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ATMOS und PULS – Dänemark will Radhaubitzen und Raketenartilleriesysteme von Elbit Systems beschaffen

Waldemar Geiger

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Die dänische Regierung hat angekündigt, die an die Ukraine abgegebenen 19 Radhaubitzen vom Typ CAESAR schnellstmöglich durch israelische ATMOS-Radhaubitzen ersetzen zu wollen. Zudem sollen Raketenartilleriesysteme vom Typ PULS, ebenfalls vom israelischen Rüstungskonzern Elbit Systems, beschafft werden. Dies geht aus gestrigen Veröffentlichungen des dänischen Verteidigungsministeriums und der dänischen Streitkräfte (Forsvaret) hervor.

Das Ministerium gibt an, dass sich bereits wenige Tage nach Entschluss die im Zulauf befindlichen CAESAR Systeme an die Ukraine abzugeben, sowohl Regierung, als auch eine breite parlamentarische Mehrheit auf einen raschen Ersatz der Artilleriesysteme geeinigt haben. Demnach verhandelt die dänische Beschaffungsbehörde (Amt für Material und Beschaffung – FMI) bereits mit dem Hersteller Elbit Systems. Zudem wurde entschieden, die Forsvaret mit einer seit 2004 aufgebenden Fähigkeit des weitreichenden indirekten Feuers (Raketenartillerie) wieder auszustatten.

Der Forsvaret zufolge sollen insgesamt acht PULS-Raketenwerfer und 19 ATMOS-Radhaubitzen geordert werden. Die Auslieferung der ersten PULS-Raketenwerfer wird seitens der Forsvaret bereits in diesem Sommer erwartet, die ersten neuen ATMOS-Artilleriegeschütze werden voraussichtlich ab Anfang nächsten Jahres verfügbar sein. Es ist das erklärte Ziel der dänischen Streitkräfte, die komplette Feuerunterstützungsfähigkeit 2025 voll einsatzfähig (FOC) zu haben.

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Für das dänische Heer ist Elbit Systems kein unbekannter Player, schließlich liefert das Unternehmen den 120-mm-Mörser CARDOM 10, welcher über ein vergleichbares Feuerleitsystem zum ATMOS verfügt. Auch die ATMOS-Radhaubitze ist für die dänische Beschaffungsbehörde keine Unbekannte, da das System vor wenigen Jahren im Wettbewerb um das zukünftige Artilleriegeschütz der dänischen Streitkräfte gegen die CAESAR angetreten ist, dort aber dem Vernehmen nach aufgrund des höheren Preises unterlegen war.

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ATMOS und PULS

Beim ATMOS handelt es sich um ein 155-mm-Artilleriegeschütz auf einem LKW-Fahrgestell. Den dänischen Streitkräften zufolge ist die zukünftige Radplattform, die sowohl über einen nicht näher spezifizierten ballistischen Schutz und einen Minenschutz verfügen soll, derzeit noch nicht geklärt. Die CAESAR hatten ein Schutzniveau von Level 2A (ballistisch) bzw. 2B (Minen) gemäß STANAG 4569. Das ATMOS-System verfügt über ein halbautomatisches Ladesystem und kann bis zu 36 Artilleriegranaten als Kampfbeladung mitführen. Je nach Munitionstyp können mit dem Rohr mit seinen  52-Kaliberlängen Reichweiten von bis zu 40 Kilometern erzielt werden. Die Feuerrate beträgt sechs Schuss pro Minute. Bei der Besatzung geht das dänische Heer von vier bis sechs Personen pro System aus.

Der Mehrfachraketenwerfer Multi-Purpose Universal Launching System (PULS) kann eine breite Palette von Artillerieraketen verschießen. Dänemark plant einer Übersicht des Systems auf der Webseite der Forsvaret zufolge die Nutzung von 122-mm- und 160-mm-Raketen mit einer Reichweite von bis zu 300 Kilometern. Bei der Lieferung der Munition könnte wohl auch die deutsche Industrie zum Zuge kommen, da Elbit und das deutsche Systemhaus Krauss-Maffei Wegmann erst im vergangenen Jahr eine Kooperation auf dem Gebiet der Raketenartillerie, inklusive lokaler Munitionsfertigung, bekanntgegeben haben, S&T berichtete.

Auch beim PULS scheint die Radplattform derzeit wohl noch nicht festgelegt zu sein. Die Besatzung wird mit zwei Personen angegeben.

Beeindruckendes Entscheidungs- und Beschaffungstempo

„Die Abgabe an die Ukraine hinterlässt eine kritische Fähigkeitslücke in den Streitkräften. Es ist daher eine sehr gute und wichtige Nachricht, dass sich die Regierung und eine breite Mehrheit der Parlamentsparteien darauf geeinigt haben, nicht nur neue Artilleriesysteme, sondern auch Raketenartilleriesysteme so schnell wie möglich zu beschaffen“, wird der dänische Verteidigungsminister Jakob Ellemann-Jensen in der Mitteilung des Ministeriums zitiert. Die Raketenwerfer sollen die neuen ATMOS-Artilleriesysteme ergänzen, da es zunächst nicht möglich ist, genügend Radhaubitzen schnell genug zu liefern, um den operativen Anforderungen der Streitkräfte gerecht zu werden. Ab dem 1. Januar 2023 müssen die dänischen Streitkräfte eigenen Angaben zufolge eine Artillerieeinheit für die NATO Readiness Initiative (NRI) bereithalten.

Das Tempo mit dem Dänemark vorgeht, beeindruckt auf vielfache Weise und bietet eine Blaupause wie eine „Zeitenwende“ nicht nur angekündigt, sondern auch umgesetzt werden kann. Das Land ist sowohl Mitglied in der EU sowie der NATO, unterliegt daher den gleichen „regulatorischen Fesseln“ der Rüstungsbeschaffung auf internationaler Ebene wie sie auch für Deutschland gelten. Während das deutsche Beschaffungswesen – wozu neben der Bundeswehrbeschaffungsbehörde BAAINBw auch weitere Teile der Bundeswehr sowie das Ministerium und das Parlament gehören – nach über einem halben Jahr seit Abgabe deutscher Artilleriesysteme und Munition an die Ukraine, die Nachbeschaffung gerade mal vorbereitet, wird in Dänemark gehandelt. Dort wird nicht nur ein abgegebenes System nachbeschafft, es wird ohne Wettbewerb ein anderes System gekauft und gleichzeitig die vormals aufgegebene Fähigkeit der Raketenartillerie, ebenfalls per Direktvergabe, wieder eingeführt.

Waldemar Geiger