StartStreitkräfteIrische Spezialkräfte werden reformiert, umbenannt und sollen wachsen

Irische Spezialkräfte werden reformiert, umbenannt und sollen wachsen

Andre Forkert

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Wie die Tageszeitung The Irish Times am 30. Dezember berichtete, werden die irischen Spezialkräfte einer umfassenden Umstrukturierung unterzogen. Der geheime Army Ranger Wing (ARW; Sciathán Fianóglach an Airm) soll dabei einen neuen Namen, mehr Personal und eine überarbeitete Kommandostruktur erhalten.

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Das Abzeichen der Irish Army Rangers (Foto: IRL Defence Forces)

Der Army Ranger Wing ist die elitärste und geheimste Einheit der irischen Streitkräfte. Und die ARW wird nach den vorliegenden Plänen in ihrer 43-jährigen Geschichte am stärksten erweitert und umstrukturiert. Die sichtbarste Änderung wird ein neuer Name sein: Ireland Special Operations Force oder kurz IRL-SOF.

Irland ist zwar Mitglied in der Europäischen Union, aber kein Mitglied im NATO-Bündnis. Das Land nimmt aber am NATO-Partnership-for-Peace-Programm teil, und regelmäßig an NATO-, UN- und EU-Missionen.

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Bisher besteht der Army Ranger Wing laut OSINT-Quellen aus rund 200 Soldaten. Der „tri-service“-Verband umfasst alle Fähigkeiten zu Land, See und Luft. Er kann daher mit der irregulären Kriegsführung in Luft-, Land- und Seegebieten beauftragt werden. Der ARW ist direkt dem Hauptquartier der irischen Streitkräfte unterstellt und gehört zu einem der drei Kommandokomponenten der Streitkräfte, dem Defence Forces Training Centre (DFTC). Die beiden anderen Komponenten umfassen die 1. und 2. Brigade. Die „Luft-Fähigkeiten“ werden jedoch durch das irische Air Corps beigestellt und sind kein integraler Bestandteil des ARW. So kann auf Flugzeugmuster wie CASA CN‐235MP, Cessna FR 172, Defender 4000 oder auf Hubschrauber des Typs AW139 and EC‐135 zurückgegriffen werden. Das DFTC befindet sich im Curragh Camp in der Grafschaft Kildare, und das ARW ist zusammen mit dem Hauptquartier des DFTC, der Militärakademie, der CIS Group, der Engineer Group, der Ordnance Group, der Military Police Group, der Transport Group, der Central Medical Unit, der 1st Mechanised Infantry Company und der 1st Armoured Cavalry Squadron untergebracht.

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ARW-Soldaten bei einer Übung. (Foto: IRL Defence Forces)

Doch das wird bald der Vergangenheit angehören. Hinter den Kulissen wird an drastischen Veränderungen in der Kommando- und Kontrollstruktur gearbeitet. Das bedeutet laut Sicherheits- und Militärexperten von der Insel aber auch, dass die IRL-SOF zu einem zentralen Bestandteil der militärischen Entscheidungsfindung wird und mit größerer Wahrscheinlichkeit zu Einsätzen auf und außerhalb der Insel entsandt wird. Bisher lag der Fokus auf terroristischen Bedrohungen im Inland. Um dem gerecht zu werden, wird die Einheit größer, der Status aufgewertet und mit einer größeren Autonomie ausgestattet. Laut der The Irish Times sind auch die zunehmende Terrorgefahr durch den Konflikt im Nahen Osten einer der Gründe für diese Maßnahmen.

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Ein Team der Irish Army Rangers seilen sich ab auf das Deck eines Schiffes (Foto: IRL Defence Forces)

Der ARW wird als erste Maßnahme in drei separate Einheiten umgegliedert. Jede mit einer spezifischen Aufgabe. Die Landeinheit, die als Special Operations Land Task Group (SOLTG) bezeichnet wird, wird der direkte Nachfolger der ARW. Hier liegt der Fokus auf landgestützten Operationen wie Spezialaufklärung und Geiselbefreiung. Noch nicht entschieden, aber wahrscheinlich werden die Mitglieder auch weiterhin das grüne Barett (Fianóglach) und den Blitz als Schulterabzeichen tragen.

