StartStreitkräfteNochmal Fünf-Prozent-NATO-Ziel: Spanien lehnt Erhöhung ab

Nochmal Fünf-Prozent-NATO-Ziel: Spanien lehnt Erhöhung ab

Gerade erst hatten das niederländische und das schwedische Parlament die Weichen für das künftige NATO-Ziel von 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für direkte Verteidigungsausgaben und weitere 1,5 Prozent für andere relevante Felder wie Infrastruktur gestellt (Soldat & Technik berichtete). Am Donnerstag wurde nun bekannt, dass die spanische Regierung in einem Brief an NATO-Generalsekretär Mark Rutte ihre Ablehnung erklärt hat.

Spaniens sozialistischer Ministerpräsident Pedro Sánchez bezeichnete das Fünf-Prozent-Ziel demnach als „nicht nur unvernünftig, sondern auch kontraproduktiv“. Eine solche Erhöhung sei inkompatibel mit dem spanischen Sozialstaat und der Vision des Landes von der Welt. Es sei das legitime Recht jeder Regierung zu entscheiden, ob sie bereit sei, dieses Opfer zu bringen oder nicht. Als souveräner Verbündeter wähle man, es nicht zu tun. Sanchez forderte eine flexiblere Formel, die das Ziel entweder optional mache oder Spanien eine Ausnahme erlaube.

Forderung nach flexiblerem NATO-Ziel

Die Forderung nach einem flexibleren Ausgabenziel, das sich nicht starr am BIP orientiert, ist in der NATO nicht neu und auch schon in Deutschland erhoben worden. Spanien ist traditionell eines der Schlusslichter im Bündnis bei den Verteidigungsausgaben, die 2024 wie in Belgien und Slowenien bei etwa 1,3 Prozent lagen. Die Regierung plant derzeit eine Anhebung auf 2,1 Prozent, leicht oberhalb des bisherigen Zwei-Prozent-Ziels. Vor zwei Monaten kündigte sie dazu einen Industrie- und Technologieplan im Umfang von 10,5 Milliarden Euro an.

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Spanien kann sich diese Haltung aufgrund seiner geografischen Lage und damit verbundenen Unterschieden zwischen den eigenen Sicherheitsinteressen und denen anderer Bündnispartner – insbesondere der USA – leisten. Ein möglicher Angreifer aus Richtung Osten müsste sich erst durch den größten Teil Europas kämpfen, bis er die Iberische Halbinsel erreicht. Spanien sieht direkte Bedrohungen eher aus Richtung der afrikanischen Gegenküste des Mittelmeeres im Süden, und dies hauptsächlich in Form von irregulärer Migration und Terrorismus.

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Spanien könnte wichtiger für die USA sein als umgekehrt

Zu deren Kontrolle trägt die mittlerweile wieder auf ihre Ostflanke fixierte NATO relativ wenig bei. Mit seinen strategischen Luft- und Marinestützpunkten kann Spanien argumentieren, dass es für die NATO und die USA eigentlich wichtiger ist als umgekehrt. Dazu gehören die Luftwaffenbasis Morón, die ein wichtiger Anlaufpunkt für militärische Transatlantikflüge ist, und der Marinehafen Rota, wo unter anderem amerikanische Zerstörer für die Raketenabwehr im Mittelmeer stationiert sind.

Aktuell spielen diese Basen für die USA auch außerhalb ihrer NATO-Verpflichtungen etwa eine wichtige Rolle bei der Unterstützung Israels im Krieg gegen den Iran, nicht zuletzt zur Abwehr iranischer Raketenangriffe. Bereits in der Vergangenheit wurden amerikanische Beschwerden über die geringen spanischen Verteidigungsausgaben daher mit der Antwort abgebügelt, dass man sich ja andere Stützpunkte suchen könne – die strategische Bedrohung Spaniens beispielsweise durch Russland werde dadurch eher sinken.

Insofern hat das Land gute Aussichten, beim Den Haager NATO-Gipfel in der kommenden Woche mit der Ablehnung des Fünf-Prozent-Ziels zumindest für sich selbst durchzukommen. Im Zweifelsfall kann es darauf hinweisen, dass der amerikanische Präsident Donald Trump gerade erklärt hat, dass dieses nicht unbedingt für die USA selbst gelten werde, und die Einladung zur Verlegung der US-Stützpunkte in Spanien wiederholen.

Stefan Axel Boes