Die Untersuchung der zunehmenden Proliferation sowie der Nutzung von Loitering Munition hat nicht nur eine technisch-taktische Komponente im Bezug auf Anwendungen und Abwehr. Auch die moralisch-ethische und daraus resultierend völkerrechtliche Dimension rückt zunehmend in den Fokus der Betrachtung. Letzterem Themenkomplex widmet sich der vom dänischen Center for War Studies (CWS) zusammen mit dem Royal Holloway Centre for International Security (RHISC) der Universität London publizierte Report mit dem Titel „Loitering Munitions and Unpredictability: Autonomy in Weapon Systems and Challenges to Human Control“.
Das Autorenpaar, bestehend aus Dr. Ingvild Bode vom Centre for War Studies der Universität Süddänemark und Dr. Tom Watts von der University of London untersuchen in ihrem Paper die bereits jetzt vorhandenen und zukünftig zu erwartenden Herausforderung, welche durch einen zunehmend autonomen Einsatz von Waffensystemen zu erwarten ist. Der Themenkomplex ist sicherlich nicht auf das Wirkmittel Loitering Munition beschränkt, ist aber nicht zuletzt aus Gründen der Aktualität im Fokus des vorliegenden Beitrags. Auch die empirischen Daten belegen die Sinnhaftigkeit der Konzentration auf diesen Waffentyp, schließlich hat sich die Anzahl der Loitering Munition herstellenden Nationen seit 2017 mehr als verdoppelt. Eine weitere dynamische Entwicklung dieses Trends ist anzunehmen.
Zeitgleich, so die Autoren, nimmt die Leistungsfähigkeit von KI-basierten Systemen immer mehr zu. Daher sei es nach Ansicht der Autoren dringend geboten Herstellung und Einsatz dieser Wirkmittelkategorie durch ein international verbindliches Abkommen zu regulieren. Ansonsten sei, so der Tenor des Papers, eine unkontrollierte Entwicklung und zunehmende Automatisierung des Bekämpfungsvorgangs ohne menschliches Zutun die zu erwartende Zukunft.
Die oben genannten Fähigkeiten für einen vollständig autonomen Einsatz sind, so die Autoren, auch als latente Fähigkeit in solchen Systemen vorhanden, welche momentan noch durch einen Human-in-the-Loop-Bekämpfungszyklus die finale Entscheidung für den Angriff, respektive die Möglichkeit für einen Abbruch einem menschlichen Bediener überlassen. Konkret wird die Gefahr gesehen, dass durch eine minimale Anpassung der Systeme diese auf eine rein KI-basierte Führung umgerüstet werden können. Daher fordert der Beitrag in seiner Konklusion staatliche Akteure dazu auf, auf dem internationalen Parkett supranationale Expertengruppen einzurichten.
Diese sollen Vorschläge für ein völkerrechtlich bindende Abkommen für die Herstellung und Nutzung autonomer Waffensysteme und insbesondere von Loitering Munition erarbeiten. Wie solche ein Abkommen relevante Protagonisten wie beispielsweise Russland oder den Iran einbinden könnte, ist nicht Gegenstand der Untersuchung.
Das Paper steht hier zum kostenlosen Download bereit: Loitering Munitions and Unpredictability: Autonomy in Weapon Systems and Challenges to Human Control