerken eingesetzt zu werden oder auch während der Rollphase von der geöffneten Rampe das Luftfahrzeug im Nah- und Nächstbereich zu schützen. Für alle Gefechtsszenarien vom Notstart unter Niederhalten des Feindes bis hin zum auf- oder abgesessenen Lösen des AMPT mit zu schützenden Personen nach Beschädigung des Luftfahrzeuges unter Feinddruck wurden spezielle Verfahren entwickelt, die regelmäßig mit Luftfahrzeugbesatzungen geübt werden.

Da sich das AMPT auch abseits von deutschen Einsatzkontingenten einem möglicherweise überlegenen Feind stellen muss, wird auf eine einsatznahe, dynamische Schießausbildung Wert gelegt. Hierbei wird das Bewusstsein geschärft, unmittelbar im Flugbetriebsbereich zu kämpfen und Kollateralschäden an eigenen Luftkriegsmitteln und Unbeteiligten auszuschließen. Da AMPT-Kräfte zudem im Nächstbereich oder innerhalb des Luft- fahrzeuges, insbesondere in der Flugphase, keine Schusswaffen einsetzen können, hat auch der (waffenlose) Nahkampf große Bedeutung. Dazu wurde neben dem 20-Stunden-Grundmodul „Militärischer Nahkampf“ ein ergänzendes Nahkampfmodul entwickelt, das auf den selektiven Kampf innerhalb von Flugzellen vorbereitet.

Da AMPT auch außerhalb von deutschen Einsatzkontingenten und deren Einsatzregeln eingesetzt werden, müssen die Soldaten umfangreich rechtlich geschult werden. Ebenfalls wichtig ist in sensiblen Krisenlagen die interkulturelle Kompetenz. Zudem muss auch stets die Möglichkeit einer Not- oder Bruchlandung bzw. einer ungeplanten Landung auf einem Ausweichflugplatz in Betracht gezogen werden. Auch dann müssen diese Soldaten einen wirksamen Schutz des Luftfahrzeugs, der Besatzung, Passagiere und Fracht gewährleisten. Muss das Flugzeug aufgegeben werden, wird in Abhängigkeit der Lage vor Ort und den vor Einsatzbeginn festgelegten Personnel-Recovery-Verfahren entschieden, ob die eigenen Kräfte am Flugzeug auf Abholung warten oder ob ein vorgeplanter Aufnahmepunkt gewonnen wird. Um auch diese Facette abbilden zu können, werden die AMPT-Führer auf SERE-Level-C (Red.: Survival, Evasion, Resistance and Extraction – Überleben, Ausweichen, Widerstand und Rückholung) ausgebildet.

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Soldaten eines Air Mobile Protection Teams (AMPT) des Objektschutzregiments der Luftwaffe sichern die Entladung eines Transportflugzeugs Airbus A400M des Lufttransportgeschwaders 62 (LTG 62) während der Übung Blauer Greif 2023 auf dem Fliegerhorst Holzdorf, am 17.03.2023. (©Bw/Carl Schulze)

Einsatzbereitschaft

AMPT-Kräfte werden seit ihrer Aufstellung 2015 regelmäßig eingesetzt. Sie schützten VIP-Flüge weltweit und sind regelmäßig in sogenannten „First in & last out-Operationen“ vertreten. In der Vergangenheit schützten sie beispielsweise die letzten Flüge der Rückverlegung aus Afghanistan und die ersten Flüge beim Aufbau des Feldlagers in Mali und Niger. Während der Evakuierungsoperationen in Kabul oder dem Sudan waren sie initial als erste Kräfte mit vor Ort. Sie schützten die Auslieferung von humanitären Hilfslieferungen nach der Überschwemmungskatastrophe in Libyen 2023.

Für die AMPT ist der Einsatz weltweit möglich. Überall wo die Luftwaffe landet, können Protection Teams eingesetzt werden. Um der Luftwaffe bzw. dem politisch parlamentarischen Raum sowie im nationalen Risiko- und Krisenmanagement diese Fähigkeit auch kurzfristig zur Verfügung zu stellen, befinden sich jederzeit diese Kräfte in Bereitschaft.

Dies macht deutlich: Mit den Air Mobile Protection Teams stellt die Luftwaffe eine Unikatfähigkeit bereit, die herausfordernde infanteristische Tätigkeiten mit den Besonderheiten und Anforderungen einer global und zeitlich schnell agierenden Luftwaffe vereint.

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