Die Bundeswehr beabsichtigt, die fünf an die Ukraine abgegebenen Raketenartilleriesysteme des Typs MARS II mit dem israelischen Raketenartilleriesystem PULS (Precise and Universal Launching System) zu ersetzen. Wie es aus gut informierten Kreisen heißt, könnte ein entsprechender Vertrag noch in diesem Monat unterzeichnet werden. Dies geht aus einer Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesministerium der Verteidigung Thomas Hitschler vom 18. Oktober auf eine schriftlich eingereichte Frage des CDU-Bundestagsabgebordneten und Mitglied im Haushaltsausschuss Ingo Gädechens hervor, die der Soldat & Technik vorliegt. Die Antwort ist nach dem Hamas-Terror-Angriff auf Israel am 7. Oktober und nach der Mobilisierung der israelischen Streitkräfte erfolgt. Beobachter werten dies als Indiz dafür, dass die Bundesregierung einen Krieg in der Region nicht als Hemmnis für die Beschaffung einschätzt.
Der Ersatz der Systeme soll in Kooperation mit den Niederlanden erfolgen, wie Hitschler ausführt. Die Niederlande beabsichtigen dem Schreiben zufolge, die PULS-Beschaffung noch in diesem Jahr zu beginnen. „Um schnellstmöglich die Wiederbeschaffung der an die Ukraine abgegebenen Systeme und die größtmögliche Interoperabilität und Kooperation beider Länder sicherzustellen, ist eine deutsche Beteiligung an dieser Beschaffung beabsichtigt“, schreibt der Staatssekretär in seiner Antwort.
Dazu beabsichtigt das Verteidigungsministerium Hitschler zufolge, noch im 1. Quartal 2024 dem Parlament eine entsprechende 25- Millionen-Euro-Vorlage für die Beschaffung von „fünf PULS“ vorzulegen. „Damit könnte bereits in dem Jahr 2024 ein Zulauf erster Systeme erfolgen.“ Über welchen Titel die Beschaffung der Systeme finanziert werden soll, enthält das Schreiben keinen Hinweis. Es ist jedoch anzunehmen, dass die Finanzierung über den Einzelplan 60 erfolgen wird, aus dem die Bundeswehr an die Ukraine abgegebenes Material wiederbeschaffen darf.
Beobachter des Beschaffungsvorhabens gingen noch bis vor Kurzem davon aus, dass die Beschaffung ohne eine solche 25 Millionen-Euro-Vorlage erfolgen könnte. In diesem Fall hätte man die Beschaffung der fünf Werfer und der dazugehörigen Munition in unterschiedliche Beschaffungsvorhaben unterhalb der 25-Millionen-Euro-Grenze aufgesplittet. Die für das Gesamtraketenartilleriesystem notwendigen Fahrzeuge werden dem Vernehmen nach von der Bundeswehr beigestellt. In Frage kommen hier HX-Systeme von Rheinmetall oder Trakker von Iveco Defence Vehicles.
Der nun gewählte Weg wird Insidern zufolge als der langsamere, aber zweckmäßigere beschrieben, da die Bundeswehr sich auf diese Weise die politische Unterstützung für die Einführung des Systems sichert. Dies könnte dann die Auswahl des PULS als potenzielles querschnittliches zukünftiges Raketenartilleriesystem erleichtern. Die Bundeswehr plant in dem Zielbild Heer, sowohl die Divisionsartillerieverbände als auch die Korpsartillerie mit Raketenartilleriesystemen auszustatten und braucht dafür mehr Systeme, als die nunmehr nur noch 35 verbliebenen MARS 2 im Bestand der Bundeswehr.
Auf der Industrieseite hat man dafür bereits im vergangenen Jahr Vorarbeiten geleistet. Als Ergebnis einer intensivierten Zusammenarbeit haben Krauss-Maffei Wegmann und Elbit Systems im Dezember 2022 mit dem Euro-PULS ein Nachfolgesystem für die Mehrfachraketenwerfer der Artillerie MARS/MLRS auf Basis des Multi-Purpose Universal Launching System (PULS) von Elbit Systems vorgestellt. Eine mögliche Euro-PULS-Lösung wäre im Vergleich zu dem PULS mit einem aus dem MARS II bekannten Feuerleitlösung ausgerüstet und hätte eine deutlich breitere Wirkmittelpalette integriert. Vorstellbar wären neben den israelischen Raketen auch deutsche Raketen wie die AT-2 beziehungsweise deren Nachfolgerakete oder eine mögliche SMArt-Rakete, wenn die Bundeswehr sich für die Beschaffung eines solchen Wirkmittels entscheiden sollte. Zudem könnte das System auch dazu befähigt werden, neben Raketen auch Lenkflugkörper zu verschießen. Denkbar wären hier die in Entwicklung befindliche Joint Fire Support-Missile von MBDA Deutschland, aber auch andere Waffen wie die Naval Strike Missile von Kongsberg oder die RBS15 von Saab werden von mehreren Insidern als mögliche Kandidaten für den Verschuss aus einem zukünftigen Euro-PULS-Raketenartilleriesystem genannt, da sich sowohl Schweden als auch Norwegen für die Beschaffung des PULS interessieren. Dänemark und die Niederlande haben sich bereits dafür entschieden. Interesse für das System gibt es zudem in Frankreich, Italien und Spanien.
PULS
Der Mehrfachraketenwerfer Purpose Universal Launching System (PULS) des israelischen Rüstungskonzerns Elbit Systems kann eine breite Palette von Artillerieraketen mit einer Reichweite von 12 bis 300 km verschießen. Elbit gibt an, dass das „einzigartige“ Design des PULS viel Wachstumspotenzial biete. So könne das System beispielsweise zum Verschuss von Loitering Munition, einschließlich der Kanisterkonfiguration der SkyStriker Loitering Munition von Elbit Systems, befähigt werden. Zudem sei der PULS-Werfer vollständig an bestehende Rad- und Kettenplattformen anpassbar, was den Angaben des Herstellers zufolge zu einer erheblichen Reduzierung der Wartungs- und Ausbildungskosten führt.
Das Elbit-Raketenportfolio für den PULS beginnt mit der 122-mm-Rakete vom Typ Accular. Diese hat eine Reichweite von bis zu 35 km und einen 20-kg-Gefechtskopf. Für eine präzise Abstandwirkung jenseits der 100 km hat Elbit die marktverfügbare Extra im Angebot. Die Extra kann Elbit zufolge bis zu 150 km entfernte Ziele bis auf 10 m genau treffen. Das Gewicht des Gefechtskopfes beträgt 120 kg. Neben einer Unitary-Spreng-Splitter-Variante wird auch eine Penetrator-Variante angeboten.