Vor dem morgen beginnenden NATO-Gipfel in Den Haag haben die Bündnismitglieder Medienberichten zufolge eine Übereinkunft zum künftigen Ausgabenziel erreicht. Demnach stimmten sie weitgehend der Formel zu, bis zum Jahr 2035 einen Anteil von 3,5 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) unmittelbar für Verteidigung und weitere 1,5 Prozent für ergänzende Felder wie Terrorabwehr, Cybersicherheit und militärisch nutzbare Infrastruktur aufzuwenden.
Zuletzt hatte Spanien dies noch abgelehnt und entweder ein unverbindliches Ziel oder eine Ausnahme für sich gefordert (Soldat & Technik berichtete). Nach Berichten mehrerer Medien gab es darüber am Wochenende intensive Diskussionen mit den übrigen Mitgliedern. Am Ende wurde demnach eine semantische Lösung gefunden, indem das Ziel mit der Formulierung „die Mitglieder“ statt „alle Mitglieder“ leicht abgeschwächt wurde.
US-Schläge gegen Iran bedeuten eher Gutes für Bündnispartner
Dies dürfte man auch dem amerikanischen Präsidenten Donald Trump verkaufen können, der in der vergangenen Woche nebenbei erklärt hatte, dass das Ziel von insgesamt fünf Prozent möglicherweise nicht für die USA selbst gelten solle. Nach den US-Schlägen gegen iranische Atomanlagen zur Unterstützung der laufenden israelischen Angriffe am Wochenende können sich zudem auch die Europäer des amerikanischen Verbündeten wieder insgesamt etwas sicherer sein.
Zwar genießt Israel eine besonders starke Beziehung zu den USA, jedoch war der Einsatz gerade deswegen gerade auch unter der Wählerschaft Trumps besonders umstritten. Unabhängig von der Beurteilung von Nutzen und Sinnhaftigkeit der Angriffe zeigen diese , dass eine US-Regierung trotz populistischer Strömungen zuhause grundsätzlich Verbündete in Übersee unterstützen wird, wenn selbst sekundäre nationale Interessen – etwa moralischer statt strategischer Natur, die Bekämpfung regional disruptiver Akteure oder die Bekräftigung des amerikanischen Führungsanspruchs – berührt sind.
NATO-Gipfel könnte trotzdem turbulent werden
Die NATO-Mitglieder können zudem darauf verweisen, dass solche Einsätze nur durch die von ihnen bereitgestellten strategischen Stützpunkte möglich sind. Zwar flogen die B-2-Bomber den Iran nonstop von der Whiteman Air Force Base, Missouri an. Sie wurden jedoch unter anderem über den Azoren und dem Mittelmeer von mehreren Dutzend Tankflugzeugen in der Luft betankt, die zuvor auf europäische Basen verlegt worden waren.
Hinzu kommen weitere für die Region wichtige Stützpunkte wie die britische Besitzung Diego Garcia im Indischen Ozean oder der spanische Marinehafen Rota, wo amerikanische Raketenabwehr-Zerstörer für den Einsatz im Mittelmeer stationiert sind. Eben aufgrund dieser strategischen Bedeutung für die USA konnte Spanien sich auch seine Ablehnung des Fünf-Prozent-Ziels leisten. Nicht auszuschließen ist natürlich, dass Trump auf dem NATO-Gipfel trotzdem wieder mit markigen Sprüchen für Turbulenzen sorgt.
Stefan Axel Boes