Die zweite Einheit wird sich auf die Verbringung per Fallschirm und Abseilen spezialisiert (Fast-Roping, Rapelling) spezialisieren. Sie wird als Air Task Group (ATG) bezeichnet und im Hauptquartier des Air Corps in Baldonnel im Westen Dublins stationiert sein.

Bei der dritten Einheit liegt die Spezialisierung auf maritimen Missionen, vor allem das Abfangen, die Kontrolle oder auch die Befreiung von Schiffen. Hier werden auch die Kampfschwimmer angesiedelt werden. Ihre Heimat wird der Marinestützpunkt in Haulbowline.

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Ein AWR-Team bei der Sicherung eines Schiffsdecks (Foto: Irish Defence Forces)

Die drei Einheiten werden unter dem Namen IRL-SOF zusammengefasst und einer Direktion für Sondereinsätze unterstellt, die wahrscheinlich von einem Oberst geleitet wird und im Hauptquartier der Streitkräfte angesiedelt ist. Die IRL-SOF sollen in Zukunft mehr Mitglieder umfassen, damit die Anforderungen nicht gesenkt werden müssen. Entsprechende Pläne liegen seit dem Weißbuch zur Verteidigung aus dem Jahr 2015 vor und werden nun umgesetzt. Neben den Spezialkräften besteht zudem ein hoher Bedarf an Unterstützungspersonal, sogenannte Enabler. Bei dem jährlichen Auswahlverfahren sollen weniger als zehn Kommandoanwärter bestehen. Damit ist jedoch ein schneller Aufbau eher nicht möglich. Zudem geht die NATO-Doktrin davon aus, dass jedem Operator bis zu drei „Supporter and Enabler“ zur Seite stehen sollten. Daher entwickeln die irischen Verantwortlichen gerade ein neues Auswahlverfahren für diese Personengruppe, die dann dauerhaft in die Spezialeinheiten integriert werden sollen. In den vergangenen Jahren wurde ein neues, von Sportwissenschaftlern entwickeltes und überwachtes Auswahlsystem für die Kommandosoldatenanwärter eingeführt. Dieses hat die Verletzungsrate drastisch reduziert.

Zur Steigerung der Attraktivität wurden im Jahr 2023 zudem nach einem langwierigen Streit mit dem Verteidigungsministerium die ARW-Zulagen deutlich angehoben. Auch die Neubauten der Infrastrukturen sowie neue und bessere Ausrüstungen sollen eine Attraktivitätssteigerung fördern. Dazu zählt ein neues und ein eigenes ARW-Hauptquartier im Curragh Camp in Kildare. Es soll 2024 fertiggestellt werden.

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Irish Army Rangers beim Schießtraining (Foto: IRL Defence Forces)

Auch die irischen Streitkräfte leiden unter akutem Personalmangel. So bestehen sie aktuell aus weniger als 8.000 Soldaten in allen drei Teilstreitkräften; damit fehlen über 1.500 Soldaten bis zur Sollstärke. Ziel ist es, die Personalstärke bis 2028 auf 11.500 zu erhöhen.

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Nach erfolgreicher Ausbildung wird der Patch „Ranger“ verliehen. (Foto: IRL Defence Forces)

Auch wenn die irischen Streitkräfte und Spezialkräfte eher klein sind, so haben sie auch für die Bundeswehr Bedeutung. So wurden sie in der Vergangenheit immer wieder im NATO- und EU-Rahmen auch bei Auslandsmissionen eingesetzt, unter anderem in Afghanistan, Chad, Ost-Timor, Irak, Liberia und Somalia. Öffentlich bekannt sind vor allem die letzten Einsätze bei der United Nations Multidimensional Integrated Stabilization Mission in Mali (MINUSMA). Die ARW stellte zudem den Spezialkräfte-Anteil für die von Deutschland geführten European Union Battlegroup (EUBG) 2020-2. Damals standen die Spezialkräfte auf Abruf in der Heimat bereit und knapp ein Dutzend waren für 12 Monate in den Stab der führenden Division Schnelle Kräfte (DSK) in Stadtallendorf integriert. Die EUBG 2025 wird erneut von der DSK gestellt und geführt. Auch dann sollen die irischen Spezialkräfte einen Anteil dazu beitragen.

Andre Forkert