In der Landes- und Bündnisverteidigung spielt die Militärpolizei eine zentrale Rolle. Mit ihren spezialisierten Fähigkeiten halten Militärpolizistinnen und -polizisten der kämpfenden Truppe den Rücken frei. Am Gefechtsübungszentrum des Heeres in der Altmark stehen besondere Aufgaben zur Kriegstüchtigkeit auf dem Trainingsplan der Feldjäger.
Ein kleiner Konvoi aus geschützten Fahrzeugen prescht durch die Landschaft. Im mittleren Fahrzeug sitzt der Divisionskommandeur. Sein Großverband des Heeres operiert mit allen zur Verfügung stehenden Einheiten „an vorderster Front“, um den Gegner an der Landesgrenze aufzuhalten. Dazu muss der ranghohe Offizier oft in die Gefechtsstände seiner Bataillone zum Beispiel für Lagebesprechungen fahren. Die notwendigen Bewegungen machen ihn zur Zielschiebe für Anschläge und Hinterhalte. Denn ein Kommandeur ist stets von besonderer Bedeutung für die gegnerischen Kräfte. Wer schützt den General? Die Militärpolizei – Feldjäger – der Bundeswehr, genauer die Kräfte des Personenschutzes, Soldatinnen und Soldaten mit spezialisierten Fähigkeiten.
Bedrohliches Szenario
Dann explodiert ein Sprengsatz vor dem Führungsfahrzeug. Schüsse aus einem Waldstück. Es muss schnell gehen: Kräfte des Personenschutzkommandos erwidern das Feuer und bringen den Divisionskommandeur in Deckung. Weg von den Fahrzeugen, den Flaggoffizier abschirmen. Rasch wird entschieden, wie es weiter geht. Verstärkungskräfte werden herangeführt, die Schutzperson mit einem anderen Fahrzeug in Sicherheit gebracht.
Übungsunterbrechung! Das Ganze war „nur“ eine Übung. Mehr als 500 Feldjäger – so viele wie nie zuvor – trainieren am Gefechtsübungszentrum des Heeres (GefÜbZH) in Sachsen-Anhalt. Dort finden sie ideale Bedingungen, um Fähigkeiten wie etwa den Personenschutz zu trainieren. Unter den Augen erfahrener Ausbilder und Schiedsrichterinnen des Heeres können die Übungsteilnehmenden sogar mit technischen Mitteln und Videoaufzeichnung ihr Vorgehen analysieren, ihr Profil schärfen. Wichtig, denn Fähigkeiten wie die der Feldjäger bietet keine andere Truppengattung.
Enorme Bandbreite
Dabei geht es nicht allein um das Verkehrsleitnetz, einem typischen Auftrag der Feldjäger, welcher in der Öffentlichkeit als „Verkehrsregelung“ wahrnehmbar ist. Während der Übung oder im Verteidigungsfall hilft das Verkehrsleitnetz, die Bewegungen der Kampftruppe auf den Marschrouten zu regulieren und zu überwachen. Das und vieles mehr bietet die Militärpolizei den Verbänden, denen sie nach Bedarf zugeteilt wird. Diese wertvollen Unterstützungsleistungen müssen trainiert werden. In der Altmark wird deshalb in diesen Tagen das gesamte Spektrum des Anforderungsprofils der Militärpolizei in der Landes- und Bündnisverteidigung abgerufen.
Dazu zählen Forensiker und Forensikerinnen wie bei der zivilen Polizei. Ermittler sammeln Beweismittel zu Straftaten aller Art. Zugriffs- und Durchsuchungsoperationen, um identifizierte Täter dingfest zu machen, gehören ebenfalls zum Anforderungsprofil der Feldjägertruppe. Die Bandbreite ist groß. Hinzu kommen weitere polizeiähnliche Aufgaben, die im jeweiligen Krisen- oder Kriegsgebiet wahrzunehmen sind. Bedarf an Unterstützung durch Feldjägerkräfte haben in der Regel andere Truppenteile aus den verschiedenen Teilstreitkräften der Bundeswehr.
Kein Entkommen
In der nahezu idealen Übungsumgebung des Gefechtsübungszentrums des Heeres trainieren und überprüfen Kräfte aus allen Feldjägerregimentern zwei Wochen lang, woran sie im Hinblick auf ihre Kriegstüchtigkeit noch arbeiten müssen. Viele Jahre lag der Fokus auf den Auslandseinsätzen. Jetzt müssen die Fähigkeiten in der Landes- und Bündnisverteidigung wieder geschärft und in den Mittelpunkt der Ausbildung gestellt werden.
In der 72-stündigen Abschlussübung werden in einer komplexen Lage in der fiktiven Stadt Schnöggersburg durch die Präzisionsschützen der Feldjäger drei Straftäter in einem Gebäude identifiziert. Auf Befehl des Divisionskommandeurs werden Zugriffsteams alarmiert, parallel sichern weitere Feldjägerkräfte die Umgebung. Sobald sämtliche Ausgänge für die Zielpersonen versperrt sind, heißt es: „Einbruch“ – und ein Zugriffsteam dringt in das Haus ein. Der erste Verdächtige wird durch einen gezielten Schuss an einem Angriff gehindert, der zweite versucht, über die Kanalisation zu entkommen, wird aber von einem Diensthund gestellt. Der letzte flüchtet über einen Kanalisationsschacht, wird aber dann unmittelbar durch die Feldjägerkräfte festgenommen.
Ein positives Resümee für ihre Kameradinnen und Kameraden der Streitkräftebasis ziehen auch die Schiedsrichter und das Funktionspersonal des Heeres. Nun gilt es, die Fehler zu analysieren, das Gelernte und die Verfahren weiter zu vertiefen.
Ralf Wilke, bundeswehr.de