StartFührung & KommunikationKampf gegen Kleinstdrohnen – der moderne Luftraumspäher

Kampf gegen Kleinstdrohnen – der moderne Luftraumspäher

Waldemar Geiger

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Wie der aktuelle Krieg in der Ukraine Tag für Tag zeigt, stellen insbesondere handelsübliche Kleinstdrohnen (sUAS) zunehmend eine Bedrohung für Streitkräfte – vom Infanteristen bis zum Kampfpanzer – dar. Kleinstdrohen sind auf dem Gefechtsfeld angekommen und sie werden nicht mehr verschwinden, eher das Gegenteil ist zu erwarten. Dies muss auch modernen westlichen Streitkräften bewusst werden, genauso wie der Umstand, dass die Gefahr eines solchen Einsatzes nicht nur auf den Krieg in der Ukraine beschränkt bleiben wird.

Streitkräfte müssen daher so schnell wie möglich effektive Wege und Mittel finden, das Potenzial der sUAS für die eigenen Zwecke zu heben und gleichzeitig der Gefahr, die solche Kleinstdrohnen für die eigene Truppe darstellen, zu begegnen. Besonders herausfordernd stellt sich die Lage im Bereich infanteristisch operierender Truppenteile dar. Solche Kräfte – wozu neben klassischer Infanterie auch Spezial- und Aufklärungskräfte zählen – zeichnen sich insbesondere dadurch aus, dass sie abseits von Abstützung auf Infrastruktur und Fahrzeuge operieren müssen.

Alles, was diese Kräfte an Waffen, Mitteln und Munition zum Einsatz brauchen, muss von den Soldaten selbst mitgeführt werden. Große, schwere und sperrige Ausrüstungsgegenstände können daher nur vereinzelt und wenn überhaupt, nur dann mitgeführt werden, wenn diese absolut unerlässlich für das Gelingen des Auftrages sind.

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Gleichzeitig stellen bereits handelsübliche Drohnen ein massives Gefährdungspotenzial für solche Truppenteile dar. Viele solcher Systeme verfügen über integrierte Wärmebildkameras und kosten gleichzeitig nur wenige hundert oder tausend Euro. Damit ausgestattete Gegner sind in der Lage, große Flächen – im urbanen oder ruralen Raum – aus der Luft zu überwachen und Personen auf weite Distanzen zu detektieren. Bei Bedarf können entfernte Hitzesignaturen dann in kürzester Zeit angeflogen und verifiziert werden. So lassen sich Späh- oder Kommandotrupps sowie im Jagdkampf oder Anmarsch befindliche Infanteriekräfte nicht nur aufklären, sondern auch vergleichsweise leicht bekämpfen. Die Drohnenpiloten können die aufgeklärten Kräfte so lange im Auge behalten, bis herbeigeführte eigene Truppenteile den Kampf aufnehmen können. Alternativ kann das Drohnenbild dazu genutzt werden, um weitreichende Waffensysteme, wie beispielsweise Artillerie, abzurufen und ins Ziel zu lenken.

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Die einzige Schutzmöglichkeit sich der Aufklärung oder zumindest der Bekämpfung zu entziehen, liegt darin, die Drohne frühzeitig zu entdecken und Gegenmaßnahmen (Tarnung oder Bekämpfung) einzuleiten. Im besten Fall wird man nicht entdeckt und kann den Auftrag fortsetzen. Im schlimmsten Fall wird man zwar entdeckt, kann die Drohne aber abwehren und die gewonnene Zeit ohne feindliche Beobachtung zum Ausweichen oder zum Stellungswechsel nutzen. Doch damit die Gegenmaßnahmen überhaupt ergriffen werden können, muss eine Drohne zunächst rechtzeitig entdeckt werden, was angesichts eingeschränkter Sichtverhältnisse (Wald, Stadt, Dunkelheit) beziehungsweise der Geräuschkulisse (Gefecht) oftmals ein Ding der Unmöglichkeit ist, wenn die Drohnendetektion ausschließlich auf den Schultern der für diesen Zweck eingeteilten Luftraumspäher lastet.

