Vernetzung und Multi Domain Operations, Digitalisierung des Gefechtsfeldes, Combat Clouds, Software Defined Defense – diese Stichworte gehören inzwischen zum Standard-Repertoire der Streitkräftekonzeptionäre weltweit. Worauf kann und muss sich der abgesessen kämpfende Soldat bei der künftigen Kriegführung einstellen?
Die Vorstellungen vom Gefechtsfeld und der Operationsführung der Zukunft gleichen sich in vielen Streitkräftekonzeptionen grundsätzlich. Demnach agieren vernetzte Gefechtsverbunde aus einzelnen Soldaten, deren Land-, Luft-, See-, Cyber- und Weltraumplattformen sowie besatzungslose Systeme miteinander, um die teilweise parallel zueinander laufenden Operationen in unterschiedlichen Intensitätsspektren in allen Domänen zu meistern.
Alle Akteure speisen regelmäßig Informationen in das gemeinsame Netzwerk ein, so dass stets ein aktuelles Lagebild zur Verfügung steht. Künstliche Intelligenz unterstützt die Truppenführer bei der Auswertung der Informationsflut und bei der Entscheidungsvorbereitung. Die durch leistungsfähige Sensor-to-Effector-Ketten generierte Informations- und Wirküberlegenheit ermöglicht es, jegliche Lagen in angemessener Intensität abarbeiten zu können.
Horizontale, vertikale und multinationale Vernetzung
Das digitale Gefechtsfeld mit seiner horizontalen, vertikalen und multinationalen Vernetzung bringt erhebliche Herausforderungen mit sich. Die zahlreichen Akteure auf dem digitalen Gefechtsfeld erzeugen immer größere Datenmengen in immer kürzerer Zeit. Zugleich müssen diese Datenmengen immer schneller ausgewertet und an immer mehr Akteure transferiert werden. Funkgeräte sind daher ein zentrales Element der Digitalisierung. Plattformen agieren dank ihrer digitalen Funkgeräteausstattung als „digitale Knoten“. Weiterhin gilt es, die Kommunikationsnetzwerke nicht nur leistungsfähiger, sondern möglichst robust auszulegen – auch gegen Maßnahmen des elektronischen Kampfes.
Die Bundeswehr hat mit den Vorhaben „Digitalisierung – Landbasierte Operationen (D-LBO)“ und dem „Tactcial Wide Area Network for Land Based Operations (TaWan LBO)“ zwei Großvorhaben auf den Weg gebracht, um ihre Führungsfähigkeit weiter zu stärken. Kernfunktion von TaWAN LBO ist die Bereitstellung eines offenen Transportnetzwerks für Federated Mission Networking (FMN) basierend auf Protected Core Network (PCN) zur Anbindung der vorgelagerten taktischen D‑LBO-Netze an das rückwärtige Kernnetz CIR. In Verbindung mit D-LBO soll das TaWAN LBO-Netzwerk die Anbindung bis tief in den rückwärtigen Raum mit hohen Datenraten ermöglichen.
Eine weitere Herausforderung stellt die Kommunikation mit Partnernationen auf dem digitalen Gefechtsfeld dar. Dies geschieht derzeit über bestimmte interoperable Funkgeräte, welche allerdings nur auf bestimmten Führungsebenen vorhanden sind. Die auf Initiative der NATO geschaffenen FMN-Standards sollen die künftige Interoperabilität der unterschiedlichen Netzwerke und Gefechtsführungssysteme erleichtern. Im Idealfalle geschieht dies über Schnittstellen, die einen „Plug – Play – Fight“-Ansatz ermöglichen. Eine der ersten FNM-Ready Forces soll deutscherseits die Panzerbrigade 45 „Litauen“ sein.
Soldatensysteme
Soldatensysteme binden den abgesessen kämpfenden Soldaten in die Vernetzte Operationsführung ein. Beispielhaft seien einige Programme vorgestellt.

Die Bundeswehr beschafft mit einem im Februar 2025 erteilten Rahmenvertrag einen modernisierten Konstruktionsstand des Infanterist der Zukunft – Erweitertes System (IdZ-ES). Dieser lehnt sich an das bereits genutzte Soldatensystem IdZ-ES VJTF 2023 aus dem System Panzergrenadier an. Mit dem neuen Konstruktionsstand „VJTF 2023 obsoleszenzbereinigt“ werden veraltete Komponenten beseitigt und die Kommunikations- und Datenaustauschfähigkeit mit den Fahrzeugplattformen Gepanzertes Transport-Kraftfahrzeug Boxer und Schützenpanzer Puma umgesetzt sowie für die Luftlandeplattform vorbereitet. Die überarbeitete Basis-Hardware der Soldatensysteme ist zudem für eine Anbindung an den Informations- und Kommunikationsverbund „Digitalisierung Landbasierte Operationen“ (D-LBO) soweit wie möglich vorbereitet.
Beim deutschen Ansatz steht die Zugebene im Mittelpunkt. Ein Zugsystem umfasst 34 einzelne Soldatensysteme sowie eine Zugausstattung an Peripheriekomponenten. Hierzu gehören eine erweiterte IT-Ausstattung, Optiken, Optroniken, sowie die Bekleidungs-, Schutz- und Trageausstattung. Generalunternehmer ist Rheinmetall und führt als Systemverantwortlicher die Leistung der mehr als 30 Unterauftragnehmer zusammen.
Grundsätzlich verfügt jeder Soldat über ein UHF-Gruppenfunkgerät. Ausgewählte Soldaten – Melder, Gruppen- und Zugführer – verfügen über eine erweiterte Ausstattung mit zwei Funkgeräten und einem tabletartigen Führungsgerät. Das ältere IdZ-ES- Zugsystem nutzt noch das SOLAR 400 UHF-Funkgerät. Mit der Anpassung auf den Konstruktionsstand VJTF 2023 obsoleszenzbereinigt umfasst die Führungsmittelausstattung folgende Komponenten:
- UHF-Funkgerät Elbit E-Lynx PNR 1000 D
- VHF-Funkgerät R&S HR 5000 (nur Führungsausstattung)
- Benutzerendgerät Getac MX50 (bis auf weiteres)
- Kommunikationsausstattung: Headset 3M Peltor ComTac VIII sowie Push-to-Talk-Taste CeoTronics 3C MultiPTT
Das E-Lynx PNR 1000 D wird auch im Rahmen des Programms D-LBO verwendet.
Der französische Ansatz
Die französischen Streitkräfte haben das von Safran/Sagem und Thales gelieferte Soldatensystem Fantassin à Équipement et Liaisons Intégrés (FELIN; deutsch etwa „Infanterist mit integrierter Ausrüstung und Kommunikation“) in Nutzung. Zwischen 2010 und 2015 gingen insgesamt rund 23.000 Soldatenausstattungen an die Truppe. Die neueste Ausbaustufe ist die Variante FELIN V1.3, welche 2016 beauftragt wurde.

