Am 14. Juni 1775 autorisierte der Kontinentalkongress der 13 britischen Kolonien in Nordamerika die Aufstellung der ersten Truppen für den Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg. Diese Kontinentalarmee wurde zwar nach dem Sieg über Großbritannien 1783 aufgelöst und die heutige U.S. Army im Folgejahr neu gegründet. Dennoch betrachtet die älteste der amerikanischen Teilstreitkräfte das Aufstellungsdatum der Vorgängerorganisation als ihren Geburtstag, der sich nun zum 250. Mal jährte.
Erstmals aus diesem Anlass fand am vergangenen Samstag eine Militärparade in der Hauptstadt Washington statt. Rund 6.600 Soldatinnen und Soldaten marschierten in Uniformen aus allen Epochen der US-Militärgeschichte, vom Unabhängigkeits- und Bürgerkrieg über die beiden Weltkriege, die Konflikte in Korea und Vietnam bis zum „Krieg gegen den Terror“ und der Gegenwart. Dabei wurden auch historische Fahr- und Flugzeuge sowie Reit- und Tragtiere präsentiert. Insgesamt dauerte die Parade 90 Minuten.
Regelmäßige große Militärparaden sind nicht US-Tradition
Die Veranstaltung war kontrovers, weil sie außerdem auf den Geburtstag von Präsident Donald Trump fiel. Dieser hatte seit seiner Einladung zur traditionellen Pariser Militärparade am französischen Unabhängigkeitstag durch seinen Kollegen Emmanuel Macron 2017 während seiner ersten Präsidentschaft den Wunsch geäußert, etwas vergleichbares in den USA abzuhalten. 2018 plante er eine Parade zum Veteran’s Day am 11. November, sagte diese jedoch schließlich aus Kostengründen ab.
Bereits damals wurde kritisiert, dass solche Veranstaltungen nicht der amerikanischen Tradition entsprächen, sondern eher der europäischer (ex-) Monarchien und kommunistischer Staaten. Zwar gibt es durchaus auch in den USA große Militärparaden, jedoch eher zur Feier einzelner Ereignisse. So etwa nach Ende des Bürgerkrieges 1865 und des Golfkrieges 1991 in Washington sowie nach dem Zweiten Weltkrieg 1946 in New York.
Kontroverses innenpolitisches Klima
Die US-Streitkräfte beteiligen sich zudem regelmäßig an Feierlichkeiten zu Jahrestagen und treten mit Fahnenabordnungen und Überflügen selbst bei Sportereignissen auf, allerdings neben anderen Gruppen und Organisationen. Rein militärische Paraden zu wiederkehrenden Anlässen finden in kleinerem Rahmen aufgrund lokaler Traditionen statt, etwa durch die in Washington stationierten Marines Dienstagabends an ihrer Kaserne und Freitagabends auf der National Mall.
Angesichts des innenpolitischen Klimas seit der erneuten Wahl Trumps, dem die Opposition autoritäre Tendenzen vorwirft, formierte sich aus Anlass der Jubiläumsparade eine landesweite Protestbewegung unter dem Motto „No Kings“ – keine Könige. Vermutlich deswegen war das Ereignis selbst relativ schwach besucht, während die Protestbewegung am gleichen Tag Millionen Teilnehmer für sich reklamierte.
Stefan Axel Boes