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Kleinstdrohen im Ukrainekrieg

Kristóf Nagy

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Dass Drohnen einen signifikanten Einfluss auf die zeitgemäße Kriegführung haben, ist spätestens seit dem Krieg um Berg Karabach 2020 ein Gemeinplatz geworden. Auch im aktuellen Ukrainekrieg sind Drohnen aber auch Loitering Munition dank der breiten Berichterstattung omnipräsent. Eine Sonderrolle nehmen dabei Kleinstdrohen ein. Ihr Einsatz ist kein neues Phänomen, werden sie doch von beiden Seiten bereits seit 2014 verwendet. Zudem stammen sie bis heute zumeist aus rein kommerzieller Fertigung. Der aktuelle Konflikt hat jedoch der Entwicklung deutliche Impulse gegeben. Ziel dieses Beitrages ist es daher, die einzelnen Teilsegmente der Nutzung und damit verbundener Chancen und Herausforderungen aufzuzeigen. Der Fokus liegt hierbei auf NATO CLASS I SMALL Systemen, welche unter einem Startgewicht von 20 kg liegen.

Beginn der Drohnennutzung 2014

Der Ausbruch der Kämpfe 2014 um die Separatistengebiete im Osten des Landes traf die ukrainischen Streitkräfte unvorbereitet. Neben materiellen Herausforderungen auf allen Ebenen herrschte zuweilen auch ein Mangel an Konzepten, um der komplexen Lage Herr zu werden. In einer verzweifelten Kraftanstrengung wurde im Rahmen der als Anti Terror Operation (ATO) bezeichneten Kampagne alles an die sich dynamisch entwickelnde Front geworfen, was nutzbar erschien, so auch die ersten zivilen Drohnen, welche neben der offenkundigen Aufklärungsaufgabe auch für die mediale Dokumentation herangezogen wurden. Die anfänglich chaotischen und unkoordinierten Maßnahmen führten bereits Anfang Mai 2014 zu einer Bündelung in einer stark an die Streitkräfte angebundenen, jedoch formal unabhängigen Nichtregierungsorganisation mit der Bezeichnung Aerorozvidka (wortwörtlich Luftbild – faktisch Luftaufklärung). Aus dieser erwuchs im Laufe des Konfliktes eine quasimilitärische Einheit, die ihren von ausländischen Medien zuweilen als War Startup bezeichneten Charakter jedoch beibehielt. Neben dem Einsatz von Drohnen forcierte die netzwerkartig aufgebaute Organisation die Entwicklung von Ausbildungs- und Einsatzkonzepten, sowie im späteren Verlauf die Konstruktion eigener Sensorik- und Wirkmittelinterfaces sowie in einem weiteren Schritt die Produktion eigener unbemannter Luftfahrzeugen.

Auf der Seite der Separatisten im Donbass und Luhansk entstanden bemerkenswerterweise ganz ähnliche Strukturen. Auch hier wurden zivil verfügbare Drohnen auf dem freien Markt beschafft und in ähnlicher Weise zur Unterstützung der eigenen Kräfte eingesetzt. Trotz der offenkundigen Unterstützung und auch direkten Parteinahme der Streitkräfte der russischen Föderation setzten diese ihre unbemannten Aufklärungsmittel nur mit Vorbehalt über der Front ein, sodass die Drohnenfähigkeiten der separatistischen Kräfte von Anfang an Bedeutung gewannen. Schnell wurde klar, dass die gewonnenen Erkenntnisse über Betrieb, Wartung und Einsatz der UAV-Systeme zentralisiert gesammelt, ausgewertet und in die Ausbildung zurückgespielt werden müssen. Um dies zu erreichen, entstanden auf dem Gebiet der beiden sogenannten Volksrepubliken Ausbildungszentren, welche Kurse mit einem festen Kurrikulum anboten. Die Absolventen der Ausbildung werden bis heute im Anschluss unter anderem über Kanäle des Instant-Messaging-Dienstes Telegram mit weitergehenden Informationen technischer aber auch taktischer Natur versorgt.

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Aus dem Erwähnten lässt sich zweifelsfrei entnehmen, dass beide Konfliktparteien bereits vom Anbeginn der Feindseligkeiten die Rolle von Kleinstdrohnen erkannt und Maßnahmen zur effizienten und nachhaltigen Nutzung getroffen haben. Während auf russischer Seite diese Maßnahmen bis zum Ausbruch des Krieges vornehmlich auf organisatorische Elemente beschränkt blieben, spielte sich auf ukrainischer Seite ein deutlich komplexerer Vorgang ab. Was beide Seiten jedoch über Jahre verband, war die immer intensivere Nutzung der Drohnen des chinesischen Herstellers DJI.

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Die Drohnenrevolution in der Ukraine
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