Moderner Luftraumspäher

Die Kleinstdrohnenbedrohung ist ein Produkt des 21. Jahrhunderts, daher sind erfolgversprechende Abwehrstrategien und -mittel folglich in Technologien und Produkten des 21. Jahrhunderts zu suchen. Genau hier kommt eine Lösung von Securiton Deutschland, ein auch auf Drohnenabwehr spezialisiertes Unternehmen mit Sitz im süddeutschen Raum ins Spiel, wie Georg Schweizer, Senior Expert MOS der Securiton GmbH, im Zuge der DWT-Tagung „Unbemannte Systeme IX“ – am 19. und 20. April in Bonn gegenüber Soldat & Technik erklärte. Basis der Detektionslösung für den infanteristischen Einsatz bildet der SecuriDrone-Wingman-Detektor des dänischen Unternehmens MyDefence, für das Securiton Vertriebsrechte im deutschen Raum besitzt.

SecuriDrone Wingman MOS
Die Antenne des SecuriDrone Wingman ist in der Lage, über alle bekannten Funkfrequenzen Kleindrohnen aufzuspüren unabhängig davon, ob handelsübliche Kleinstdrohnen oder Drohnenbaukits geflogen werden. (Foto: Securiton)

Der Detektor entspricht in seinen Maßen in etwa einem Sturmgewehrmagazin. Das rund 1,1 kg wiegende System wird üblicherweise an der Schutzweste eines Soldaten befestigt und kann mit einer Akkuladung rund 14 Stunden Drohnen in bis zu zwei Kilometern Entfernung in weniger als fünf Sekunden detektieren sowie dem designierten Luftraumspäher die Präsenz der Drohne im Raum visuell, akustisch oder mittels Vibration anzeigen.

Die Detektion erfolgt mittels Identifikation der von der Drohne oder dem Drohnensteuerer ausgesendeten Kommunikationssignale. Jede handelsübliche Drohne muss im Flug Steuerungs- und oder Bildsignale zwischen sich und dem Piloten der Drohne übertragen. Die Übertragung der Signale erfolgt nicht gerichtet, sondern ausgehend vom Signalemittenten in alle Richtungen. Diesen Umstand macht sich der Detektor zunutze. Die Antenne des SecuriDrone Wingman ist in der Lage, über alle bekannten Funkfrequenzen Kleindrohnen aufzuspüren unabhängig davon, ob handelsübliche Kleinstdrohnen oder Drohnenbaukits geflogen werden. Schweizer zufolge ist man damit in der Lage, rund 99,9 Prozent der aktuell auf dem Gefechtsfeld auftretenden handelsüblichen Kleinstdrohnen zu detektieren und damit Voraussetzungen für die weitere Abwehr der Systeme zu schaffen. Denn damit können sowohl durch menschliche Piloten direkt ferngesteuerte Systeme (rund 90 Prozent), als auch per Autopilot fliegende Drohnen (9,9 Prozent) detektiert werden, da die mittels Autopilot fliegenden Systeme stetig die Flugdaten der Drohne und oft auch Videobilder an den Piloten übertragen, damit dieser jederzeit eingreifen und die Steuerung des Fluggerätes selbst übernehmen kann. Lediglich vollautonome und damit auch „out of control“ fliegende Drohnen, die überhaupt keine Signale aussenden, können durch den Wingman nicht detektiert werden. Diese sind aber, wenn überhaupt, nur extrem selten und nicht im freien Handel verfügbar. Schweizer zufolge stellen solche vollautonomen Drohnen heute nicht mehr als 0,1 Prozent der Bedrohung dar.

Die Detektion mittels Signalaufklärung bietet zudem den Vorteil, dass eine mögliche Drohnengefahr bereits in der Vorbereitungsphase erkannt werden kann. Also ab dem Zeitpunkt, an dem die Drohne oder deren Fernsteuerung eingeschaltet wird. SecuriDrone Wingman zeigt eine in der Nähe befindliche Drohne also bereits an, bevor man die Drohne hören oder sehen bzw. die Drohne einen sehen kann.

Einmal entdeckt, bleibt es dann der Truppe überlassen, eine entsprechend zur Verfügung stehende Maßnahme zur Begegnung der Drohnengefahr einzuleiten.