FELIN umfasst als modulares System ebenfalls eine verbesserte Kommunikationsausstattung und Sensorik, Handwaffen und moderne Zielhilfen, eine neue taktische Bekleidung sowie eine leichtere ballistische Schutz- und Trageausstattung. Sie ist in der Ausbaustufe FELIN V1.3. auf das taktische Terminal SitComdé und das Gefechtsführungssystem optimiert. Die Ausrüstung lässt sich entsprechend den Einsatzerfordernissen und der Rolle des einzelnen Soldaten innerhalb der Einheit oder des Verbandes konfigurieren.
Ende 2019 brachte die französische Rüstungsbehörde DGA das Programm Centurion auf den Weg. Das bis 2026 laufende Centurion-Programm zielt darauf ab, Innovationen für den abgesessenen Soldaten – etwa in den Bereichen Schutz, Tarnung, Vernetzung oder Ergonomie – zu fördern, indem es deren schnelle Integration in die Ausrüstung des Infanteristen ermöglicht. Vielversprechende Technologien sollen schnell erkannt und zur Serienreife gebracht werden. Dabei sollen die Vorteile kurzer Erkundungs-, Entwicklungs- und Testzyklen genutzt werden. Die Innovationen könnten schließlich in das aktuelle FELIN-Programm und das zukünftige Gefechtsführungssystem SCORPION integriert werden.
Amerikanische Programme
Bei den US-Streitkräften verläuft die Vernetzung in mehreren, teilweise parallel zueinander laufenden Programmen. Das 2010 eingeführte und seither mehrfach modernisierte NETT Warrior (NW) betrachtet die Ausstattung des militärischen Führers ab der Infanteriegruppenebene. NW nutzt als plattformübergreifendes System das militärische Handfunkgerät als Schnittstelle zur Einbindung eines handelsüblichen Smartphones in das Führungs- und Kommunikationsnetz auf Brigadeebene.

Damit kann der Soldat über sein Endgerät auf Anwendungen zugreifen, um Nachrichten zu senden und Daten auszutauschen, eigene Kräfte zu verfolgen, Bewegungen mit anderen Einheiten zu koordinieren oder Feuerunterstützung anzufordern. Ebenso lässt sich das System auch mit den Sensoren besatzungsloser Plattformen vernetzen. NW verwendet unter anderem die kartenbasierte Lagerkennungssoftware Tactical Assault Kit (TAK) sowie weitere Anwendungen. Die neueste Variante des NW soll über eine verbesserte künstliche Intelligenz verfügen, um die Schnittstelle zu neuen Future Warrior-Geräten zu optimieren.
Das noch in Entwicklung befindliche und ebenfalls mehrfach weiterentwickelte Integrated Visual Augmentation System (IVAS) soll jedem abgesessen kämpfenden Soldaten zur Verfügung stehen. IVAS basiert auf dem Microsoft-Headset Hololens 2, das mit holographischer Technologie digitale Bilder über die realen Bilder legt. Somit soll IVAS nicht nur Nachtsichtfähigkeit und Aufklärungsfähigkeit steigern, sondern auch über Augmented Reality Lageinformationen, dreidimensionale Geländekarten oder einen Kompass in das Sichtfeld des Soldaten einspielen.
IVAS besteht im Wesentlichen aus dem helmgetragenen Visier, den am Körper getragenen Computer („Puck“), einem Funkgerät und der Energieversorgung. Eine drahtlose Schnittstelle verbindet die Brille mit einer Reihe von Waffenoptiken. Das Absehen der Waffe und ein Wärmebild des Ziels lassen sich auf das Display der Brille projizieren. Damit kann der Anwender aus der Deckung heraus Ziele bekämpfen. Die derzeit neueste Variante IVAS 1.2 befindet sich seit Juli 2023 in der Erprobung.
Dr. Jan-Phillipp Weisswange, OTL d. R. in der Heeresaufklärungstruppe, arbeitet hauptberuflich als stellvertretender Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit in der wehrtechnischen Industrie. Dieser Artikel gibt seine persönliche Meinung wieder.