Für die Detektion von Drohnen in Einsatzgruppen, Konvois oder auch an unbemannten Orten, hat Securiton eigenen Angaben zufolge mit dem SecuriDrone Companion ein Gerät entwickelt, das Drohnen erkennen und über drahtlose Kommunikation auf einer beliebigen Anzahl von gängigen mobilen Endgeräten warnen kann. Jedes Endgerät kann die Warnung einer beliebigen Anzahl von Companion-Sensoren empfangen. Die Leistungsparameter des Sensors entsprechen denen des SecuriDrone Wingman. Neben dem Drohnensensor und der drahtlosen Kommunikationstechnik ist in einen 4,5 kg schweren Pelicase ein GPS-Sensor verbaut, um die Positionen der Sensoren an die Endgeräte zu übermitteln. Der zusätzliche Nutzen wird durch die Darstellung der Drohnenwarnung auf dem mobilen Endgerät generiert. Das System ist nicht nur in der Lage anzuzeigen, dass Drohnensignale detektiert wurden, sondern vermag es auch diese Signale auch entsprechend erkannten Drohnen und Drohnenfernsteuerungen zuzuordnen. Securiton Deutschland hat dazu eine App entwickelt, die auf allen gängigen mobilen Endgeräten läuft. Dem Nutzer des Companion wird auf einer hinterlegten Digitalkarte auf dem Endgerät der Standort des Detektors angezeigt. Einmal eingeschaltet, greift der Companion alle emittierten Signale auf und gleicht diese mit einer Signaldatenbank ab. So kann dem Nutzer nicht nur angezeigt werden, dass eine Drohne oder eine Fernsteuerung in der Nähe sendet, sondern es wird genau aufgezeigt, wie viele und welche Drohnen es sind. Anhand von größer oder kleiner werdenden Farbkreisen um die Position des Sensors wird zudem angezeigt, ob sich eine Drohne auf den Detektor zubewegt oder wegfliegt; die Klassifizierung erfolgt mittels Überprüfung der zu- oder abnehmenden Signalstärke der Drohne bzw. der Fernsteuerung.

SecuriDrone Companion Produktbild
Für die Detektion von Drohnen in Einsatzgruppen, Konvois oder auch an unbemannten Orten, hat Securiton eigenen Angaben zufolge mit dem SecuriDrone Companion ein Gerät entwickelt, das Drohnen erkennen und über drahtlose Kommunikation auf einer beliebigen Anzahl von gängigen mobilen Endgeräten warnen kann. (Foto: Securiton)

Schweizer verweist zudem darauf, dass die Darstellung in Zukunft noch detaillierter erfolgen wird. Die jüngste EU-Drohnen-Gesetzgebung erfordert es, dass zukünftig über den Handel in den Verkehr gebrachte Drohnen über eine Remote-ID Funktion zur elektronischen Fernidentifizierung verfügen müssen. Solche Systeme werden dann automatisch und im Betrieb dauerhaft Daten, wie die Gerätenummer, die Position, die Flugrichtung, und die Flughöhe an die Umgebung senden müssen. Dadurch kann SecuriDrone Companion solche Systeme mit einer Echtzeitpositionierung auf der digitalen Karte der App direkt positionieren und die Flugbewegung der Drohne im Sekundentakt auf der Karte aktualisieren.

Fazit

Der Luftraumspäher des 21. Jahrhunderts darf nicht nur auf seine Augen und das Doppelfernrohr vertrauen. Luftraumspäher sind zwingend mit leichter, kompakter und für einzelne Soldaten tragbarer Sensorik auszustatten, die die Präsenz von Drohnen – die elektromagnetische Signale emittieren – anzeigen. Mittels der Nutzung bereits heute marktverfügbarer Systeme könnte die Truppe schnell in die Lage versetzt werden, den größten Teil der Kleinstdrohnenbedrohung zu entdecken. Die Aufgabe des modernen Luftraumspähers wäre es dann, die Drohne noch optisch aufzuklären und gegebenenfalls darauf zu reagieren.

Waldemar Geiger